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Das Bild zeigt die katholische Kirche St. Josef in Remscheid von Südwesten, Blick auf Hauptportal und Kirchturm (2018).
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Klaes, Holger / klaes-images.de
Fotograf/Urheber:
Holger Klaes
Medientyp:
Bild
„Modern“ ist ein schillernder kunsthistorischer Begriff. Abgeleitet vom lateinischen „modo“, also „jetzt“, beschreibt er, was in der jeweiligen Gegenwart aktuell ist. Moderne Architektur ist immer die neue Architektur ihrer jeweiligen Zeit – oft unerwartet und als neuartig empfunden. So darf man sich z. B. den Eindruck vorstellen, als seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in Köln der Neubau des Doms in gotischen Formen emporwuchs. Diese Formen waren in Frankreich schon 100 Jahre früher entwickelt worden, bevor sie ins Rheinland gelangten. Gotische Bauten würden heute nicht mehr als modern bezeichnet, viel Modernes ist seitdem gekommen und gegangen. In Remscheid wurden 1904 Planungen für eine neue katholische Kirche begonnen, um den Süden der wachsenden, protestantisch geprägten Stadt seelsorgerisch zu betreuen und ein nicht nur städtebauliches Zeichen zu setzen. Bislang war die zentral gelegene Kirche St. Suitbertus für ganz Remscheid zuständig gewesen. Im Juli 1914 war Baubeginn. Moderner Kirchenbau erfolgte zu dieser Zeit in traditionellen Formen - besonders der Sakralbau blieb auch Anfang des 20. Jahrhundert dem Historismus des 19. Jahrhunderts verbunden: Die Statuten des Erzbistums Köln hatten dies noch 1912 festgeschrieben. Die ursprünglichen Pläne des Lenneper Architekten Otto Christ (1883-1963) sahen einen Bau in neuromanischen Formen vor, von dem gezeichnete Ansichten überliefert sind. Traditionell war die Gesamtanlage als Wegekirche aus Bruchstein und Putz geprägt, mit malerischer, asymmetrischer Gruppierung und einer reichen Dachlandschaft. Neuartig waren Merkmale wie der breit gelagerte Kirchenraum (die für diese Zeit zunehmend zu beobachtende Tendenz zu Aufgabe von Seitenschiffen) und die Reduktion des Ornaments. Als am 3. August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden die Bauarbeiten eingestellt. Erst 1925 konnte das Vorhaben fortgesetzt werden. Modern war im Sakralbau nunmehr der Neubarock, den auch der Kölner Erzbischof Kardinal Schulte (1871-1941, ab 1920 Erzbischof von Köln) bevorzugte – vielleicht als Reminiszenz an den bergischen Barock. Eine andere Moderne machte jedoch in diesen Tagen ebenfalls von sich reden: die Neue Sachlichkeit bzw. das Neue Bauen, eine Gestaltungsrichtung, die radikal mit der Tradition brechen wollte. Der Erste Weltkrieg hatte die Gesellschaft erschüttert und reformerisch eingestellten Kräften Auftrieb gegeben. Alles sollte „neu“ werden, auch die Architektur. 1917 gründete sich in den Niederlanden die Bewegung „De Stijl“, 1919 entstand in Deutschland das Bauhaus – nur zwei Beispiele für die Organisation neuer Künstler- und Architektenschulen. Auch wenn in der Realität nicht plötzlich alles neu wurde: Die Ideen, für die Architekten wie Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe standen, setzten sich doch langsam durch und hinterließen im Schaffen vieler anderer ihre Spuren, auch in Remscheid. Nach zehn Monaten Bauzeit wurde die Kirche am 16. Dezember 1928 eingeweiht. Otto Christ hatte dafür völlig neue Pläne vorgelegt. Merkmale der Bautradition sind nach wie vor vorhanden. Doch vieles ist anders und neuartig im Sinne des Neuen Bauens geworden: Die Kirche zeigt sich als Komposition aus kubischen Bauteilen, ist in ihrem Ornament äußerst reduziert, von weißen glatten Putzflächen bestimmt, insgesamt von Nüchternheit und Klarheit geprägt. St. Josef ist keine „Bauhaus-Architektur“, zeigt aber den Einfluss des Bauhauses und anderer Schulen des Neuen Bauens und stellt ein interessantes Dokument in der Diskussion um Modernität dar.
(Martin Bredenbeck, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V., 2018)
Literatur
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.) (2018)
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