Samtweberei Scheibler & Co. in Krefeld

vormals Mottau & Leendertz

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege
Gemeinde(n): Krefeld
Kreis(e): Krefeld
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 19′ 31,97″ N: 6° 33′ 33″ O 51,32555°N: 6,55917°O
Koordinate UTM 32.329.940,20 m: 5.688.856,88 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.539.020,07 m: 5.688.012,45 m
  • Samtweberei Scheibler & Co. vormals Mottau & Leendertz (2020)

    Samtweberei Scheibler & Co. vormals Mottau & Leendertz (2020)

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Die Krefelder Eigenwerbung als „Stadt wie Samt und Seide“ benennt es: Das durch die Textilindustrie seit dem 17. Jahrhundert geprägte Krefeld steht nicht nur für die Seidenindustrie als solche, sondern auch für spezielle Verarbeitungsformen. Die ehemalige Samtweberei an der Lewerentzstraße, später auch Plüsch- und Wollstoffweberei, steht exemplarisch für diese Spezialisierungen.

Der erste Bau der Samtweberei an der Ecke der Tannenstraße mit der Lewerentzstraße – damals noch die Oberstraße – entstand um 1880 in einem Quartier südlich des Südwalls. Der 1815 angelegte Stadterweiterungsplan des Adolph von Vagedes (1777 bis 1842) hatte Krefeld seinen signifikanten rechteckigen Umriss mit den vier geraden Wällen gegeben; doch schon im späten 19. Jahrhundert erweiterte sich Krefeld, in südwestlicher Richtung zunächst bis zum heutigen Ring und einer dort verlaufenden Bahntrasse. Repräsentative Plätze, wie der Alexanderplatz und der halbrunde Corneliusplatz, prägten das auch von dem gehobenen Bürgertum bewohnte Quartier, an der Stelle der heutigen Albert-Schweitzer-Schule stand bis zu ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg die 1881 errichtete Webeschule, Ausbildungsstätte auch für viele Nachwuchstextilindustrielle.

Die Samtweberei an der Lewerentzstraße firmierte zunächst unter dem Namen Mottau & Leendertz und bestand aus dem repräsentativen dreigeschossigen Kernbau an der Kreuzung mit der Tannenstraße. Die Gestaltung im Duktus der Neorenaissance mit flachem, kaum sichtbarem Dachabschluss ist durch rotes Sichtmauerwerk mit gelben Klinkerornamenten und Terrakottazier geprägt. Die ruhige Achsgliederung – an der Lewerentzstraße acht, an der Tannenstraße zehn Fensterachsen – ist durch kräftig vortretende Gesimse in der Horizontalen betont, während an jeder Fassade eine zweiachsige Gliederung mit flachen Pilastern in den beiden Obergeschossen und einem Rundbogenfries unter dem Sohlbankgesims des 2. Obergeschosses die geschossweise differenzierte Fensterreihung unterbricht.

Um 1890 wurde die Samtweberei an der Tannenstraße um einen viergeschossigen Anbau erweitert, der die ziegelsichtigen Gestaltungsprinzipien in leicht veränderter Form fortsetzt und seine Nachbarschaft bis heute überragt. Hier wurde eine mechanische Weberei eingerichtet. Zu dieser Zeit dürfte auch die große Halle im Blockinneren entstanden sein, mit einem Kesselhaus an der Garnstraße. Als Inhaber waren 1913 Emil Mottau, Kommerzienrat Friedrich „Fritz“ Leendertz, Ernst Leendertz und Prof. Richard Leendertz genannt – Mitglieder der beiden Gründerfamilien.

Die Familie Leendertz prägte das weitere Schicksal des Fabrikationsgeländes an der heutigen Lewerentzstraße bis in die Nachkriegszeit. In den 1930er Jahren hatte sich Mottau & Leendertz mit dem bedeutenden Krefelder Textilunternehmen Scheibler & Co. (gegründet 1834) verbunden, unter der Leitung von Fritz Leendertz’ Sohn Richard Leendertz (1881-1950). Nach Kriegszerstörung der Scheiblerschen Fabrikationsanlagen wurde der Standort in der Südstadt zum neuen Produktionsstandort; im Krefelder Adressbuch 1950 waren dort die vier Samt- und Plüschwebereien Mottau & Leendertz, Scheibler & Co., Christian Mengen & Co. sowie Rud. Schelleckes & Co. geführt. Für diesen innerstädtischen Neustart erhielt die hofseitige Werkhalle das prägnante Sheddach (als weitgehend stützenfreie Konstruktion). Es entstanden zugleich zwei Neubauten entlang der Lewerentzstraße: 1954 das heutige Torhaus (ehemals Fertigwarenlager und „Expedition“ = Versand), 1959-60 das benachbarte Verwaltungsgebäude. Das ziegelsichtige dreigeschossige Torhaus mit befenstertem Drempel ist als schmuckloses Volumen durch große Fensteröffnungen geprägt, deren Stahlfenster in den beiden Obergeschossen prägnant zurückliegen, im Erdgeschoss mit Hofeinfahrt und verglastem Eingangsbereich.

Das fünfgeschossige Verwaltungsgebäude – heute umgetauft zum Pionierhaus – wurde von dem Krefelder Architekten Josef Janssen (1895-1972) geplant und wirkt durch seine Straßenfassade mit blauen Spaltklinkerbrüstungen und dem Flugdach über dem zurückliegenden Dachgeschoss. Die hofseitige Fassade zeigt eine stärker horizontale Gliederung mit dem erkerartig vorspringenden Fensterband des 2. Obergeschosses.

Nach Aufgabe der Textilproduktion an diesem Standort – zuletzt als Scheibler Peltzer & Co. – überlebte das Ensemble in städtischer Nutzung. Mit der Urbane Nachbarschaft Samtweberei gGmbH, einer Tochter der Bonner Montag-Stiftung, erfolgte in den 2010er Jahren eine Konversion zu einem Wohn- und Gewerbeobjekt, das seither umfassende Beachtung gefunden hat – auch durch die besonderen sozialen Zielsetzungen der Stiftung, die in das umgebende Viertel hineinwirken sollen.

Hinweis
Das Objekt „Samtweberei Scheibler & Co.“ ist ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalliste der Stadt Krefeld, Nr. 130).

(Stephan Strauß, Historische Bauwerke GbR, 2020)

Quelle
Stadtarchiv Krefeld: Zeitungsausschnittssammlung, Sign. 46/196: Neue Rhein-Zeitung 31.12.1958, Nr. 1 und Westdeutsche Zeitung 24.6.1960

Internet
www.krefeld.de: Denkmalliste der Stadt Krefeld (Stand: 07.2021) (PDF-Dokument, 1 MB, abgerufen 16.12.2021)

Literatur

Fröhlich, Nadja (2019)
Leben und Werk des Krefelder Architekten Josef Janssen (1895-1972). In: Denkmalpflege im Rheinland, Jg 36, S. 16-28, o. O.
Wesenberg, Rudolf; Verbeek, Albert (1967)
Die Denkmäler des Rheinlandes. Krefeld 1. Band Stadtmitte. S. 51, Düsseldorf.
(1952)
Nachruf Richard Leendertz 1881-1950. In: Die Heimat Jg. 23, S. 61-62, o. O.

Samtweberei Scheibler & Co. in Krefeld

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Lewerentzstraße 104
Ort
47798 Krefeld
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Denkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1880

Empfohlene Zitierweise

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Stephan Strauß: „Samtweberei Scheibler & Co. in Krefeld”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-330548 (Abgerufen: 27. April 2024)
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