Der römische Soldat wollte auch in entfernt liegenden Provinzen so unterhalten werden, wie er es aus Rom kannte. Durch zeitgenössische Schilderungen und Verfilmungen – man denke nur an den Film Ben Hur – sind wir recht genau über die teilweise grausamen „Unterhaltungsprogramme“ unterrichtet. Und so entstanden die Amphitheater in Xanten und Birten. Das Birtener war in einer Holz-Erde-Bauweise errichtet worden und fasste etwa 6.000 Besucher, das steinerne in Xanten sogar 12.000. Es hat die Form einer Elipse und ist 98 mal 84 Meter groß. Die Ränge bestanden aus angeschütteten Erdwällen, die zur Arena hin durch etwa einen Meter breite Mauer aus Holz und Erde abgetrennt war.
Diese Arena gilt als der Ort, an dem der Heilige Viktor sein Martyrium erlitten hat. Schon der bekannte Geschichtsschreiber Gregor von Tour berichtet, dass Kölner Bischof Eberegisel in Birten eine Basilika gebaut hat und dort auch Reliquien des Märtyrers Viktor begraben wären. Dass die mündliche Überlieferung an die Heiligengeschichte noch vor weniger als hundert Jahren lebendig war, zeigt beispielhaft die Aufzeichnung einer Sage im Jahr 1936 eines damals sechzigjährigen Mannes aus Bislich: „Da sind jetzt Leute, die sagen, das sei eine germanische Opferstätte gewesen; früher hörten wir, daß es ein römisches Theater war. Hier erzählt man sich so: Wo jetzt das Victorsloch ist, war früher ein Hügel. Da hat man den heiligen Victor gequält. Da hat er zuletzt sein Schwert gezogen und damit ein Kreuz über den Berg gemacht. Da barst der Hügel in vier Teile auseinander. Das sind jetzt die Eingänge zum Theater.“ Diese Erzählung ist ein schönes Beispiel für die Vermischung historischer Gegebenheiten, forschungsgeschichtlicher Ansätze und mündlicher Erzähltradition.
Seit 1924 wird das Amphitheater als Freilichtbühne für Schauspiele und Musikdarbietungen – und inzwischen auch für Comedies – genutzt.
(Stefan Kronsbein, erstellt in Kooperation mit der Biologischen Station im Kreis Wesel e.V. im Rahmen des Projektes „Verborgene Schätze inklusiv“. Ein Projekt des LVR-Netzwerks Landschaftliche Kulturpflege, 2016)