Remigiusplatz mit mittelalterlichem Königshof in Boppard

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Boppard
Kreis(e): Rhein-Hunsrück-Kreis
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 14′ 7,1″ N: 7° 34′ 42,9″ O 50,2353°N: 7,57858°O
Koordinate UTM 32.398.631,25 m: 5.565.760,14 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.398.665,84 m: 5.567.546,80 m
  • Das Große Bopparder Stadtbild mit dem Königshof

    Das Große Bopparder Stadtbild mit dem Königshof

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    Sammlung Geschichtsverein für Mittelrhein und Vorderhunsrück
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  • Kupferstich des Bopparder Königshofs

    Kupferstich des Bopparder Königshofs

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Im Bereich des heutigen Remigiusplatzes befand sich im Mittelalter ein Königshof in Boppard. Könige und Kaiser machten hier Station. Heute ist der Königshof nicht mehr erhalten.

Geschichtlicher Hintergrund
Die langsame Auflösung des Römischen Reiches setzte einen Prozess in Gang, der in regionaler Ausprägung unterschiedlich wirksam wurde. Die Verwaltung löste sich allmählich auf, die Sicherheit in Stadt und Land war nicht mehr gegeben.
Langfristig verfielen manche Städte, die Verkehrswege wurden nicht mehr gepflegt, die allgemeine Versorgung war nicht mehr gewährleistet, vermutlich sank auch die Bevölkerungszahl. Wasserleitungen, die mitunter über großartige Aquädukte von weither Wasser heranführten, trockneten aus. Bildung und Kultur gingen zurück, immer weniger Menschen konnten lesen und schreiben. Der allgemeine geistige Horizont verengte sich, die Mobilität verringerte sich, die Menschen konzentrierten sich auf die eigene Region und organisierten ihr Überleben.
Die Franken, vielfach schon Jahrzehnte zuvor in Kleingruppen in das Römische Reich eingewandert, konnten Lücken in der Verwaltung füllen und frei gewordene soziale Positionen einnehmen.
Vermutlich ließen sich die neuen Herren in Boppard im Bereich der Mündung des Mühltals nieder. Die ehemals dort stehende Sankt-Remigius-Kapelle geht zurück auf die zweite Hälfte des 1. Jahrtausends, die Zeit der Merowinger. Somit nutzten die Franken jenen Ort weiter, an dem bereits eine römische Siedlung bestanden hatte.

Anfänge des Königshofs
Die erste Erwähnung Boppards in einer mittelalterlichen Urkunde stammt aus dem Jahr 643, als der Merowingerkönig Sigibert III. dem Kölner Bischof Kunibert einen Weinberg in Bodofricense (Boppard) zusprach. Aus dem Jahr 814 datiert dann eine Urkunde Kaiser Ludwigs des Frommen, in der eine Kapelle und ein Fiskalgut in Bodobrio (Boppard) genannt werden. Demnach kann man davon ausgehen, dass es in der Zeit der Karolinger bei Boppard einen Königshof mit entsprechenden Ländereien gegeben hat.
Die als „Purpururkunde“ bezeichnete Heiratsurkunde der byzantinischen Prinzessin Theophanu mit Otto II. vom 14. April 972 ist eine der bedeutendsten Urkunden der Ottonenzeit. Für Kaiser Otto I. war die Vermählung seines Sohnes mit der Prinzessin ein großer Erfolg und steigerte sein Prestige.
Otto II. bestimmte in dieser Urkunde den Bopparder Königshof als Teil des Witwenguts seiner Gemahlin. Dies war im Mittelalter nicht ungewöhnlich, um im Falle des Todes eines Herrschers der Witwe ausreichend Besitz und Einkommen zu verschaffen. Auf diesem Weg sollte ihr eine unabhängige Stellung gesichert werden. Es ist davon auszugehen, dass der Bopparder Königshof vor allem Einkünfte an Wein garantierte. Für die Bedeutung dieses Königshofes spricht, dass bereits König Heinrich I. den Hof seiner Gemahlin, der Königin Mathilde, als Witwengut überlassen hatte.

Salierzeit
Die Anzahl von überlieferten Besuchen von Königen und Kaisern des Mittelalters in Boppard gibt ohne Zweifel Hinweise darauf, wie es um die Macht der jeweiligen Dynastie (Ottonen, Salier, Staufer) und um das von ihr verwaltete Reichsgut am Mittelrhein bestellt war. Aus der Zeit der Salier ist kein einziger Aufenthalt in der Stadt dokumentiert. Ganz verwunderlich ist das nicht, wenn man nur einen flüchtigen Blick auf die großen Linien der Reichspolitik in dieser Zeit wirft. Vor allem die beiden letzten Herrscher dieser Dynastie, Heinrich IV. (1056 -1106) und Heinrich V. (1106 - 1125), sahen sich massiven Herausforderungen durch das an Kraft gewinnende Reformpapsttum und gleichzeitig durch die immer mehr Mitsprache in der Reichspolitik fordernden Fürsten gegenüber.
Wer kennt nicht noch aus der Schule den Bericht über den angeblich so demütigenden und gefahrvollen Gang Heinrichs IV. über die winterlichen Alpen bis vor die Tore der Burg Canossa, wo er nach einem von beiden Streitparteien ausgehandelten Verfahren von Papst Gregor VII. wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wurde und damit seinen Thron vorerst retten konnte. Bis heute diskutieren die Historiker mit Leidenschaft über diesen Vorgang, und mitten im erbittert geführten Kulturkampf des späten 19. Jahrhunderts äußerte der Reichskanzler Bismarck, indem er den preußischen Staat mit Heinrich IV. gleichsetzte, die immer wieder gern zitierten Worte: „Seien Sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht, weder körperlich noch geistig“.
Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass die Salier das umfangreiche Reichsgut am Mittelrhein nicht im gesamten Umfang erhalten konnten und ihre Machtbasis am Mittelrhein zu zerbröseln drohte. Darin kann eine Erklärung liegen, dass die Könige und Kaiser dieser Dynastie am Mittelrhein weniger präsent waren als ihre Vorgänger und Nachfolger, die Ottonen und die Staufer. Denn vor allem am Mittelrhein, einer geostrategisch äußerst sensiblen und geographisch-territorial zerklüfteten Region, gab es zahlreiche Mit- und Gegenspieler im Ringen um die politische und gesellschaftliche Vormachtstellung. Denn das Interesse an der Kontrolle und vor allem an den lukrativen Zolleinnahmen, die am schmalen Mittelrhein so günstig zu erwerben waren, lockte viele Parteien in diese Gegend.
Da waren einmal die später in den exklusiven Kreis der Kurfürsten aufsteigenden Kirchenfürsten aus Trier, Köln und Mainz sowie der Pfalzgraf, der Vorläufer des Kurfürsten von der Pfalz. Aber auch die Grafen von Katzenelnbogen und die Sponheimer hatten ein Auge auf den Rhein geworfen.
Nicht zu vergessen sind die Stifte und die großen Klöster, die in den Städten des Mittelrheins ihre jeweiligen Besitzungen aufgebaut hatten und über die im Mittelalter ja im Grunde genommen kaum existierenden territorialen Grenzen hinweg ihre mächtigen Netzwerke errichtet hatten. Stifte und Klöster waren daher durch ihre Bauten auch in Boppard stets präsent. Ein Kloster, das räumlich weit vom Mittelrhein entfernt lag, konnte durch seine Niederlassung in Boppard daher durchaus seine Interessen am Mittelrhein entfalten und in der Region seine Rechte durchsetzen.
Das ein oder andere dieser Gebäude kann man im Zuge eines Gangs durch die Stadt noch von außen besichtigen. Der größte Teil hat die Stürme der Zeit allerdings nicht überstanden.

Stauferzeit
Vor allem die Staufer waren es, welche die Ansprüche der herrschenden Dynastie in Boppard wieder verstärkt zum Ausdruck brachten. Der Mittelrhein wurde zu einem Stützpunkt der staufischen Herrschaft ausgebaut, das in der Salierzeit geschmälerte Reichsgut in dieser Region wieder verstärkt eingefordert, die Präsenz der Herrscher nahm wieder zu. Die wieder häufigeren Aufenthalte von Königen und Kaisern in Boppard dokumentieren dies.
Boppard war eine Reichsstadt, regiert wurde es durch die Beamten des Königs. Der Schultheiß war der mächtige Verwalter des Königs in der Stadt.

(Rainer Lahme, Geschichtsverein für Mittelrhein und Vorderhunsrück, Boppard, 2023)

Literatur

Tschenett, Hildegard (2012)
Der Königshof in Boppard. Zeitreise ins Mittelalter, die Blütezeit des untergegangenen Bauwerks. In: Rund um Boppard. Journal Nr. 111, Beiträge zur Geschichte der Stadt Boppard, herausgegeben vom Heimatkundlichen Arbeitskreis des VVV Boppard, Boppard.
Wegner, Hans-Helmut; Volk, Otto; Maier, Franz (1997)
Von der Frühzeit bis zum Ende der kurfürstlichen Herrschaft. In: Boppard. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein, Boppard.

Remigiusplatz mit mittelalterlichem Königshof in Boppard

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Koblenzer Straße
Ort
56154 Boppard
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Vor Ort Dokumentation

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Rainer Lahme: „Remigiusplatz mit mittelalterlichem Königshof in Boppard”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345313 (Abgerufen: 18. März 2025)
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