Ökologischer Wert und nötige Pflege
Oft werden Obstwiesen als eine „Ausgleichsmaßnahme“ für einen an anderer Stelle statt findenden negativen Eingriff in Natur und Landschaft angelegt. Auch als „Ökokonto“ dienen sie, denn mit ihnen lassen sich „Wertpunkte“ generieren, die zum Ausgleich von Eingriffen wie zum Beispiel Baumaßnahmen herangezogen werden können. Bis solche Neuanlagen den ökologischen Wert der verlorenen Altbestände erreichen, vergehen jedoch viele Jahre. Die Artenvielfalt der alten Obstwiesen ist durch eine über Jahrhunderte betriebene Nutzung entstanden. Hierzu gehört das Mähen oder eine Beweidung, sowie ein regelmäßiger, fachgerechter Gehölzschnitt. Es ist das „Gewusst wie“, das die Artenvielfalt ausmacht. Ein hoher, wüchsiger Grasbestand verhindert, dass zum Beispiel der Steinkauz die am Boden lebenden Mäuse oder die im Oberboden wirkenden Würmer und andere Wirbellose erreicht. Wiesen müssen annähernd so gepflegt werden, wie es früher, zur „Blütezeit“ der Obstwiesen, gemacht wurde: dichte Grasbestände wurden zweimal, sehr magere Bestände nur ein mal im Jahr gemäht - um Heu zu gewinnen, nicht aber, um das Gras liegenzulassen. Tiere wurden meist nur in Hütehaltung unter die Bäume getrieben. Eine kurze, scharfe Beweidung mit langen Erholungsphasen förderte die Vielfalt von Blütenpflanzen, die für Weiden typisch sind.
Arten auf der Fläche, Maßnahmen und Pflege
Der Reichtum an Pflanzenarten in der Wiese ist umso größer, je nährstoffärmer der Oberboden ist. Der Boden am Jägersfeld wurde mit einer Wildblumenmischung angesät, die vielen Insekten Nahrung und Brutmöglichkeiten bietet. So lassen sich Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare), Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) und Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa) mit ihren für unsere Wiesen so „erwarteten“ Blüten finden.
Neben ihnen treten auch die zahlreichen anpassungsfähigen und vielen Widrigkeiten trotzenden Arten wie Gewöhnliche Möhre (Daucus carota), Kleinköpfiger Pippau (Crepis biennis) und Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata) auf. Diese Arten findet man oft an Wegrändern, an Straßeneinfahrten und Banketten, vor allem an Standorten mit viel Licht, die sich schnell erwärmen. Bestandteil der Wiesen-Einsaat sind darüber hinaus Gräser und Leguminosen. So findet sich hier als ein Gras der eher mageren Standorte den Rot-Schwingel (Festuca rubra), welcher weniger Blattmasse ausbildet als z.B. Rasen- oder Futtergräser der intensiven Wirtschaftswiesen. Über den Weiß-Klee (Trifolium repens), der zahlreich vertreten ist, hinaus, gibt es mit Hopfenklee (Medicago lupulina) und Behaarter Wicke (Vicia hirsuta) zwei weitere Leguminosen, also Schmetterlingsblütler, die nicht unbedingt Bestandteil der Wiesenmischung waren. Auch sind Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium), Wolliges Honiggras (Holcus lanatus) und das Echte Labkraut (Galium verum) eventuell aus einem schon vormalig vorhandenen Artbestand aufgekommen.
Die Zusammensetzung von Gräsern und Kräutern ist noch sehr nah am Ausgangszustand nach der Einsaat und wird sich im Laufe der nächsten Jahre ändern.
Voraussetzung für einen Erhalt und eine weitere Förderung der Arten ist, dass die Wiese gemäht und das Mahdgut abgeräumt wird – nur so werden sich die typischen Wiesenblumen dauerhaft etablieren.
Die noch jungen Obstbäume sind zur Blüte- und Fruchtzeit schon jetzt für viele Tiere als Nahrungsquelle interessant, ihre volle ökologische Funktion werden sie jedoch erst erreichen, wenn sie als kräftige Bäume natürliche Höhlen ausgebildet haben. Dann freut sich der Steinkauz.
(Martina Erzner und Dieter Schneider, Biologische Station Kreis Wesel und Krefeld e.V., 2025. Erstellt im Zuge des Projektes „Kulturhistorische Offenlandbiotope“. Ein Projekt im Rahmen des LVR Netzwerks Kulturlandschaft.)