Die Anfänge der Synagoge in Weisenheim am Berg gehen zurück auf die Zeit um 1832/33. Heute dient das Gebäude als Kulturzentrum.
Jüdische Gemeinde Dauerhaft ansässig waren Juden in Weisenheim am Berg wohl erst im 18. Jahrhundert. Sechs bis acht Familien waren es, die um 1750 Schutzgeld an den Landesherrn zahlten. In den ersten drei Vierteln des 19. Jahrhunderts schwankte die Zahl der jüdischen Einwohner Weisenheims zwischen 31 und 42, wobei die höchste Zahl im Jahr 1848 erreicht wurde. Die 42 Personen verteilten sich auf elf Familien. Im Jahr 1880 waren es noch fünf jüdische Familien. Zum Ende des Jahrhunderts ging die Zahl deutlich zurück. Im Jahr 1900 wurden dann noch elf Juden gezählt. So löste sich denn auch zum 1. Januar 1909 die israelitische Gemeinde auf. Die noch in Weisenheim ansässigen Juden schlossen sich der Kultusgemeinde in Kirchheim an. Der fiel auch das gemeindliche Eigentum zu, ebenso der Erlös aus dem Verkauf des Synagogengebäudes. Im Jahr 1935, zwei Jahre nach der Machtergreifung durch die Nazis, lebten noch sieben Juden in Weisenheim am Berg. Die beiden letzten noch ansässigen Jüdinnen wurden im Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Eine Judenschule ist für das Jahr 1788 nachgewiesen. Sie befand sich in einem Privathaus an der Stelle des heutigen Anwesens Hauptstraße 44. Beerdigt wurden die Weisenheimer Juden in Hettenleidelheim.
Synagoge Die Anfänge der Synagoge in Weisenheim am Berg gehen zurück auf die Zeit um 1832/33. Damals ließ die Kultusgemeinde an einer kleinen, platzartigen Erweiterung einer Sackgasse am Ortsrand ein Bethaus errichten. Dort wurden Gottesdienste anscheinend jedoch nur unregelmäßig gefeiert. Nach jüdischer Tradition findet ein öffentlicher Gottesdienst nur bei einer Mindestbeteiligung von zehn erwachsenen Männern statt. Dieses Mindestquorum heißt hebräisch Minján (Zahl) und wurde von verschiedenen Bibelstellen abgeleitet, wonach nur zehn erwachsene Männer als Gemeinde bezeichnet werden. Obwohl zur Weisenheimer Kultusgemeinde auch Bobenheim und Leistadt gehörten, war man auf zwei Männer aus Altleiningen und Kirchheim als bezahlte Aushilfen bei den Gottesdiensten angewiesen, um dieses Quorum zu erreichen. Bei der Synagoge handelt es sich um einen schlichten Putzbau (9,50 x 6,80 m) mit Krüppelwalmdach und Biberschwanzdeckung (Bild 1). Ursprünglich war es ein freistehender, traufseitig erschlossener Baukörper, der sich über einem rechteckigen Grundriss erhebt. Die Fassade an Nord-, Ost- und Südseite ist nach spätbarocker Tradition durch einfache, sandsteingerahmte Rundbogenfenster gegliedert (Bild 2). Auch das Portal ist rundbogig (Bild 3). Es ist in hebräischer Schrift überschrieben mit der Jahreszahl und dem Auszug aus Psalm 118 (Vers 20), der da lautet: DAS IST DAS TOR DES HERRN; DIE GERECHTEN WERDEN DORT EINZIEHEN (Bild 4). Den etwa 38 qm großen Betsaal schließt über niedriger, blau gefasster Hohlkehle eine Flachdecke aus Gips auf Strohgebinde ab. In der Nordwestecke führt eine Treppe auf die Frauenempore (Bild 6). Dort sind heute sechs bei der Restaurierung auf dem Dachboden gefundene Torawimpel und Handschriften ausgestellt (Bild 8). An Nord- und Südwand verläuft in 130 cm Höhe ein Sandsteingesims zum Abstellen von Kerzen. In der Ostwand ist zwischen den Fenstern die 145 cm hohe, 115 cm breite und 31 cm tiefe Toranische eingelassen (Bild 5). Ein ursprünglich blauer, weiß übertünchter Steinarchitrav ist teilweise erhalten, außerdem Teile der Stufen des ehemaligen Aufbaus. In der Literatur wird das Gebäude als charakteristischer Synagogenbau einer kleinen Landgemeinde beschrieben. In ihrer barocken Tradition sei es einer der bedeutenden erhaltenen Synagogenbauten in der Pfalz.
Niedergang und Restaurierung Als die jüdische Kultusgemeinde Weisenheim am Berg zum 1. Januar 1909 aufgelöst worden war, wurde die Synagoge versteigert. Der Erwerber, ein Schreinermeister, gebrauchte das Gebäude als Holzlager und Schuppen. Bei dieser Nutzung blieb es bis 1983. Nachdem es seit 1975 Bemühungen um den Erhalt der ehemaligen Synagoge gegeben hatte, wurde sie 1983 unter Denkmalschutz gestellt. Damit war der ursprünglich geplante Abriss verhindert. Am Erhalt des Gebäudes Interessierte gründeten am 2. März 1988 den „Förderkreis zur Erhaltung und Restaurierung der ehemaligen Synagoge Weisenheim am Berg e.V.“, der am 10. Mai desselben Jahrs das Gebäude erwarb. Die Restaurierung schloss sich dann zügig an, so dass im Dezember 1990 die ehemalige Synagoge als Kulturzentrum eröffnet werden konnte.
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