In den Jahren nach 1356 wurde Wellmich dann befestigt. Mauertechnik (Schieferbruchsteinbau mit gelegentlichen Einlagen von Taunusquarzit in sorgsamer lagerhafter Schichtung) und Einzelformen sind sowohl der Burg Maus wie auch der katholischen Pfarrkirche St. Martin verwandt und bestätigen die gleiche Entstehungszeit.
Der Verlauf des Mauerringes – ein ziemlich regelmäßiges Viereck - ist aus den erhaltenen Resten und aus den heutigen Grundstücks- und Parzellengrenzen rekonstruierbar.
An der Ostseite zur Burg hin verlieren sich die Enden der Wehrmauer im felsigen Steilhang. An der Nordostseite des Stadtteiles durchschneidet die Mauer senkrecht das Wellmicher Tal (ehemals gab es je eine Öffnung für Straße und Bach), biegt dann an der westlichen Talhangseite rechtwinklig nach Südwesten zum Rheintal ab, verspringt dann am ehemaligen Prather Tor, bevor sie in leichter Ausschwingung bis zur Marktpforte (Kesterer Tor) verläuft. Rheinseitig hielt sich die Mauer parallel zum Strom, überbrückte den Wellmicher Bach und verlief in einem senkrecht angesetzten Schenkel hinauf zur Weinbergspforte in Richtung der Burg Maus. Durch dieses Mauersystem war es möglich, die Rheintal- und die Wellmicher Talstraße vollständig abzuriegeln.
Die Absicherung des Wellmicher Tales schien dem Landesherren besonders wichtig gewesen zu sein, da die Neumarktspforte (hier befindet sich auch der Flankenturm des ehemaligen Nordtores) erheblich stärker befestigt war als die Marktpforte. Der strategisch-politische Sinn dieser Ortsumwehrung war daher in erster Linie eine strategisch-militärische Abriegelung des Zuganges durch das Wellmicher Tal vom Taunus zum Rhein. Nur von sekundärer Bedeutung war hingegen die Funktion der Wehrmauer als Befestigung einer neu gegründeten Stadt.
Die durchschnittliche Höhe der Mauer betrug bis zum Ansatz des Wehrganges durchschnittlich 7-9 Meter. An der Innenseite war bzw. ist sie von runden Bogenblenden aufgegliedert. Die durchschnittliche Mauerstärke betrug bei den Blenden 1,10 Meter, bei den Zwischenpfeilern 1,70 Meter. Der Wehrgang kragte an der Innenseite über versetzt vorspringenden Schieferplatten vor.
An dem quadratischen Flankenturm des ehemaligen Nordtores (Dalheimer Tor) der Stadtbefestigung (gelegen zwischen Bachstraße 23 und 25) sind lediglich die Laibung sowie der Bogenansatz des Torbogens der Neumarktspforte erhalten. Das Straßenniveau liegt heute etwa 1-2 Meter höher als noch im Mittelalter.
Der Turm hat bei einer Seitenlänge von 6,80 Meter eine Mauerstärke von 1,70 Meter und springt nach außen um ca. 1,10 Meter über die Fluchtlinie der Wehrmauer vor. Er flankierte also die Tordurchfahrt. Das von einem Tonnengewölbe überspannte Erdgeschoss ähnelt einem Verlies und war ursprünglich nur durch eine kleine viereckige Gewölbeöffnung zugänglich (heute eine massive Holztür von der Straße mit kleinem Fenster, dieses durch ein Lochblech verschlossen, der Türbogen ist mit Backstein ummauert) (siehe Bild 1). Der derzeit nicht zugängliche obere Teil des Turmes ist stark zerfallen. An der Straßenseite kragt eine flache, halbkreisförmige Nische über einer Schieferplatte und zwei erneuerten Basalt-Konsolsteinen aus. Sie stammt vermutlich von einer ehemaligen inneren Wendelstiege.
Die zum Bach hin anschließende Wehrmauer ist auf einer Länge von 4 Meter und einer Höhe von etwa 7-8 Meter noch erhalten. Die Bachüberbrückung ist verschwunden, jenseits des Baches jedoch ist die Fortsetzung der Mauer in Resten, einschließlich der rechtwinkligen Abknickung, noch sichtbar.
Der Turm befindet sich heute im Privatbesitz der Bewohner von Bachstraße Nr. 21 (eine ehemalige Bäckerei) und fungiert seit Jahren lediglich als Abstellraum, auch für die Bewohner von Bachstraße Nr. 25.
Baudenkmal
Das Objekt Flankenturm des ehemaligen Nordtores (Dalheimer Tor) der Stadtbefestigung in St. Goarshausen-Wellmich ist ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalverzeichnis Rhein-Lahn-Kreis, S. 50).
(Alexander Gantner, Universität Koblenz-Landau, 2015)