Was verrät uns der Grabstein?
Was lässt sich sonst über August Seither sagen?
Voraussetzungen für ein Aufenthalt in Indien
Austritt aus dem Jesuitenorden
Fürsorge für zwei Halbwaisenkinder
Verfolgung durch die Nationalsozialisten
Wie erging es den Halbwaisenkindern?
Lebensabend und Tod
Was verrät uns der Grabstein?
Die Gravuren im oberen Teil des Grabkreuzes lassen erkennen, dass Seither zu Lebzeiten Priester war. Der Kelch mit der geweihten Hostie zwischen Ähren und Trauben, darunter das Evangelienbuch mit der priesterlichen Stola sind die Symbole der wichtigsten priesterlichen Handlungen, die vor allem in der Heiligen Eucharistie Ausdruck finden.
Was lässt sich sonst über August Seither sagen?
August Seither entstammte einer alteingesessenen Herxheimer Familie. Am 4. Januar 1868 erblickte er als jüngstes von fünf Kindern der Bauersleute Wilhelm Seither und Barbara Mittenbühler in Herxheim das Licht der Welt.
In jungen Jahren verließ August Seither Herxheim und besuchte als Konviktsschüler das Gymnasium in Speyer. Dort legte er 1887 das Abitur ab. Sein Theologiestudium begann August Seither in Innsbruck. Es zog ihn zu den Jesuiten, obwohl der Orden in der Schusslinie der Reichsregierung stand und durch die Kulturkampfgesetze Bismarcks seit 1872 verboten war. 1888 trat er in die Erziehungsanstalt der deutschen Jesuiten ins Noviziat der Gesellschaft Jesu zu Blyenbeck (Holland) ein.
Rund zehn Jahre dauerte sein Theologiestudium an vier verschiedenen Orten Hollands, Österreichs und Englands. Am 28. August 1897 wurde er im Jesuitenkloster Valdenburg/Holland zum Priester geweiht.
Voraussetzungen für ein Aufenthalt in Indien
Bevor Pater Seither als Missionar nach Indien gehen durfte, wurde ihm von seinem künftigen Oberen, Erzbischof Theodor Dalhoff (Bombay), eine Studienverpflichtung auferlegt. Er musste drei Jahre englische Literatur in Oxford studieren, um dadurch einmal „ein guter Engländer“ zu werden. Denn nur so könne er in Bombay einen guten Dienst leisten. Er gehorchte seinem Ordensoberen und studierte die englische und italienische Sprache und Literatur. Gleichzeitig setzte er seine Studien der Philosophie an den Universitäten Oxford und Edinbourgh fort. In Oxford erwarb Pater Seither den Doktortitel in englischer Literatur. Missionarisch als Seelsorger zu wirken, sah er als seine hohe Berufung an, die er allerdings im Bombay nicht erfüllen konnte. Die geringe seelsorgerische Tätigkeit in Indien konnte ihn nicht befriedigen.
Austritt aus dem Jesuitenorden
Aus „durchaus ehrbaren Gründen“, wie es in einem kirchlichen Dokument heißt, trat August Seither Ende 1910 aus dem Jesuitenorden aus. Als Deutscher hatte er es in Indien offenbar schwer. Das antideutsche auch antipäpstliche Meinungsklima in Indien gefiel auf Dauer nicht. Mit dem englischen Herrschaftsgebaren konnte er sich nicht anfreunden. Pater August Seither wurde weltlicher Priester und kehrte zum Jahresbeginn 1911 in die deutsche Heimat zurück, wirkte als Kurator sechs Jahre lang in der Erzdiözese Bamberg und wechselte in seine Heimatsdiözese Speyer. Hier wirkte er drei Jahre lang als Pfarrer in Annweiler und übernahm 1920 die Pfarrei Rockenhausen in der nordpfälzischen Diaspora.
Fürsorge für zwei Halbwaisenkinder
1923 nahm Pfarrer Seither die zwei Halbwaisenkinder Johnny und Sheila Gorman einer irisch-stämmigen englischen Offiziersfamilie, die er während seines Indienaufenthaltes kennenlernte, in sein Pfarrhaus auf. Der Vater der Kinder war auf der Heimreise der Familie von Indien nach England in Deutschland tödlich verunglückt. Während die Witwe mit ihrer ältesten Tochter nach England zurückkehrte, verblieben die beiden jüngeren Geschwister, die noch nicht schulpflichtig waren, bei Pfarrer Seither. Im Pfarrhaus wuchsen sie in familiärer Fürsorglichkeit und Geborgenheit auf.
Verfolgung durch die Nationalsozialisten
Von Verfolgung und schwerer Prüfung blieb Pfarrer Seither nicht verschont. Rockenhausen war eine Hochburg der NSDAP. Nach der NS-Machtübernahme kam es 1933 zu Übergriffen und zu gewaltsamen Unrechtstaten gegen katholische Geistliche. Zu einem der ersten Opfer wurde Pfarrer Seither. Das Pfarrhaus wurde am 19. Juni 1933 Zielscheibe des Naziterrors. Ein Jahr später kam es erneut zu einem von der SA angeführten Komplott gegen den verhassten Pfarrer.
Krankheitshalber trat Pfarrer Seither nach 36 Dienstjahren in den Ruhestand, den er im St. Paulusstift Herxheim zubrachte.
Wie erging es den Halbwaisenkindern?
In seinem Pfarrhaushalt in Herxheim, lebten seine irisch-stämmigen „Adoptivkinder“ Sheila und Johnny Gorman. Die Verschärfung der politischen Lage in Nazideutschland mit drohender Kriegsgefahr bereitete Pfarrer Seither Sorgen. Er fürchtete um seine Ziehkinder, die englische Staatsangehörige waren. Sheila war während des Krieges freiwillig DRK-Schwesternhelferin und heiratete 1942 den Herxheimer Kaufmann Fritz Müller. Sie war eine echte, kontaktfreudige Herxheimerin geworden, als stets froh gelaunte, humorvolle Frau bekannt. Ihr Bruder Johnny verließ aus Angst vor Internierung vor Kriegsausbruch seinen Ziehvater in Herxheim und setzte sich nach England ab. Er wurde Pilot der Royal Airforce und fand bei einem Flugzeugabsturz 1944 in Nordfrankreich den Tod.
Lebensabend und Tod
Noch einmal musste Pfarrer Seither, mittlerweile 77-jährig, das Pfarrhaus gegen Ende des Krieges verlassen; diesmal unter anderen Umständen. Auf Anordnung der französischen Militär-Besatzungsmacht musste das Paulusstift von Pfleglingen und Ordensschwestern geräumt werden. Auch das gesamte Pfarrhauspersonal hatte das Haus zu verlassen.
Pfarrer Seither verstarb nach monatelanger Krankheit am 23. April 1947. Bei seiner Beisetzung auf dem Ortsfriedhof Herxheim gaben eine große Anzahl seiner geistlichen Mitbrüder und außergewöhnlich viele Gläubige dem Verstorbenen das letzte Geleit. Seinem Wunsch entsprechend wurde Pfarrer August Seither in der Grabstätte seiner Mutter beigesetzt.
(Zusammengestellt von Klaus Eichenlaub, Herxheimer Heimatverein e.V., nach einer Veröffentlichung von Hermann Rieder, 2024)