Kupferhof Unterster Hof

Hof Bleibtreu

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Stolberg (Rhld.)
Kreis(e): Städteregion Aachen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 46′ 48,83″ N: 6° 13′ 11,98″ O 50,78023°N: 6,21999°O
Koordinate UTM 32.304.023,32 m: 5.629.070,91 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.515.559,86 m: 5.627.221,23 m
1612 gründeten Franz Östlinger (Ostländer) und Servaes von der Weiden gemeinsam den Kupferhof „Unterster Hof“. Zu Beginn wurden zwei an der Giebelseite angrenzende Mühlengebäude mit jeweils zwei Wasserrädern und drei Hämmern zum Austreiben von Kupfer bzw. Messing errichtet. Das Los entschied, dass von der Weiden die beiden oberen Räder und Östlinger die beiden unteren bekam.
Der Name des Hofes ist auf seine geographische Lage zurückzuführen: Er liegt in Fließrichtung als letzter Hof im Vichtbachtal, kurz vor der Mündung der Vicht in die Inde. Über den Ellermühlenteichlauf konnten die Wasserräder angetrieben werden (www.stolberg-abc.de, Unterster Hof / Die Unterstadt; Schleicher 1974, S. 26).

Geschichte des Produktionsstandortes
In den 100 Jahren nach der Gründung des Kupferhofes waren sowohl der von der Weidener als auch der Östlinger Anteil mehrfach an andere namhafte Kupfermeisterfamilien (unter anderem Schleicher, Peltzer, Hoesch) verkauft oder versteigert worden. Weitere 50 Jahre später, im Jahr 1765, übernahm Matthias Schleicher den Östlingerschen Teil der Produktionsstätte und brachte somit den gesamten Kupferhof in vollständigen Besitz der Familie Schleicher (Brecher 1990, S. 27). Diese bauten um 1850 den Untersten Hof zum Stammsitz der Familie aus und verliehen ihm seine heutige Form (www.stolberg-abc.de, Unterster Hof).

Im 19. Jahrhundert sahen sich die Kupfermeister mit der Industrialisierung und somit großen technologischen Veränderungen in der Messingherstellung konfrontiert. So wurde das Galmeierz durch die Nutzung elementaren/metallischen Zinks ersetzt, wodurch dem Stolberger Vichtbachtal der wichtigste Standortfaktor verloren ging. In Folge dessen spezialisierte sich die Kupfermeisterfamilie Schleicher, insbesondere durch Matthias Ludolf Schleicher, am Untersten Hof auf die Verarbeitung von Messing - Halbzeug, d.h. Bleche, Drähte, Röhren (www.stolberg.de).
Im Zuge dessen verlagerte auch der Kupfermeister Johann Matthias Eduard Schleicher, Sohn von Matthias Ludolf, 1873 seine Produktion mit Gießerei und Walzwerk aus dem Stolberger Stadtteil Atsch an den Untersten Hof. Das Tor der dazu errichtete Produktionshalle wurde mit dem Schriftzug „Ältestes Messingwerk der Welt“ verziert. Das Signet ist heute noch an der Südseite der alten Produktionshalle zu betrachten (Schleicher 1974, S. 86).
Die Investitionen in den Hof und das Beibehalten des Standorts als Stammsitz der Familie Schleicher, trotz massiver Veränderungen der Industrialisierungsprozesse und zunehmendem Niedergang der Stolberger Messingindustrie, brachten dem Kupferhof den Beinamen „Bleibtreu“ ein (www.stolberg-abc.de, Unterster Hof).
Ab den 1930er Jahren beherbergten die Produktionsgebäude die Stolberger Metallwerke, die aus einem Zusammenschluss der Firma Schleicher mit der Stolberger Metallfirma „Von Asten & Lynen“ entstand (www.aachener-zeitung.de).

Gebäudearchitektur und Parkanlage
Zur Zeit seiner Gründung entsprach der „Unterste Hof“ nicht der typischen geschlossenen, festungsähnlichen Bauform anderer Kupferhöfe. Neben der in sich geteilten Produktionsstätte mit je zwei Mühlen befand sich noch ein von Servas von der Weiden gebautes Wohnhaus (www.stolberg-abc.de, Unterster Hof / Die Unterstadt).

Die Gebäude, die ihn heute als geschlossene Anlagen wirken lassen, wurden vorwiegend Mitte des 19. Jahhunderts und Anfang des 20. Jahrhundert erbaut. Das Herrenhaus wurde 1848 durch Eduard Schleicher angelegt (Brecher 1990, S. 51). Sein Sohn, Emil Schleicher, ließ um 1900 die Jugendstilgalerie, die ein Fries mit Wappen der für den Standort bedeutenden Kupfermeister trägt, sowie zwei zwiebelförmige Turmhelme, die im Verlauf des Zweiten Weltkriegs vernichtet wurden, erbauen. Zur gleichen Zeit wurde auch der repräsentative Landschaftsgarten des Geländes wieder begrünt. Der Park sowie der umgebende Wald waren vorher in Folge von Umweltverschmutzung durch die Zinkhütte Münsterbusch zerstört worden (de.wikipedia.org). 1938 wurde das Mühlengebäude erneuert und ist bis heute vorhanden. Auch der Ellermühlenteichlauf ist heute noch erkennbar.

Baudenkmal
Im Jahr 1984 wurde der Kupferhof als Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen (Baudenkmalliste Stolberg, Denkmallisten-Nr. 174/16/03/41/305).

(Katrin Prost, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2019)

Internet
www.aachener-zeitung.de: Schmuckstück: Das frühere Walzwerk an der Eisenbahnstraße (aufgerufen 05.02.2019)
www.stolberg.de: Kupferhof „Bleibtreu“ (aufgerufen 05.02.2019)
www.stolberg-abc.de: Unterster Hof (aufgerufen 05.02.2019)
www.stolberg-abc.de: Die Unterstadt (aufgerufen 05.02.2019)
de.wikipedia.org: Unterster Hof (aufgerufen 05.02.2019)

Literatur

Brecher, August / Stolberger Heimat- und Geschichtsverein (Hrsg.) (1990)
Geschichte der Stadt Stolberg in Daten. (Beiträge zur Stolberger Geschichte und Heimatkunde.) Aachen.
Schleicher, Karl (1974)
Geschichte der Stolberger Messingindustrie. Stolberg (Rhld.).

Kupferhof Unterster Hof

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Eisenbahnstraße
Ort
52222 Stolberg - Unterstolberg
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Denkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1612

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
Katrin Prost (2019): „Kupferhof Unterster Hof”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-290103 (Abgerufen: 23. April 2024)
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