Geschichte und Beschreibung
Das Haus mit der auffälligen roten Fassade wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts als Wohnhaus der Irdenware-Töpferei Reinartz an der Hauptstraße (lt. Adressbuch von 1899: Hauptstraße 238, Topffabrik Heinrich Reinartz) gebaut. Es handelt sich um ein zweigeschossiges, traufständiges und vierachsiges Gebäude.
Eine außergewöhnliche Zierde sind - neben der roten Fassadenfarbe - die weißen Stuckreliefs im Bereich der Fenster, vor allem im Obergeschoss, und der Tür. Diese verraten, welche Keramikprodukte hier einst hergestellt wurden: nämlich Krüge und Blumentöpfe. Es handelt sich um eines der wenigen Wohnhäuser in Frechen, welches mit seiner Fassadengestaltung auf seine Funktion bzw. den Beruf seiner Bewohnerinnen und Bewohner hinweist (Heeg 1984, S. 92).
Nach dem Niedergang des Töpfereihandwerkes verlagerte die hier ansässige Töpferfamilie ihren Produktionsschwerpunkt kontinuierlich auf die Produktion von Blumentöpfen. Aus einer Werbeanzeige einer Zeitung „Zur Stadterhebung 2. September 1951“ geht hervor, dass die Blumentopffabrik 1885 gegründet wurde („seit 1885“). 1903 beantragte Heinrich Reinartz die Erweiterung seiner Fabrik (Stadtarchiv Frechen 203/137).
Die Existenz zweier Brennöfen ist archivalisch belegt (zumindest ist ein Ofen in einer Zeichnung von 1902 enthalten). Im Rahmen der Begehung für die Erstellung eines Kellerkatasters in Frechen 1995 wurden im Untergeschoss des Hauses Strukturen vorgefunden, deren Interpretationsspielraum groß ist: Es könnte sich um die Reste der Öfen handeln oder um einen Gang, der zu ihnen führte, oder aber, laut Aussage der damaligen Eigentümer, um einen Luftschutzstollen des Zweiten Weltkriegs (Rosenstein 1995, S. 5), der laut Einschätzung Heegs möglicherweise aus dem unterirdischen Verbindungsgang zwischen Hauskeller und Öfen hervorgegangen ist (Untere Denkmalbehörde Frechen).
1948 ist Hubert Keuthmann Eigentümer der Fabrik (Stadtarchiv Frechen 2067/160). Wann die Übernahme erfolgte, ging aus den ausgewerteten Unterlagen des Stadtarchives Frechen nicht hervor. Die Produktion lief mindestens bis zum Jahr 1951, da aus dieser Zeit noch eine Werbung erhalten ist (Zeitung „Zur Stadterhebung 2. September 1951“).
Heutiger Zustand
Nach Ende der Produktion wurde das Gebäude als Teppichlager genutzt und stand danach etliche Jahre leer, bis der Frechener Ortsverein der Türkisch-Islamischen Union hier ein islamisch-kulturelles Zentrum einrichtete (Kölner Stadtanzeiger vom 29.10.1992).
Während die Stuckfassade weitgehend erhalten ist, wurden an dem Haus einige Veränderungen vorgenommen: So wurde nach dem Zweiten Weltkrieg der Bereich des Dachgeschosses unter Einbau zweier Fenster erneuert. Zudem grenzte ursprünglich links an das Wohngebäude eine große, repräsentative Toreinfahrt mit Torbogen und verziertem zweiflügeligem Holztor. Die „Zeichnung zum Baugesuch des Herrn Hein. Reinartz, Töpfermeister Frechen“ von 1908 - vermutlich zum Antrag auf Errichtung dieser Toreinfahrt mit überdachter Durchfahrt und anschließendem Schuppen stellt sie mit der Torinschrift „Blumentopffabrik H. Reinartz“ dar (Archiv der Unteren Denkmalbehörde Frechen). Anfang der 1990er Jahre wurden laut Heeg (1995) Teile des Tores sowie das Holztor „unvermittelt“ abgerissen.
Kulturhistorische Bedeutung
Trotz der im Laufe der Zeit vorgenommenen Veränderungen und Zerstörungen an der ursprünglichen Bausubstanz ist das Wohnhaus der ehemaligen Blumentopffabrik Reinartz ein wichtiges, aufgrund der Stuckfassade auch geradezu bildliches Zeugnis für die Töpfereigeschichte Frechens in der Zeit des Übergangs vom Töpfereihandwerk hin zur industriellen Fertigung von Gebrauchskeramik. Insgesamt ist es eines der wenigen erhaltenen baulichen Zeugnisse aus der Zeit des Töpfereihandwerkes in Frechen; seine kulturhistorische Bedeutung ist in dieser Hinsicht als hoch einzustufen.
Hinweis
Das Objekt „Wohnhaus der ehemaligen Töpferei Reinartz“ ist Element des historischen Kulturlandschaftsbereiches Töpfereisiedlung Frechen (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 474) und ein eingetragenes Baudenkmal (UDB Frechen, laufende Nr. Baudenkmal A 140, Eintragung am 12.01.1996)
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2023)
Quellen
- Kölner Stadtanzeiger: Pläne für Moschee in der Innenstadt. (Artikel vom vom 29.10.1992; bei den Unterlagen der Unteren Denkmalbehörde Frechen).
- Heeg, Egon (1995): Antrag auf dringende Unterschutzstellung des Hauses Hauptstr. 165 von Weingarten/Heeg vom 04.07.1995 (zur Verfügung gestellt durch Hr. Heeg).
- Ortsarchiv des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Nr. 1124072.
- Rosenstein, Angela (1995): Kommentar zum Kellerkataster 12/1995, S. 4 (Ortsarchiv des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland).
- Untere Denkmalbehörde der Stadt Frechen, Unterlagen zur Hauptstraße 165.
- Stadtarchiv Frechen, Ordner Blumentopffabrik Richartz, Sammlung Bernd Mayerhofer: 2067/160, 203/137 und Zeitung „Zur Stadterhebung 2. September 1951“.