Rieselfelder Münster

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde, Naturschutz
Gemeinde(n): Greven (Nordrhein-Westfalen), Münster (Nordrhein-Westfalen)
Kreis(e): Münster (Nordrhein-Westfalen), Steinfurt
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 52° 01′ 43,3″ N: 7° 39′ 17,39″ O 52,0287°N: 7,65483°O
Koordinate UTM 32.407.714,57 m: 5.765.083,90 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.407.750,98 m: 5.766.949,25 m
  • Großer Stauteich in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Großer Stauteich in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Graben mit Rohrleitung in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Graben mit Rohrleitung in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Stauwehr des Großen Stauteichs in den Rieselfeldern in Münster (2021)

    Stauwehr des Großen Stauteichs in den Rieselfeldern in Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Heckenrinder-Weide in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Heckenrinder-Weide in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Rieselwärterhäuschen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Rieselwärterhäuschen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Blick ins Rieselwärterhäuschen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Blick ins Rieselwärterhäuschen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Erste Beobachtungshütte von 1978 in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Erste Beobachtungshütte von 1978 in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Aussichtsturm in den Rieselfeldern in Münster (2021)

    Aussichtsturm in den Rieselfeldern in Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Apfelbaumreihe in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Apfelbaumreihe in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Alte Birnbäume in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Alte Birnbäume in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Bauminsel in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Bauminsel in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Rohrleitung in den Rieselfeldern in Münster (2021)

    Rohrleitung in den Rieselfeldern in Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Kleine Rieselparzelle in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Kleine Rieselparzelle in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Großer Stauteich in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Großer Stauteich in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Wassergraben in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Wassergraben in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Kanonenwäldchen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Kanonenwäldchen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Rieselfelder in Münster (2021)

    Rieselfelder in Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Heckenrinder-Weide in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Heckenrinder-Weide in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Rieselwärterhäuschen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Rieselwärterhäuschen in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Wasserfläche in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Wasserfläche in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Extensive Rinder- und Mähweiden in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Extensive Rinder- und Mähweiden in den Rieselfeldern Münster (2021)

    Copyright-Hinweis:
    Sarina Eßling / Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Sarina Eßling
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Italienische Arbeiter bei der Anlage der Rieselfelder (1901)

    Italienische Arbeiter bei der Anlage der Rieselfelder (1901)

    Copyright-Hinweis:
    Biologische Station Rieselfelder Münster / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Übersichtsplan der Rieselfelder (1902)

    Übersichtsplan der Rieselfelder (1902)

    Copyright-Hinweis:
    Stadt Münster / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Stadt Münster
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Landwirte in den Rieselfeldern in den 1920er Jahren.

    Landwirte in den Rieselfeldern in den 1920er Jahren.

    Copyright-Hinweis:
    Biologische Station Rieselfelder Münster / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Originalplan der Anlage der Rieselfelder aus dem Jahr 1963.

    Originalplan der Anlage der Rieselfelder aus dem Jahr 1963.

    Copyright-Hinweis:
    Tiefbauamt Münster / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Tiefbauamt Münster
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Luftbild der Rieselfelder aus dem Jahr 1963.

    Luftbild der Rieselfelder aus dem Jahr 1963.

    Copyright-Hinweis:
    Hansa Luftbild / CC BY 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Hansa Luftbild
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
Etwa sechs Kilometer nördlich von Münster wurde seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein mehrere Hundert Hektar großes Gebiet zur Reinigung des Stadtabwassers genutzt. Heute ist es ein vielfach naturschutzfachlich ausgewiesenes Feuchtgebiet und hat eine zentrale Bedeutung für die Vogelwelt.

Mit dem damals auch in Städten wie Freiburg im Breisgau und Berlin angewandten Verfahren der Verrieselung machte sich die Stadt Münster das Filtervermögen durchlässiger Böden zunutze: Bei einer Beschickung bleiben im Abwasser enthaltene Schmutzstoffe bereits im Oberboden hängen und werden von Organismen abgebaut. Eine schädliche Nährstoffanreicherung aufgrund der hohen Stickstoff- und Phosphorkonzentration in Abwässern kann durch Aufnahme in Pflanzen verhindert werden. Es kam also weder zu einer Verunreinigung des Oberflächen- noch des Grundwassers. Das gereinigte („verrieselte“) Wasser wurde über ein Drainagesystem abgeleitet. Wegen der hohen Nährstoff- und ständigen Wasserverfügbarkeit bzw. des Bedarfs an pflanzlichem Austrag für die Nährstoffregulierung waren die Rieselfelder in Münster, wie auch solche anderer Städte, ein attraktiver und sinnvoller Standort für eine landwirtschaftliche Nutzung.

Aus Wald wird Heide …
… aus Heide werden Rieselfelder
Zu Hochzeiten der Verrieselung
Verwandlung in ein Vogelparadies
Bau einer modernen Kläranlage - Anbeginn einer Wende in den Rieselfeldern
„Rettet die Rieselfelder“
Ein Schwall naturschutzfachlicher Ausweisungen und Maßnahmen

Aus Wald wird Heide …
Auf dem heutigen Gebiet der Rieselfelder in Münster entstand, wie in vielen Teilen des Münsterlandes, nach der letzten Eiszeit zunächst Eichen-Hainbuchenwald. Menschliche Übernutzung über mehrere Jahrhunderte, z. B. Holzeinschlag und Viehhaltung, führten allerdings dazu, dass der Baumbestand schwand und von den anspruchslosen und lichthungrigen Heidekrautgewächsen (Ericaceae) sukzessiv abgelöst wurde – es bildete sich ein Heidegebiet mit einem Heideweiher aus. Höher wachsende Vegetation war jedoch an einer Stelle beständig, denn die südliche Ausdehnung des heutigen Gebiets der Rieselfelder entspricht ein Stück weit Münsters historischer Stadtgrenze. Seit Anfang des 14. Jahrhunderts wurde diese durch eine Landwehr – überwiegend eine von dichtem Dornengebüsch bewachsene Doppelwallanlage mit drei Begleitgräben – gesichert. Nach Entfall der Wehrfunktion konnten sich diese Strukturen einschließlich der Vegetation teilweise erhalten.
Der Betrieb eines Truppenübungsplatzes der preußischen Kavallerie und Artillerie hielt hingegen im 19. Jahrhundert die Heideflächen fortwährend frei; auf diesen ist die Aufschüttung eines kleinen Hügels im Gebiet zurückzuführen. Gleichzeitig sorgte der Bau des Dortmund-Ems-Kanals für Veränderungen im heutigen Gebiet der Rieselfelder: einerseits kam es zur Erweiterung des als „Huronensee“ bezeichneten Heideweihers, andererseits entstand aus Sand- und Tonabgrabungen der „Blaue See“ nördlich des ersteren.
nach oben

… aus Heide werden Rieselfelder
Die Stadt Münster beschloss 1899, im Jahr der Fertigstellung des Dortmund-Ems-Kanals, die Anlage von Rieselfeldern zwischen den Stadteilen Sprakel und Gelmer im Süden des heutigen Gebiets. Ihre Umsetzung und Inbetriebnahme erfolgte bis 1901, wozu 200 Hektar Fläche in jeweils ein Hektar große Parzellen unterteilt und in ein umfassendes Drainagesystem integriert wurden. Dieses bestand aus einem unterirdischen Rohrsystem sowie 1,2 Meter tiefen Gräben und Rinnen in Form von Betonhalbschalen, die das verrieselte Abwasser in die Flüsse Aa und Ems ableiteten. Ebenfalls zur Anlage gehörten eine Druckrohrleitung, die das Abwasser vom Pumphaus in der Münsteraner Gartenstraße vier Kilometer weit zu den Rieselfeldern transportierte, Betonrohrleitungen zu den Absetz- und Verteilerbecken sowie Auslassschieber, durch deren Öffnen bzw. Schließen die Parzellen geregelt beschickt werden konnten. Die Parzellen waren dem Prinzip der Verrieselung gemäß an Landwirt*innen für Ackerbau oder Milchviehhaltung verpachtet; entlang der neu angelegten Wirtschaftswege pflanzte man Obstbäume.

Mit der Anlage der Rieselfelder und ihrer technischen Apparatur selbst ging die Errichtung gewisser Gebäude einher. Zum einen wurden zur Unterbringung der Ausrüstung sogenannter Rieselwärter, die mit praktischen Arbeiten betraut waren, auf dem gesamten Gebiet verteilt kleine Rieselwärterhäuschen erbaut. Sie waren mit einem Schreibplatz und einem kleinen Ofen für kalte Wintertage ausgestattet. Zum anderen diente die um 1901 als Fachwerkhaus an der Kreuzung Hessenweg/Coermühle erbaute Rieselmeisterei (auch „Rieselmeisterhaus“ genannt) als Dienstwohnung des Rieselmeisters, der die Verrieselung und die Arbeit der Rieselwärter betreute. Zwischen 1906 und 1916, wenige Jahre nach der Anlage und Inbetriebnahme der Rieselfelder, wurde außerdem in der südwestlichen Ecke des Gebiets der Rieselfeldhof errichtet. Seine hinteren Hofgebäude fungierten als landwirtschaftliche Hofstelle mit Durchfahrtsscheune, Pferde-, Kuh- und Schweinestall; im Gebäude zur Straße hin fand das Wirtshaus „Heidekrug“ Einzug.
nach oben

Zu Hochzeiten der Verrieselung
Anfangs erfolgte die Beschickung mit Abwasser nur gelegentlich und vorwiegend bewusst zur Düngung auf bestimmten Parzellen. Doch während bereits 1937 der Huronen- und der Blaue See als Naturschutzgebiet „Huronensee“ ausgewiesen wurden und damit der Grundstein für die Schutzgebietszukunft der Rieselfelder gelegt wurde, stiegen die Abwassermengen, und damit der Bedarf an ihrer Verrieselung, kontinuierlich an. Zu Hochzeiten betreute der Rieselmeister bis zu 33 Rieselwärter gleichzeitig, die sich eine von drei Tagesschichten teilten und rund um die Uhr für die Verteilung des Abwassers auf den Flächen sorgten. Sie betätigten die Schieber, entfernten Pflanzen(teile) aus den Gräben, entnahmen dem Absetzbecken den Schlamm aus sedimentierten groben Abwasserbestandteilen, reparierten Schäden an Rohrleitungen oder Schiebern und überwachten nachts die Abwasserströme. Zudem gehörte die Buchführung über die Berieselung zu ihrer Aufgabe, sodass das für die Rieselfelder in Münster zuständige Tiefbauamt eine räumliche und mengenmäßige Übersicht über die Intensität der Abwasserbeschickung erhielt. Dazu wurden die Parzellen zu Komplexen zusammengefasst und mit Nummern versehen, die heute noch für sie verwendet werden.

Die Pachtenden von Parzellen gingen zeitgleich ihren auf die Verrieselung abgestimmten landwirtschaftlichen Tätigkeiten nach. Eine bäuerliche Familien nutzte dazu die Hofstelle des Rieselfeldhofs, indem sie dort Nutzvieh sowie landwirtschaftliche Geräte unterbrachte. Das geerntete Korn und Gemüse bzw. die Erzeugnisse aus der Milchviehhaltung wurden auf dem Markt verkauft. Auch verpachtete die Stadt Münster in den 1960er Jahren die einzelnen Obstbäume zum Abernten an Bürger*innen für 5 DM pro Baum. Der Heidekrug diente zu dieser Zeit auch als Kantine für die Rieselwärter.
Aufgrund Münsters starken Bevölkerungszuwachses bis in die frühen 1960er Jahre hinein (Babyboom und Kriegsflüchtige) weitete die Stadt die Rieselfelder noch einmal Richtung Norden auf insgesamt 640 Hektar Fläche aus. Ab 1962 war es dann allerdings notwendig, die Berieselung ganzjährig und häufiger durchzuführen, sodass Ackerbau nicht mehr möglich war und das Gebiet ausschließlich als Grünland genutzt wurde.
nach oben

Verwandlung in ein Vogelparadies
Um den neuen Bevölkerungszahlen gerecht zu werden, war in ganz Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg der Druck gewachsen, die landwirtschaftliche Produktion zu intensivieren und so die Erträge zu erhöhen. Die in diesem Sinne durchgeführte Flurbereinigung umfasste auch die Trockenlegung von Mooren, den Umbruch von Feuchtgebieten zu Ackerland sowie die Begradigung von Flüssen, wobei letzteres im Falle der Ems bereits in den 1930er Jahren durch den Reichsarbeiterdienst des nationalsozialistischen Regimes durchgeführt worden war. Nun stiegen jedoch parallel zur fortschreitenden Flurbereinigung die aufgeleiteten Abwassermengen Münsters weiter so stark an, dass sich auf mehr als 240 Hektar der Rieselfelder dauerhafte Wasserflächen ausbildeten. Folglich gewann das Gebiet wesentlich an Bedeutung als Ersatzlebensraum, vor allem für – durch den Lebensraumverlust mitunter inzwischen selten gewordene oder sogar gefährdete – Wasser- und Watvögel, Schmetterlingsarten und Amphibien.

Dazu trug auch die große landschaftliche Variabilität bei, die nicht nur aus dem vertikalen Wechsel an flachen Wasserstellen, Schlammbänken, feuchten Brachflächen und nassem Grünland bestand. Zum einen bot die ehemalige Landwehr höher wachsende Vegetation. Zum anderen bildete sich diese im Verlaufe der Zeit auch an einer anderen Stelle des Gebiets aus, denn der im Rahmen des preußischen Truppenübungsplatzes aufgeschüttete Hügel wurde bei der Anlage der Rieselfelder ausgelassen. So wuchs er fortan unbeeinträchtigt mit Bäumen zu und erhielt in Anlehnung an seine frühere Funktion im Volksmund den Namen „Kanonenwäldchen“. Da die Wasserflächen selten tiefer als 20 Zentimeter waren, spielte überdies die gute Erreichbarkeit der Wasser- und Watvogelnahrung (z. B. Würmer, Insekten, Schnecken und Algen) eine Rolle.
nach oben

Bau einer modernen Kläranlage – Anbeginn einer Wende in den Rieselfeldern
Trotz Erweiterung und ganzjähriger Beschickung überschritten die Rieselfelder im weiteren Verlauf der 1960er Jahre ihre Grenze an Klärleistungsfähigkeit, sodass die Stadt Münster 1967 die Entscheidung zur Errichtung einer modernen Kläranlage südlich der Rieselfelder fällte, deren Bau südlich dieser in Coerde noch im selben Jahr begann. Es war zudem die geplante Umfunktionierung in ein Industriegebiet bekannt, da Münsters damalige wirtschaftliche Lage sehr einseitig tertiär geprägt war und gewerblich ausgeweitet werden sollte. Aufgrund der Nähe und Anbindung zum Dortmund-Ems-Kanal, zur Bahnlinie Münster-Rheine sowie zu überregionalen Straßen kamen dafür fast ausschließlich die Rieselfelder in Betracht.

Ornitholog*innen, die die Wichtigkeit des Gebiets für die Vogelwelt bereits lange im Blick hatten, bis dahin zum Schutz der Vögel allerdings nicht wollten, dass dies nach außen getragen wird, wurden nun auch öffentlich aktiv. Im Mai 1968 gründeten sie die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft „Rieselfelder Münster“, die – zunächst in Bauwagen, dann in einer instandgesetzten Baracke – ihren Sitz direkt in den Rieselfeldern einnahm. Sie beringte Vögel und führte Zählungen sowie landschaftspflegerische Arbeiten durch. 1974 wurde sie zum Verein „Biologische Station ‚Rieselfelder Münster'“ und nutzte ihre Dokumentationen über die örtliche Vogelwelt, um für den Erhalt der Rieselfelder zu argumentieren.

Mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Kläranlage 1975 verloren die Rieselfelder trotz aller Schutzbemühungen ihre ursprüngliche Funktion, wurden bereits in den Vorjahren mit immer weniger Abwasser beschickt und – im Sinne der Umfunktionierung in ein Industriegebiet – sogar aktiv trockengelegt. Auch die Rieselwärterhäuschen wurden entfernt und die Rohrleitungen bzw. Schieber teilweise zurückgebaut. Neben seinem Trockenfallen war dementsprechend ein Großteil des Gebiets zugewachsen, sodass die Lebensräume, die einst ideal für z. B. Wasser- und Watvögel waren, zusammen mit den ihnen typischen Tieren und Pflanzen mehr und mehr verschwanden.
nach oben

„Rettet die Rieselfelder“
Noch im Jahr der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Kläranlage wurde auf diese Entwicklungen hin die Bürger*inneninitiative „Rettet die Rieselfelder“ ins Leben gerufen und auf den Straßen der Münsteraner Innenstadt demonstriert. Es gelang zwar nicht, das Gebiet vollständig zu retten und die Beschickung mit Wasser zu wahren. Auf die Festsetzung der 233 nördlichen Hektar der Rieselfelder als Vorrangfläche für den Vogelschutz im Landesentwicklungsplan hin konnte allerdings ein Vertrag in die Wege geleitet werden, der 1977 zwischen der Stadt Münster und dem Land abgeschlossen wurde. Nach diesem pachtete Nordrhein-Westfalen jene 233 Hektar für 20 Jahre, während die restlichen 407 Hektar im Süden an die Stadt Münster gingen, die dort zunächst intensive Landwirtschaft umsetzte.

Fortan war die Biologische Station mit der zukünftigen Entwicklung des gepachteten Gebiets betraut. Sie führte die Bewässerung fort, wozu sie vom offenen Gerinne mit Betonhalbschalen gänzlich auf Rohrbetrieb umrüstete und begann, die inzwischen zugewachsenen bzw. verlandeten Wasser- und Schlammflächen wiederherzustellen. Das aufgeleitete Wasser wurde nun als bereits geklärtes Abwasser über drei neu angelegte Hauptrohrleitungen vom Klärwerk bezogen. Auch die ehemalige Arbeit der Rieselwärter wurde übernommen und die Beschickung bewusst auf die im Jahresverlauf variierenden Bedürfnisse der schutzwürdigen Flora und Fauna angepasst.
Der Bebauungsplan für das von der Stadt Münster geplante Gewerbegebiet wurde nicht genehmigt und damit nie umgesetzt.
nach oben

Ein Schwall naturschutzfachlicher Ausweisungen und Maßnahmen
Nach der Sicherung des nördlichen Teils durch das Land und der Rückführung in ein künstliches Feuchtgebiet gab es bis ins frühe 21. Jahrhundert hinein eine ganze Reihe an Gebietsdeklarierungen im Sinne des Naturschutzes. Mit diesen, sowie mit den fortlaufenden Maßnahmen zur Wiederherstellung der Bewässerungsflächen, gingen entsprechende Veränderungen der Rieselfelder einher. Bereits 1978 erhielten die vom Land gepachteten 233 Hektar der Rieselfelder das Prädikat „Europareservat für Wasser- und Watvögel“; die erste hölzerne Beobachtungshütte, auf die in den Jahren darauf weitere ihrer Art folgten, wurde erbaut. Aber auch die Biologische Station bekam 1980 im Zuge ihres wachsenden Zuständigkeitsbereichs ein neues Gebäude nahe der ehemaligen Rieselmeisterei. Die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Bewässerungsflächen schlossen noch im selben Jahr ab, woraufhin die Anerkennung als „Feuchtgebiet internationaler Bedeutung“ nach Ramsar-Konvention drei Jahre später erfolgte.

1993 spendete der Freundes- und Förderkreis „Europareservat Rieselfelder“ einige Rinder an die Biologische Station. Es handelt sich um sogenannte Heckrinder, eine Rückzüchtung zur Wildform der mitteleuropäischen Hausrinder, mit der die Gebrüder Heck in den 1920er Jahren begannen. Da ihr eigentliches Zuchtziel mitteleuropäische Auerochsen („Ure“) waren, ähneln die Heckrinder diesen im äußeren Erscheinungsbild und sind ähnlich robust. Wie bei der historischen Beweidung hält die mittlerweile aus 30 Tieren bestehende Herde bestimmte Bereiche der Rieselfelder natürlich frei.
Der von Nordrhein-Westfalen gepachtete Nordteil der Rieselfelder ist seit 1994 ein Naturschutzgebiet. Da Münster nach Auslaufen des Pachtvertrags 1996 die Wichtigkeit der Rieselfelder für den Naturschutz erkannte, wurden auch etwa 200 Hektar des Südteils umfänglichen Renaturierungsmaßnahmen unterzogen und wiedervernässt; seit 2000 ist dieser ein Naturschutzgebiet. Beide Teile fanden sich 2004 in einem so guten naturschutzfachlichen Zustand, dass ihre 436 Hektar seitdem als Vogelschutzgebiet Teil des europäischen Schutznetzes Natura 2000 sind.

Darüber hinaus lief zwischen 1998 und 2000 ein LIFE+ Projekt im Südteil der Rieselfelder, welches ihn zu einem Naturerlebnisgebiet mit zahlreichen Infotafeln umgestaltete. Des Weiteren wurden der Ems- und der Aa-Ableiter angestaut, sodass sich aus ersterem der große und aus letzterem der kleine Stauteich bildete. Über ihre jeweiligen computergesteuerten Wehren kann der Wasserstand den Bedürfnissen der Flora und Fauna entsprechend geregelt werden. 2004 rekonstruierte man – aufgrund eines Mangels an fotografischen Belegen aus Erinnerungen und Überlieferungen heraus – ein Rieselwärterhäschen, und zur Beobachtung der Vögel dient seit einem Jahr später der zwölf Meter hohe hölzerne Aussichtsturm nahe des großen Stauteichs. 2011 wurden zwei Bereiche der Rieselfelder barrierefrei umgestaltet und so hinter dem Rieselfeldhof ein „Naturerlebnis für alle“ sowie nahe des kleinen Stauteichs ein Schilflehrpfad erschaffen.

Seither kommt es immer wieder zu kleineren und größeren naturschutzfachlichen Umgestaltungen des Gebiets, beispielsweise im Jahre 2012, als Brutinseln im großen Stauteich angelegt wurden. Aktuell wird sich mit den Themen Mikroplastik und erhöhtem Verkehrsaufkommen im Gebiet beschäftigt.
nach oben

(Sarina Eßling, LVR-Redaktion KuLaDig, 2021)

Quelle
Freundliche Hinweise von Herrn Dr. Michael Harengerd, 2021.

Internet
www.biostation-muenster.org: Geschichte (abgerufen am 22.09.2021)
www.biostation-muenster.org: Naturerlebnisgebiet und Infoposten (abgerufen am 22.09.2021)
www.biostation-muenster.org: Biologische Station (abgerufen am 22.09.2021)
www.biostation-muenster.org: Der Rieselfeldhof (abgerufen am 22.09.2021)
www.zeit.de: Zeit Online (1983) – Kein Herz für Vögel. Einem Reservat der Natur droht die Vernichtung (abgerufen am 22.09.2021)
www.wn.de: Westfälische Nachrichten (2011) – Wohnen im Rieselmeisterhaus (abgerufen am 22.09.2021)
www.natura2000-meldedok.naturschutzinformationen.nrw.de: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) (2013) – Natura 2000-Nr. DE-3911-401, Vogelschutzgebiet Rieselfelder Münster (abgerufen am 22.09.2021)
www.nsg.naturschutzinformationen.nrw.de: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) (2013) – Naturschutzgebiet Rieselfelder (MS-010) (abgerufen am 22.09.2021)
www.uni-muenster.de: Westfälische Wilhelms-Universität Münster (2018) – WWU-Forscher untersuchen Mikroplastik in den Rieselfeldern (abgerufen am 22.09.2021)

Literatur

LANUV – Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2019)
Vogelschutz-Maßnahmenplan für das EU-Vogelschutzgebiet „Rieselfelder Münster“ DE-3911-401. o. O.
LWL – Landschaftsverband Westfalen-Lippe; LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen (Hrsg.) (2013)
Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zum Regionalplan Münsterland Regierungsbezirk Münster. Kreis Borken, Kreis Coesfeld, Kreis Steinfurt, Kreis Warendorf, Stadt Münster. o. O.
Sauermost, R.; Freudig, D. (Hrsg.) (1999)
Rieselfelder. In: Lexikon der Biologie, Heidelberg.

Rieselfelder Münster

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Coermühle 181
Ort
48157 Münster
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Kein
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde, Naturschutz
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 1901

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt steht unter der freien Lizenz CC BY 4.0 (Namensnennung). Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
Sarina Eßling: „Rieselfelder Münster”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343097 (Abgerufen: 27. März 2025)
Seitenanfang