Nach der Übergabe der Rheinlande an Preußen wurde der Tourismus zu einer festen Größe für die wirtschaftliche Entwicklung der kleinen Stadt am Mittelrhein. Man sprach aber noch nicht von Tourismus, sondern noch vom Gast- und Beherbergungsgewerbe. Ergänzt wurde dies durch zwei Anstalten, die man dem Bereich des Gesundheitswesens zuordnen kann: 1838 war durch Dr. Schmitz im ehemaligen Kloster Marienberg eine Wasserheilanstalt eingezogen, welche die größte Steuersumme in der Stadt zu entrichten hatte. Prominente Gäste aus aller Welt gehörten zu den „Patienten“ der Heilanstalt, die sich zu einer Kur in Boppard einfanden und den Ruf der Stadt als Kurort weiter etablierten. Am geographisch anderen Ende der Stadt befand sich das 1841 eingerichtete Mühlbad, allerdings wesentlich bescheidener im Umfang. Zahlreiche Wirtschaften sorgten sich zudem um die Einheimischen und die Gäste: auf 65 Einwohner kam ungefähr eine Gaststätte.
Boppard entwickelte sich zu einer Hochburg des gehobenen Fremdenverkehrs am Mittelrhein, die lange Linie der Hotels an der Rheinfront entstand: das Hotel Ries, nach dem Umbau von 1969 unter dem Namen „Hotel Baudobriga“; das Hotel Bellevue, noch heute eine der besten Adressen am Mittelrhein; 1888 eröffnete Josef Breitbach den Hotelbetrieb. Direkt daneben lag das „Rheinhotel“. 1911 errichtete Breitbach dann einen mächtigen, fünfstöckigen Jugendstilbau. Zu den großen Hotels gehörte weiterhin das „Hotel Spiegel“, das 1896 nach beiden Seiten hin erweitert wurde. Der ursprüngliche Bau stammte aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Dem Hotel vorgelagert lag die Bastion des Kranes mit einem Geländer aus dem Jahr 1908, ein Platz, der bis heute für die Gastronomie genutzt wird. 1870 wurde das ehemalige „Hotel Lilie“ eröffnet, 1895 das „Hotel zum Hirsch“, mit einer beeindruckenden Fachwerkfassade. Nach langen Jahren der Agonie und des allmählichen Zerfalls ist es aus dem Bild der Rheinallee verschwunden. Einen wunderschönen Blick auf den Rhein genossen auch die Gäste des „Hotels Rebstock“, das unter dem Namen „Zur Fähre“ bis heute überlebt hat. Aus dem „Gasthaus Jaekel“ wurde das „Hotel Rheinlust“. Weiter rheinabwärts war mit einer prächtigen Rheinterrasse das „Hotel Ebertor“ ein beliebter Anlaufpunkt für die Gäste.
Die Rheinpromenade versprach für die Gäste Erholung, Ruhe, Entspannung, gutes Essen und Wein. Das angenehme Klima am Mittelrhein und vor allem der grandiose Blick auf den majestätisch dahinfließenden Fluss sorgten für ein besonderes Flair. Boppard hatte einen großen Vorteil im Bereich des Fremdenverkehrs: Es war den Stadtvätern gelungen, Bahn und Hauptstraße vom Rheinufer fernzuhalten, und keine Blechlawinen von Automobilen verschandelten die Rheinallee. Diese war in erster Linie ein Ort zum Flanieren, eben eine echte Promenade. Diese Promenade war die Attraktion für den Bopparder Tourismus. Sie wurde in Etappen errichtet, und die Bruchstücke zwischen den einzelnen Abschnitten sind für das geübte Auge bis heute sichtbar. Grob lassen sich drei Teile unterscheiden: der Kernbereich vor den großen Hotels, der sich von der Kurfürstlichen Burg bis zum Karmeliterplatz erstreckt; der Bereich vom Karmeliterplatz mit den prächtigen Rheinvillen im Gründerstil bis hin nach Niedersburg; und nicht zuletzt die Georg-Francke-Anlagen, errichtet als englischer Landschaftspark mit einem auch heute noch für den Spezialisten erkennbaren Willen zu einem Arboretum, das aber sichtlich vom Verfall heimgesucht worden ist und dem die Beachtung lange Zeit nicht geschenkt wurde, die es verdient hätte. Bevor die Promenade angelegt wurde, führte ein Leinpfad am Rhein entlang. Umfangreiche Aufschüttungen waren erforderlich, um überhaupt eine Promenade anlegen zu können. Ein Geländer als Absicherung zum Rhein entstand erst in späterer Zeit. Zudem gab es um die Jahrhundertwende vier Schwimmanstalten im Rhein. 1945 wurden sie von deutschen Truppen vernichtet. Drei Kernelemente charakterisieren die Promenade: ein befahrbarer Weg entlang der Hotel- und Häuserzeile, ein mittlerer Teil mit einer ehemals dichten Baumallee, die an einigen Stellen allerdings unterbrochen war und ist, und dann der Promenadenweg entlang des Rheinufers, der aber auch erst im Laufe der Zeit durchgängig angelegt wurde.
Die Entstehung der Rheinpromenade Die Entstehung der Rheinpromenade war im Wesentlichen das Verdienst des 1872 gegründeten Verkehrs- und Verschönerungsvereins, der bis heute eine wichtige Rolle in Boppard spielt. Benannt ist ein Teil der Anlagen daher auch nach dem langjährigen Vorsitzenden des VVV, dem Apotheker Georg Francke (1860-1926). Doch dies alles ging nicht ohne Kontroversen ab. Denn der Platz an der Eisbreche hatte für die Bopparder Bürger eine Tradition, die sie nicht zugunsten einer Rheinpromenade aufgeben wollten. Diese Eisbreche war eine hohe Mauer, die schräg zur Stromlinie des Rheins stand. Sie hatte die Aufgabe, dass abfließendes Eis und Wasser gegen diese Mauer prallten, zurück in den Fluss geleitet wurden und die Stadt vor den gefürchteten Überflutungen bewahrte. Nach der erfolgten Flussregulierung brauchte man diese Mauer aber nicht mehr. Aber an dieser Eisbreche befanden sich noch seit Jahrhunderten eine öffentliche Bleiche für die Wäsche, die im Rhein gewaschen wurde; und ein Platz für die Zimmerleute, wo sie ihre Gerüste für die Fachwerke aufgeschlagen hatten. Genau diesen Platz wollte der VVV nun begrünen! Der Streit war vorprogrammiert und konnte nur allmählich entschärft werden. In den lesenswerten Protokollen des VVV ist daher immer wieder von diesem Konflikt die Rede. Am Ende wurde ein englischer Landschaftspark geschaffen, der auch nach den großen Zerstörungen durch die beiden Weltkriege in mühevoller Arbeit durch den Verein und die Stadt wiederhergestellt werden konnte.
Der in den Jahren seit 2020 angelegte Mehrgenerationenpark schafft einen scharfen Schnitt zu den Georg-Francke-Anlagen und hat das Bild der Rheinpromenade in diesem Abschnitt bis hin zum Kant-Gymnasium verändert. Damit wird deutlich, dass sich die Gestalt der Rheinanlagen im Laufe der Jahrzehnte immer wieder verändert hat, ein Prozess, der sich auch durch die nun geplante Neugestaltung der Rheinpromenade im Vorfeld der BUGA 2029 wiederholen wird.
(Geschichtsverein für Mittelrhein und Vorderhunsrück, Boppard, 2025)
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Empfohlene Zitierweise
Geschichtsverein für Mittelrhein und Vorderhunsrück: „Rheinpromenade in Boppard”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-356442 (Abgerufen: 29. Juni 2025)
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