Die Kernstadt war umgeben von einer imposanten Stadtmauer, die mehrfach erweitert wurde, und von den zahlreichen Toren, die den Zugang zur Stadt ermöglichten.
Die Stadt wurde architektonisch dominiert von den christlichen Bauten, aber hinzu kamen die imposanten Besitztümer der adeligen Familien und die Gebäude für die Abwicklung des Handels, der nicht zuletzt über den Rhein erfolgte.
Manche Klöster verfügten über Niederlassungen und Häuser innerhalb der Stadtmauern, die sich teilweise bis heute erhalten haben. Gleichzeitig erhielten auswärtige Klöster Eigentum in Boppard und errichteten dort ihre Häuser.
Was machte eine mittelalterliche Stadt wie Boppard aus?
Zunächst konnte das Stadtrecht nur vom König/Kaiser oder der Landesherrschaft verliehen werden. Gerade die Staufer stützten sich Anfang des 13. Jahrhunderts sehr auf die Städte und statteten sie mit Privilegien aus oder schufen neue Städte. So erfuhr auch Boppard durch die Staufer eine große Förderung.
Erstmals taucht 1216 ein Stadtsiegel auf, das auf ein aufkeimendes Selbstbewusstsein der Stadtbevölkerung schließen lässt. Auf ihm ist eine Stadtmauer, eine Kirche (St. Severus) und ein Adler zu sehen. Umschrift: Boppard Stadt des römischen Reiches.
Noch berühmter ist das Stadtsiegel von 1236 mit der Umschrift: Boppard, freie und besondere Stadt des Römischen Reiches, wodurch die Nähe der Stadt zum Reich ausdrücklich betont wurde.
Innerhalb der Mauern galt das Stadtrecht, und Stadtluft machte gemäß einem oftmals zitierten Leitmotiv frei. Das hieß jedoch nicht, dass nur freie Menschen in der mittelalterlichen Stadt wohnten. Vielmehr gab es innerhalb dieser Mauern ein komplexes soziales Gefüge.
Im Gegensatz zu den meisten Städten war Boppard, wie bereits erwähnt, reichsunmittelbar, unterstand somit direkt dem König/Kaiser. Bis ins 13. Jahrhundert war diese Herrschaft unumstritten. Der König/Kaiser herrschte in der Stadt durch seine Beamten, an deren Spitze die Schultheißen standen. Diese hatten die Verwaltung der Stadt inne und übten auch die Gerichtsbarkeit aus. Sie forderten die Steuern ein und sorgten umgekehrt für die innere und äußere Sicherheit der Stadt.
In der Stadt waren es die mächtigen Ritterfamilien des Adels, welche die Führung innehatten. Sie stellten auch in der Regel den Schultheißen, der mitunter über lange Jahre aus einer einzigen Familie abstammte (wie die Beyer von Boppard, eines der einflussreichsten Adelsgeschlechter in Boppard, mit Besitzungen in der Stadt und in anderen Regionen des Reiches).
Mit der immer größeren Einbindung der Schultheißen in die städtische Verwaltung wurden weitere königliche Beamte bestellt (Notare oder Prokuratoren), die sich vor allem um die Rechtsangelegenheiten des Reiches kümmerten. Eine bekannte Gestalt in dieser Funktion war Philip von Hohenfels.
Beisitzer beim vom Prokurator geleiteten Reichsgericht waren die Schöffen, die ab der Mitte des 13. Jahrhunderts zunehmend als Funktionsträger der Stadt wahrgenommen wurden. Sie dürften anfangs ausschließlich aus dem Kreis der Reichsministerialen gekommen sein. Ab ca. 1238 werden sie als Ritter (milites) oder Herren (domini) bezeichnet, im Unterschied und Abgrenzung zu den Vertretern der städtischen Oberschicht, die nunmehr auch Schöffen sein konnten.
Beide Gruppen, Ministerialen und städtische Oberschicht, bildeten jetzt den Rat der Stadt. Dieser Bestand aus 2/3 aus Ministerialen und 1/3 aus Bürgern. Die Pflichten beider Gruppen wurden erstmal in einer Rats- und Gerichtsordnung von 1291 fixiert.
Die Bürger waren ihrem Herrscher Huldigung, Kriegsdienst, Steuern und Abgaben schuldig. Dafür hatten sie keinem anderen Herrn zu gehorchen, das war der Vorteil einer Reichstadt.
Den nichtadeligen Bürgern gelang es erst nach Jahrzehnten, in führende Positionen aufzusteigen.
Daneben gab es die Schicht der freien Bürger, die als Händler oder Handwerker ihr Brot verdienten, und eine große Zahl von Hörigen, die auch die Ländereien in und um die Stadt bewirtschafteten.
Neben der Stadtmauer prägten der Markplatz und die beiden Hauptachsen des römischen Kastells die Stadt: die heutige Ober- bzw. Heerstraße ist noch ein Relikt dieser Zeit. Innerhalb der Kastellmauern, die noch weitestgehend erhalten waren, war die Bebauung sehr eng.
Die mittelalterliche Stadtbefestigung ging zunächst auf das spätantike Kastell aus der Mitte des 4. Jahrhunderts zurück. Sie wurde im 13. Jahrhundert erweitert, um neue Siedlungsgebiete zu schützen. 1327 ließ der neue Stadt- und Landesherr, Erzbischof Balduin von Trier, zunächst die am Rhein gelegene Kurfürstliche Burg ausbauen, um in der Folgezeit auch die Niederstadt im Westen in die Stadtmauer einzubeziehen. Seit dieser Zeit bildete der Säuerlingsturm die starke landseitige Eckbefestigung. Dieser steht heute neben dem Bahnhof, wurde aber im 19. Jahrhundert beim Bau der Eisenbahn von seiner ursprünglichen Stelle versetzt.
Da die Stadt vom Handel auf dem Rhein lebte, gab es zum Rhein hin gleich mehrere Stadttore, was eigentlich eher ungewöhnlich ist. Heute noch gut sichtbar sind z.B. das Kronentor und das Lilientor.
(Geschichtsverein für Mittelrhein und Vorderhunsrück, Boppard, 2025)