Geschichte
Die Französische Revolution und die Ereignisse der Folgejahre hatten enorme Auswirkungen auf unser Gebiet. Mutterstadt wurde Kantonshauptstadt und am 23. Januar 1798 trat die neue Verwaltungs- und Gerichtsordnung des linken Rheinlandes in Kraft. Das Friedensgericht tagte seit seiner Einrichtung im Rathause zu Mutterstadt. Das Kantonsgefängnis war von 1798 bis 1823 im Turm des Speyerer Tors zu Oggersheim untergebracht. Als dieser aber 1823 wegen Baufälligkeit abgerissen werden musste, entschlossen sich die Kantonsgemeinden zum Bau eines eigenen Arresthauses am Sitze des Friedensgerichtes. An der Hessengasse, heutigen Jahnstraße, kaufte der Kanton 6,40 a Land. 1824 kam der Bau zustande und wurde 1825 seinem Zwecke übergeben. Bei der Umlegung der Kosten auf die Gemeinden des Kantons musste Mutterstadt zum Bauplatz 42 fl 43 kr und zum Bau selbst 917 fl 40 kr, im Ganzen 960 fl 23 kr, beisteuern. Nach der Verlegung des Friedensgerichts nach Ludwigshafen hatte der Kanton für das 1824/25 in Mutterstadt errichtete Kantonsgefängnis, das sogenannte Arresthaus, keine Verwendung mehr. Da erwarb es die Gemeinde Mutterstadt laut Akte vom 18. Mai 1863 um 1500 fl. Einige Zellen dienten weiterhin zur Verwahrung Inhaftierter. Größere Räume wurden Schulsäle für die Judenschule, die Höhere Fortbildungsschule und zeitweise auch für eine protestantische Volksschulklasse. Im Jahre 1914 baute man den großen Saal zu Wohnungszwecken um. Die jüdische Schule war ursprünglich 'in dem Eckhaus Rheingönheimer / Obere Kirchenstraße neben dem katholischen Schulhaus untergebracht, zog dann in den 1870er Jahren in das Arresthaus in der Jahnstraße um; dort verblieb sie bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1925. Im Jahr 1933 wurde das Arresthaus renoviert.
Das Arresthaus der Gemeinde an der Jahnstraße wurde im Winter 1937/38 umgebaut und dem Roten Kreuz zur Verfügung gestellt. Im Erdgeschoß wurden ein Operations- und ein Arztzimmer eingerichtet, im Obergeschoß eine Sanitäter Dienstwohnung und ein Unterrichtssaal für Veranstaltungen des Roten Kreuzes und des zivilen Luftschutzes. In den Jahren 1945-1966 beherbergte dieses die örtliche Polizei, zeitweise auch einen Gendarmerieposten, ferner seit 1947 die Gemeindeverwaltung.
Gegenwart
Die Jahnstraße heißt im Volksmund der alten Mutterstadter bis heute Arrest(e)gässel (Hinweis von Gunther Holzwarth). Heute befindet sich die Seniorentagesstätte des Senioren-Treffs in der Jahnstraße 4. Auch Seniorenkurse der VHS werden hier seit 2009 abgehalten.
Kulturdenkmal
Das Arresthaus in der Jahnstraße 4 in Mutterstadt wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Rhein-Pfalz-Kreis geführt (2024). Der Eintrag lautet:
„Jahnstraße 4
ehem. Kantonsgefängnis, klassizistischer Walmdachbau, 1824, Arch. evtl. Bernhard Spatz, Speyer“.
(Robert Liebhart, Historischer Verein der Pfalz e.V. Ortsgruppe Mutterstadt, 2024)