Am 25. Oktober 1784 erhielt der Grubensteiger Franz Zentz von Franz von Kerpen eine Schankgenehmigung. Diese besagt, dass Zentz, im Hauptberuf Betriebsführer der Grube Illingen, die Erlaubnis erhielt, Bier, Branntwein und Tabak gratis (= steuerfrei), Wein um die Hälfte der üblichen Steuer zu verkaufen. Die Genehmigung der Herren von Kerpen war mit folgenden Auflagen verbunden: Es durfte nur an Fuhrleute verkauft werden, die bei der Grube ihre Fahrzeuge mit Kohlen beluden, also Kunden der Grube waren. Einheimische Wirte durften durch den Ausschank nicht geschädigt werden; schließlich hatte der herrschaftliche Jäger den Verkauf zu kontrollieren und die umgesetzten Waren dem Amt in Illingen zu melden. Und der Steiger hatte dem Amt den Umsatz anzuzeigen und die schuldige Weinsteuer dort zu entrichten.
In geschäftlicher und auch in anderer Hinsicht war Zentz recht erfolgreich: Mit zwei Ehefrauen hatte er zahlreiche Kinder - zuletzt wurde er im Jahre 1812, im Alter vom 53 Jahren, noch einmal Vater. Zentz starb 1820. Das Geschäft übernahmen seine Kinder und Kindeskinder - der Ausschank blieb in der Familie.
1910 baute Peter Zentz das Steigershaus nahe der heutigen Stelle, das allerdings nach wenigen Jahren abbrannte. Zentz gab jedoch nicht auf und baute das heutige Gebäude Mitte der 1920er Jahre. Es gab hier nun - Zeichen der Zeit und begünstigt durch den recht abgeschiedenen Standort weitab von Polizei und Pfarrhaus - viele Konzerte im Steigershaus und im Garten. Das endete mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 und der Rückgliederung des Saarlandes in das Deutsche Reich 1935. Der streitfreudige Wirt ließ am 1. Mai 1935 am Gasthaus eine bereits verbotene Maidemonstration starten. Zahlreiche Demonstranten wurden verhaftet und landeten in Gestapo-Haft - auch der Wirt, der in das KZ Sachsenhausen deportiert wurde.
Wiederum übernahmen Brüder und Kinder das Steigershaus und führen es bis heute.
An der Frontseite des Gebäudes sind zwei Wappen angebracht: links das Wappen der Gemeinde Merchweiler, rechts das Wappen der Stadt Friedrichsthal. An der Giebelseite schmücken zwei Reliefs mit Hinweisen auf die Wirtschaftsgeschichte der Region das Haus: ein Relief mit dem Bergbaumotiv, das andere mit dem Stahlgießermotiv.
(Karl Peter Wiemer, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2024)
Internet
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- www.heimatmuseum-wemmetsweiler.de: Schul- und Ortschronik Wemmetsweiler (abgerufen 22.10.2024)
- www.facebook.com: Patrick Weydmann: Das Alt Steigershaus - das älteste Gasthaus der Region - seit 236 Jahren Gaststätte und Treffpunkt für Menschen der Umlandgemeinden (abgerufen 22.10.2024)