Bau und Baubeschreibung
Erbauer der Villa Böhm war der Neustadter Bankier Adolf Dacqué (1854-1894). Er beauftragte den Architekten Ludwig Levy (1854-1907) aus Landau in der Pfalz mit dem Bau der repräsentativen Villa in den Weinbergen am nördlichen Stadtrand am Fuße der Haardt zwischen der heutigen Villenstraße und der damaligen Prachtmeile Maximilianstraße. Die Baukosten beliefen sich auf 450.000 Mark, was in etwa dem Haushaltsvolumen der Stadt Neustadt entsprach. Zum Vergleich: Die wenig später errichtete Oberrealschule, das heutige Leibniz-Gymnasium, kostete 333.000 Mark.
Das äußere Erscheinungsbild der Villa, die anfangs nach ihrem Erbauer Villa Dacqué genannt wurde, orientiert sich an der italienischen Renaissance. Über den zwei Geschossen der Villa erhebt sich ein flaches Schieferdach. Vier Eckrisalite und ein Belvedereturm sowie eine Veranda, eine Pergola und ein Standerker runden den Bau ab. Neben dem Foyer und dem Treppenhaus gab es ein Herrenzimmer, ein Raucherzimmer, einen Salon, einen Empfangssalon, ein Speisezimmer, ein Frühstückszimmer, ein Blumenhaus oder einen Wintergarten und eine Küche. Hinzu kamen die Gemächer und Zimmer für das Personal.
Der Renaissance-Stil setzt sich im Innern fort. Hallen und Decken im Empfangssalon schmücken großflächige Malereien. In Salon und Speisezimmer herrscht das Neorokoko vor.
Besitzerwechsel und Geschichte
Um 1900 kommt die Neustadter Weinhändlerfamilie Hoch in den Besitz der Villa. Eine Tochter heiratet im Jahr 1907 den Wachenheimer Weinhändler Georg Böhm, nach dem die Villa bis heute benannt ist. Im Jahr 1935 kauft die Stadt Neustadt die Villa Böhm und vermietet sie an die pfälzische NSDAP. Der nationalsozialistische Gauleiter von Saarpfalz Josef Bürckel nutzt die Villa als Amtssitz. Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) ziehen das Besatzungskostenamt und ab 1956 das Lastenausgleichsamt ein.
Als im Jahr 1970 das Ausgleichsamt die Villa verlässt, nutzt sie die Stadt für kulturelle Zwecke. Im Keller hält die Neustadter Schauspielgruppe Einzug, die auf der Bühne im Park Freilichttheateraufführungen gibt. Im Erdgeschoss zieht das Heimatmuseum ein, dessen ursprüngliches Gebäude für den Bau des Klemmhofs im Zuge der Altstadtsanierung abgerissen wurde. Nach Schließung während der Sanierung der Villa Böhm eröffnete das Museum der Stadt Neustadt an der Weinstraße. Das Konzept des Stadtmuseums wird derzeit überarbeitet. Im ersten Obergeschoss findet zunächst die Stadtbücherei ihre Räumlichkeiten, die dann aber in den Klemmhof wechselt. An ihrer Stelle zieht ab 1977 der Kunstverein ein und nutzt das Stockwerk für Ausstellungen und Veranstaltungen.
Sanierung
Im Jahr 1995 wurde ein Gutachten zur Sanierung der Villa Böhm erstellt. Die Arbeiten begannen ein Jahr später. Die vom Land Rheinland-Pfalz unterstützte Generalsanierung kostete rund drei Millionen Deutsche Mark und dauerte bis 2003. Dabei wurde das Gebäude behutsam saniert. Die repräsentativen Erdgeschossräume wurden wieder hergestellt und der Park rekonstruiert und bepflanzt.
Garten und Park
Der Park um die Villa Böhm erstreckt sich zwischen Villastraße und Maximilianstraße. Die historische Wegeführung mit zwei geschwungenen Hauptwegen ist weitgehend erhalten.
Der Garten besitzt einen altehrwürdigen Baumbestand aus seiner Entstehungszeit Ende des 19. Jahrhunderts. Zu den Baumarten gehören Schnurbäume, Mammutbaum, Atlaszeder, Gleditschie oder auch Ginkos. Exotische Bäume standen damals für einen besonderen Geschmack und Wohlstand. Garten und Villa befinden sich wie zur damaligen Zeit üblich im Einklang.
Der Eingangsbereich von der Maximilianstraße aus ist mit einem prachtvollen, schmiedeeisernen Tor aus dem Späthistorismus gestaltet, entworfen von Ludwig Levy. 1890 wurde dort ein Belvedere erbaut, eine Art Terrasse, die einen schönen Ausblick über den Garten bietet. Ein Brunnen und eine Fontäne vor der Terrasse sind nicht mehr vorhanden. Auch verkleinerten Grundstücksverkäufe Mitte des 20. Jahrhunderts den Garten im nördlichen Bereich. Sowohl der Küchengarten als auch ein kleines Rondell am westlichen Rand verschwanden.
Die Neustadter Schauspielgruppe veranstaltet im Park vor der Villa Freilichtaufführungen im Sommer.
Kulturdenkmal
Zur Villa Böhm findet sich ein Eintrag im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler der Stadt Neustadt an der Weinstraße (Stand Dezember 2023). Der Eintrag lautet:
„Maximilianstraße 25 Villa Böhm, repräsentativer späthistoristischer Sandsteinquaderbau mit Belvedereturm, Veranda, Pergola, Standerker, ab 1886, Arch. L. Levy, Karlsruhe, Baudekor F. Binz, Karlsruhe; Ausstattung; in der Parkanlage Spolien, gotische Grabplatte, römischer Sarkophag“
(Christine Brehm, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Neustadt an der Weinstraße, 2024, mit Unterstützung des Stadtarchivs der Stadt Neustadt an der Weinstraße)
Internet
stadtmuseum-neustadt.de (abgerufen am 11.09.2024)
neustadter-schauspielgruppe.de (abgerufen am 11.09.2024)
kunstverein-nw.de (abgerufen am 11.09.2024)