Auenböden im Ahrtal bei Blankenheim

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Archäologie, Naturschutz
Gemeinde(n): Blankenheim (Nordrhein-Westfalen)
Kreis(e): Euskirchen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 24′ 44,42″ N: 6° 41′ 1,43″ O 50,41234°N: 6,68373°O
Koordinate UTM 32.335.432,20 m: 5.587.042,10 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.548.643,86 m: 5.586.497,48 m
Fluss- und Bachauen sind durch den Wechsel zwischen niedrigen und hohen Wasserständen geprägt. Klimatische Schwankungen und sich wandelnde Formen der Landnutzung beeinflussten über Jahrtausende die Entwicklung und Dynamik der Auenlandschaft im oberen Ahrtal. Die Auenböden fungieren als ein vielschichtiges Archiv, das die Spuren dieser Entwicklungen bewahrt und von Fachleuten gelesen und interpretiert werden kann.

Entstehung der Auen: von der Eiszeit- zur Flusslandschaft
Am Ende der letzten Eiszeit transportierten energiereiche Schmelzwasserabflüsse große Mengen Schotter, Kies und Feinsediment talwärts und bildeten breite Talfüllungen sowie breitenverzweigte oder verflochtene Gerinne. Nach der Eiszeit nahm die Strömungsenergie ab und die sich entwickelnde Vegetationsdecke stabilisierte die Hänge. Bei periodischen Überschwemmungen lagerte sich ein Gemisch aus Sand, Schluff und Ton in dünnen Schichten auf der Aue ab. Die Aue „wächst“ mit dem Flussbett – ein Prozess, der Sohle und Aue in einem langfristigen Gleichgewicht hält. Morphologische Merkmale wie Mäander, Nebenrinnen oder Längsbänke und Inseln sind typische Ausdrucksformen dieser Fluss-Dynamik. In Mittelgebirgsregionen mit steilerem Gefälle dominierten ursprünglich kiesdominierte, hochdynamische Flusssysteme mit schnellen Sohlveränderungen; breitere, feinmaterialreiche Auen entwickelten sich erst mit veränderten klimatischen und vom Menschen geprägten Rahmenbedingungen.

Bergbau und Verhüttung erforderten großflächige Waldrodung
Insbesondere Starkregenereignisse im Mittelalter führten zu verstärkter Bodenerosion an den Hängen der Eifel. Mit zunehmender Besiedlung, Landnutzung und Bergbauaktivität veränderte der Mensch das natürliche Gleichgewicht. Die Gewinnung von Ackerland und der hohe Holzbedarf des Bergbaus, der Erzverhüttung sowie der wachsenden Siedlungen führte zur Entwaldung und erhöhte die Erosionsanfälligkeit der Hänge. Regenereignisse spülten größere Mengen Feinmaterial in die Täler. In der nördlichen Eifel sind verstärkte Entwaldungsphasen und der damit verbundene Feinsedimenteintrag erstmals für die Zeit zwischen etwa 900 und 1400 nach Christus belegt. Dies führte zu wiederholten Überschwemmungen mit feinkörnigem Material (Feinsand, Silt, Ton) und schließlich zur Bildung einer feinkörnigen Talfüllung, dem Auelehm, über den gröberen Schottern.
Die teilweise extremen Starkregenereignisse im Mittelalter verstärkten diesen Effekt nochmals. Große Mengen hangabwärts transportierter Sedimente sammelten sich an Hangfüßen; die homogene Körnung und Gefügestruktur dieser Pakete (den Kolluvien) deutet auf schnelle Ablagerungen hin. Gleichzeitig wandelte sich in vielen Abschnitten der Flusscharakter: Aus ehemals sehr dynamischen, verzweigten Flüssen wurden mäandrierende Gerinne mit relativ stabilen Hauptgerinnen. Die Flussdynamik konzentrierte sich auf eine Tiefenlinie, Nebenarme traten nur noch vereinzelt auf.

Wasserbauliche Maßnahmen und Schwermetalleinträge
Mit der Industrialisierung und dem damit verbundenen Bevölkerungswachstum setzten weitreichende wasserbauliche Eingriffe ein. Flussbegradigungen, Uferbefestigungen, Mäanderdurchstiche und schließlich der Bau großer Talsperren veränderten die natürliche Sediment- und Abflussdynamik grundlegend. Talsperren wirken als Sedimentfallen und reduzieren den Eintrag feiner Ablagerungen in die flussabwärts gelegenen Auen.
Seit dem Beginn von Metallbergbau und Verhüttung werden Schadstoffe, insbesondere Schwermetalle, in die Flusssysteme eingetragen. Diese reichern sich in den Sedimenten an und verbleiben dort über lange Zeiträume; sie können sowohl ein ökologisches Problem werden als auch wertvolle Archivdaten darstellen. Anhand ihrer Verteilung lassen sich Phasen menschlicher Nutzung und natürliche Veränderungen in Erosions- und Sedimentationsraten rekonstruieren. Geoarchäologische und geochemische Methoden liefern nicht nur Erkenntnisse über historischen Bergbau und vergangene Landschaftsveränderungen, sondern helfen auch, geeignete Renaturierungsansätze zu entwickeln.

Aktuelle Landschaftsentwicklung
Die Phase des Bergbaus und der Montanindustrie endete in der Nordeifel um 1840. Mit der Wiederbewaldung nahm die Bodenerosion ab, sodass weniger Sediment in die Aue gelangte. Es wurden nur noch millimeterdünne, dunkle Schichten gebildet und die Flüsse tieften sich zunehmend in ihre eigenen Auensedimente ein. Die Folge ist ein wachsender Höhenunterschied zwischen Flusssohle und Aue. Dieses Missverhältnis zwischen dem aktuellen Abflussregime und der historischen Gestalt des Flussbetts erschwert die Renaturierung: Ein reiner „Zurück-zur-Natur“-Ansatz greift meist nicht, weil die heutige hydrologische und sedimentäre Situation fundamental anders ist als in den dynamischen Phasen ihrer Entstehung.

(LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, 2025)

Hinweise
Die Auenböden bei Reetz sind Teil des Naturschutzgebietes Obere Ahr mit Mülheimer Bach, Reetzer Bach und Mühlenbachsystem (NSG EU 095) und des Landschaftsschutzgebietes Wälder der Kalkeifel (LSG-5505-0009).
Die Auenböden bei Reetz sind Station der Archäologietour Nordeifel 2025.


Auenböden im Ahrtal bei Blankenheim

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Reetzer Mühle
Ort
53945 Blankenheim - Reetz
Fachsicht(en)
Archäologie, Naturschutz
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Archäologische Prospektion

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„Auenböden im Ahrtal bei Blankenheim”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-356591 (Abgerufen: 25. September 2025)
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