Architektur des Bahnhofs
In vielen Fällen waren die aus einer klassizistischen Bautradition stammenden Empfangsgebäude der Bahnhöfe dieser Zeit mit einem Mittelrisalit und einer dahinter sich erstreckenden Schalterhalle ausgebildet. Die Bahnhöfe in Kempen und Kleve sind gute Beispiele dafür. Der Krefelder Nordbahnhof weicht von diesem weit verbreiteten Schema ab. Der Baukörper ist asymmetrisch geformt mit einem zur Straße hin schmal gehaltenen Giebel im Süden, einem eingeschossigen, traufständigen Zwischenbau und einem Querflügel im Norden mit breit gelagertem Giebel. Statt einer durchlaufenden Fluchtlinie sind diese drei Gebäudekörper gegeneinander versetzt angeordnet: Der nördliche springt am stärksten zur Straße nach vorn, der Mitteltrakt rückt nach hinten und der zweigeschossige Baukörper im Süden wieder nach vorn. Auch der Hauptzugang liegt nicht axial im Mitteltrakt, sondern lehnt sich, erschlossen über eine vierstufige Treppe, an den nördlichen Seitengiebel an. In dieser Gliederung der Gebäudekörper spiegelt sich nicht mehr der Klassizismus, sondern die schon seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkeimenden Ideen der Neugotik. Dargestellt wird damit aber auch die weit verbreitete Nutzungsaufteilung solcher Empfangsgebäude mit mittiger Schalterhalle, Wartesälen (vermutlich im Nordtrakt) und den wohl im zweigeschossigen Südflügel untergebrachten Wohnräumen des Stationsvorstehers.
Noch in Sinne des Klassizismus sind die Fassaden einheitlich verputzt und mit einem Netz von Scheinfugen überzogen. Die durchweg rundbogigen Öffnungen für Fenster und Haupteingangstür, wie auch die kleinen Rundfenster in den Giebeln der beiden Seitentrakte deuten noch auf die beim Eisenbahnbau so lange gültigen Regeln des Spätklassizismus an. Auffällig und in dieser Form ungewöhnlich sind die breiten, knapp vor die Wandflächen vortretenden Fensterumrahmungen. Zeittypisch hingegen sind die profilierten Endstücke der Pfetten und Sparren unter den deutlich vorspringenden Dächern.
Umfunktionierung des ehemaligem Bahnhofgebäudes
Wie so viele andere Bahnbauten verkam auch der Nordbahnhof durch Mindernutzung und Leerstand nach Betriebseinstellung der Krefelder Eisenbahn AG 1952. Nach umfangreicher Restaurierung entstand im Empfangsgebäude 1991 ein Restaurant mit Brauhausambiente. Von der historischen Innenaufteilung blieben nur wenige Spuren. Die Baukörpergliederung macht sich im Inneren aber durch unterschiedliche Deckenhöhen und die fantasievolle Deckengestaltung durch den Krefelder Künstler Klaus Peter Noever bemerkbar. So ist der Mitteltrakt durch eine Art Holzgewölbe nach der Art historischer Personenzugwagen gestaltet.
Die auf dem Bahnsteig stehende Überdachung mit wunderschön schlanken Gusseisenstützen, leichten Dachbindern und Glaseindeckung stammt vom Kempener Bahnhof und wurde mit der Restauranteröffnung 1991 hierher versetzt. Ein heute für Familien- und Gruppenveranstaltungen dienender Lokschuppen ergänzte 2001 das Ensemble. In einem Neubau von 2018 braut der das Restaurant betreibende Gastronom eine eigene Biermarke, das nach dem noch heute für touristische Zwecke auf den Gleisen der Nordbahn unter dem Namen „Schluff“ verkehrenden Dampfzug Schlüffgen getauft wurde.
Baudenkmal
Das Objekt „Nordbahnhof“ ist seit dem 6.2.1997 ein eingetragenes Baudenkmal (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Datenbank-Nr. 32213 / Denkmalliste der Stadt Krefeld, laufende Nr. 757).
(Walter Buschmann, Institut. Industrie-Kultur-Geschichte-Landschaft, 2021)
Internet
rheinische-industriekultur.com: Nordbahnhof Krefeld (abgerufen 05.03.2021)
www.krefeld.de: Denkmalliste der Stadt Krefeld (Stand: 07.2021) (PDF-Dokument, 1 MB, abgerufen 16.12.2021)