Wasser von Bach- und Flussläufen diente schon immer zum Transport von Waren und insbesondere zum Betreiben von Mühlen. Am Lauf des Speyerbachs unterhalb von Neustadt lagen im Wesentlichen dem Hochstift Speyer angehörende Dörfer, wie Hanhofen und Dudenhofen, sowie an der Mündung in den Rhein die Reichsstadt Speyer. Der Rehbach versorgte hauptsächlich kurpfälzische oder teilweise kurpfälzische Orte, wie Haßloch und Iggelheim.
Kurpfalz, Hochstift Speyer und die Reichsstadt Speyer waren denn die Parteien, die sich immer wieder um die Aufteilung des Wassers an der Winzinger Scheide stritten. Ein solcher Streit zwischen der Kurpfalz und der Stadt Speyer endete im Jahr 1569 mit der Verlegung großer abgerundeter Steine an der Scheide, um die vereinbarte Wasseraufteilung zu erreichen.
Die Regelung, dass ein Drittel in den Rehbach fließen sollte, während zwei Drittel dem Speyerbach zuzuführen waren, wurde mit einer Inschrift dokumentiert, die etwas über dem Wasserniveau auf der Rehbachseite eingemeißelt wurde. Im oben genannten Werk von Widder ist der Spruch wiedergegeben:
UNS BEYDEN CHUR UND FÜRSTEN / THUT NACH WASSER DÜRSTEN / NICHT NACH UNSEREM MUND / SONDERN DAS DIE MÜLLER / RECHT MAHLEN KUNDT / 1565.
Wie Rehe/Möller ausführen, ist die Datierung ein Lesefehler für 1569.
Damit waren die Streitigkeiten um die Wasserverteilung aber noch nicht ausgestanden. Nach Ansicht der Stadt Speyer war an der Winzinger Scheide ein Rechen angebracht worden, durch den der Wasserzufluss zum Speyerbach vermindert wurde, so dass es zu Beeinträchtigungen beim Holztransport aus dem Neustadter Tal kam. Die entsprechende Beschwerde der Stadt Speyer bei der Kurpfalz aus dem Jahr 1723 wurde im Jahr 1736 vor dem Reichshofrat in Wien verhandelt.
Im Zuge der dort erzielten gütlichen Einigung wurde ein neues Rechenwehr errichtet. Die Spitze dieses Wasserbauwerks aus behauenen Quadersteinen von insgesamt 7,2 m Länge und 1,73 m Höhe wurde 1745 errichtet. Sie ist heute noch zu sehen. Die damals eingemeißelte Inschrift ist ebenfalls noch zu lesen (Abb. 4). Sie lautet:
ALS / CARL THEODOR ZUR PFALZ CHURFÜRST, / FRANZ CHRISTOPH ZU SPEYER BISCHOF UND FÜRST, / DIESER WASSER-SCHAIDT SCHADHAFFT WAR, / WURDE SOLCHES RENOVIRT / WIE ES SICH HAT GEBÜHRT / IM 1745TEN JAHR.
In der Denkmaltopographie wird die Winzinger Scheide als „ein wichtiges wirtschaftsgeschichtliches Zeugnis des in Neustadt über Jahrhunderte hinweg intensiv betriebenen Mühl- und Triftwesens von regionaler Bedeutung“ gewürdigt.
(Dr. Johannes Weingart, Neustadt an der Weinstraße, 2023)