Der Begriff „Fraternei“ leitet sich aus dem lateinischen „frater“ für „Bruder“ ab und bezeichnet somit den „Brüdersaal“. Die Fraternei ist um 1240-50 entstanden und wurde von den Mönchen für die häusliche Arbeit genutzt. Anfangs diente die Fraternei vor allem dem Bücherkopieren durch die Chormönche. Vor der Erfindung des Buchdrucks waren in erster Linie die Klöster das Zentrum der Weitergabe von Wissen und der Vervielfältigung von Büchern (Scriptorien).
Bereits im 15. Jahrhundert wurde die Fraternei teilweise als Weinkeller genutzt. Ab dem Anfang des 18. Jahrhunderts wurden in der Fraternei die edelsten Weine der Mönche eingelagert. 1730 wird der Cabinetkeller zum ersten Mal erwähnt. Die Verkäufe aus dem Cabinetkeller konnten vor allem in ertragsschwachen Jahren fehlende Einnahmen auffangen. Die noch erhaltenen Rechnungen und Verkaufsdokumente geben Aufschluss über die zum Teil sehr bekannten Käufer und damit auch auf die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Weinen.
Die zweischiffige, von Kreuzgewölben überspannte Fraternei wird heute als Veranstaltungsort genutzt. Alte Weinfässer demonstrieren die einstige Nutzung als Weinkeller. Der Teil des Kellers, indem Weine seit dem 18. Jahrhundert gelagert werden, ist durch einen eigenen Eingang mit Gittern abgetrennt und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Auch heute noch werden hochwertige Weine aus jedem Jahrgang der Staatsweingüter Kloster Eberbach im Cabinetkeller gelagert. Bei einer jährlichen Weinversteigerung werden Weinflaschen verschiedener Jahrgänge aus dem Cabinetkeller versteigert.
Bedeutung für die Weinbaugeschichte des Rheingaus
Die seit dem 18. Jahrhundert eingelagerten Weine, der älteste von 1712, geben Aufschluss über den Weinbau und den Verkauf von Wein der ehemaligen Zisterzienserabtei Kloster Eberbach im Rheingau. Zudem prägten die Eberbacher Mönche das Qualitätsverständnis der Weine und die späteren Qualitäts- und Lagebezeichnungen. Ähnliche Cabinetkeller wurden im 18. Jahrhundert im Schloss Vollrads und im Schloss Johannisberg errichtet.
(Madeleine Weyand, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2020)
Internet
kloster-eberbach.de: Cabinetkeller (abgerufen 07.04.2020)
de.wikipedia.org: Kloster Eberbach (abgerufen 07.04.2020)