Denkmalbereich „Frankenberger Viertel“ in Aachen-Burtscheid

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Aachen
Kreis(e): Städteregion Aachen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 46′ 7,88″ N: 6° 06′ 22,7″ O 50,76886°N: 6,10631°O
Koordinate UTM 32.295.960,74 m: 5.628.113,86 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.507.543,51 m: 5.625.938,02 m
Lage
Das Frankenberger Viertel liegt im Südosten des Stadtkerns von Aachen unmittelbar vor dem äußeren Stadtbefestigungsring im Umkreis der auf einem Hügel gelegenen mittelalterlichen Burg Frankenberg. Das Areal gehörte bis zum Zusammenschluss mit der Stadt Aachen 1897 zur Stadt Burtscheid. Zwei heute unterirdisch kanalisierte Bäche, im Osten der Beverbach und westlich von Burg Frankenberg der Gillesbach, durchzogen das ehemals landwirtschaftlich genutzte Gelände. Die Bahnlinie Köln-Aachen ist die südliche Grenze.

Geschichte
Während in Aachen die Haupterwerbsquellen der Bürger bis weit ins 19. Jahrhundert hinein Landwirtschaft, Handel und Kleingewerbe waren, das Kur- und Badeleben sich seit dem 18. Jahrhundert zu einem Anziehungspunkt und Wirtschaftsfaktor entfaltete, stießen vor allem die aufstrebende Industriezweige, insbesondere Nadel- und Tuch-, aber auch Maschinenbauindustrie eine enorme wirtschaftliche Entwicklung an. Der damit einhergehende Zuzug von Arbeitskräften hatte einen explosionsartigen Anstieg der Einwohnerzahl und einen ebenso hohen Bedarf an Wohnraum zur Folge. So begann ab 1868 jenseits der Stadtbefestigung mit dem Rehm-, dem Steffens- und dann mit dem Viktoriaviertel im Osten der Stadt, nördlich der Burg Frankenberg, eine rege Bautätigkeit.

Die preußische Regierung erstellte - ohne große Mitsprache durch die Stadt Aachen - Bebauungspläne in Form von Baufluchtlinien. Ergebnis waren schematisch sich rechtwinklig kreuzende Straßen und Hauptverkehrszüge, die sich an den vorhandenen Ausfallstraßen vor den Toren orientierten. Erst das preußische Fluchtliniengesetz von 1875 verlieh den städtischen Verwaltungen mit dem Recht zur Fluchtlinienfestsetzung auch die Rechte zur Enteignung und zum Einbeziehen von Straßenbaukosten, so dass die Städte dann eigenständig die Bebauungspläne als stadtgestalterisches Instrument einsetzen konnten.
1872 hatte die Aktiengesellschaft Frankenberg die Burg und das umliegende Terrain erworben. Sie sorgte für die Erschließung, Parzellierung, teilweise auch für die Bebauung, vor allem aber für den Verkauf von bebauten oder unbebauten Grundstücken. Der Bebauungsplan von 1873 wies mit Baublockbreiten von bis zu 110 Metern und mit bis zu 30 Meter breiten Straßen einen großzügigen Charakter auf. So waren beispielsweise Kaiserallee (Oppenhoffallee) und Viktoriaallee in ein Trottoir, einen Sommerweg (für Reiter) und eine Baumallee in der Mitte gegliedert.
In dem Viertel mit ländlich villenartigem Charakter waren als öffentliche Bauten zunächst lediglich eine Kirche mit Pfarrhaus und eine Schule vorgesehen.
Nach zähen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Kommunen Burtscheid und Aachen konnte die Realisierung das Projekt schließlich im ausgehenden 19. Jahrhundert begonnen werden. Bauherren waren überwiegend Leute höheren Standes, die für den eigenen Bedarf bauten: Offiziere, Fabrikanten, Kommerzienräte, Ärzte und Rechtsanwälte, aber auch Bauunternehmer, die im Sinne einer Spekulation Parzellen auf Vorrat kauften, bebauten und zum Verkauf anboten. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs war das Viertel noch nicht vollständig bebaut.

Beschreibung
Die Kaiserallee (heute Oppenhoffallee) ist als gerade Straße der nördliche Abschluss. Sie bildet mit der kreuzenden Viktoriaallee ein Achsenkreuz. Die übrigen Straßen zweigen weitgehend rechtwinklig ab.
Burg Frankenberg mit dem umgebenden Park ist der Identität stiftende Mittelpunkt des Viertels. Der Neumarkt ist als öffentlicher Platz ein weiteres städtebaulich gliederndes Element. Die beiden Kirchen, die katholische Herz Jesu Kirche im Süden, ovalförmig eingefasst von der Viktoriaallee, und die evangelische Dreifaltigkeitskirche im Westen, markieren als Solitäre in Kubatur und architektonischer Ausprägung jeweils den Rand des Viertels. Die Herz Jesu Kirche entstand zwischen 1908 und 1910 nach Entwurf des Architekten Josef Kleesattel, die Dreifaltigkeitskirche 1891 bis 1899 nach den Plänen Heinrich Reinhardts; nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erfolgte ihr Wiederaufbau 1955 nach Entwurf des Architekten Balduin Leo von Schartzenberg.

Das Viertel setzt sich aus Blockrandbebauung mit drei- und viergeschossigen, drei- und vierachsigen Wohnhäusern in geschlossener Bauweise auf gleichmäßiger Parzellierung zusammen. Es sind vorwiegend Häuser des gehobenen Wohnstandards, Einfamilien- und Mietshäusern, reich verziert im Stil des Neobarocks, der Neorenaissance, Neogotik, des Historismus und des Eklektizismus. Nach 1900 bis zum Ersten Weltkrieg ergänzen Gebäude mit den typischen Merkmalen des Jugendstils den Bestand. Rückwärtig schließen etwa in der halben Hausbreite Nebengebäude an, Höfe und Gärten stoßen in den Blockinnenbereichen zu einer großen Hoffläche aneinander. Vereinzelt sind Relikte von Gewerbebetrieben an den Bachläufen erhalten.
In späterer Zeit erfolgte die Schließung der Zeilen durch schlichtere Bauten im Stil der neuen Sachlichkeit und der von Zweckmäßigkeit bestimmten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Ausweisung eines Denkmalbereiches wäre sinnvoll, um - ergänzend zu der hohen Zahl der Einzeldenkmäler - das nach einem Plan errichtete und in sich geschlossene Wohnviertel als ein städtebauliches Ganzes zu erhalten. Außerdem könnte ein Denkmalbereich die einheitlichen Grundsätze der Zeit der Errichtung aufgreifen, um die historisch geprägte Form und Gestalt zu festigen. Schutzgegenstände eines Denkmalbereiches wären dann: der planmäßige städtische Grundriss aus Straßenführung, Straßenbreite, Platzbildung, Parzellierung, Verhältnis und Lage der bebauten Flächen zu den unbebauten Flächen, die Bausubstanz insgesamt in ihrer Gleichmäßigkeit mit den die Gesamtheit prägenden Merkmalen, die rückwärtigen Freiflächen, die durch das Aneinanderstoßen großzügige Blockinnenbereiche mit eigenem Charakter und hoher Wohnqualität bilden. Typische und erhaltenswerte Blickbezüge sind die Blicke entlang der Straßenzeilen und durch die Straßenräume, zum Teil auf markante Sonderbauten wie die Herz Jesu Kirche oder Burg Frankenberg.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2020)

Hinweis
Das Frankenberger Viertel ist wertgebendes Merkmal des Kulturlandschaftsbereichs „Bahnhofsviertel, Frankenberger Viertel, Ostviertel“ (Regionalplan Köln 098).

Literatur

Monasterios, Erika; Kommer, Nicole (o.J.)
Historische Ortsanalyse und erhaltende Satzung des „Frankenberger Viertel“ in Aachen. Arbeit im Fach „Historische Ortsanalyse und erhaltende Satzungen für historische Bereiche“ an der Fachhochschule Köln. (Fakultät Architektur, Dozent Heinrich Walgern - Winter Semester 2005/06.) o. O.
Osteneck, Volker (Bearb.) / Landeskonservator Rheinland (Hrsg.) (1977)
Denkmälerverzeichnis I.1, Aachen, Innenstadt mit Frankenberger Viertel. Köln.
Precht von Taboritzki, Barbara / Mainzer, Udo (Hrsg.) (1996)
Beispiel 8, Frankenberger Viertel in Aachen. In: Die Denkmallandschaften. Ensemble, schützenswerte Gesamtheit, Denkmalumgebung, (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege, 47.) S. 131-134. Köln.
Ruhnau, Peter (1983)
Das Frankenberger Viertel in Aachen. eine Terrain-Gesellschaft der Gründerzeit betreibt Städtebau. In: Stadterweiterungen 1800 - 1875 : von den Anfängen des modernen Städtebaus in Deutschland ; [Ergebnisse eines 1. Kolloquiums zur Planungsgeschichte, das mit Unterstützung und in den Räumen der Werner-Reimers-Stiftung in Bad Homburg vom 7. - 10.12.1981 stattfand], S. 235-251. o. O.

Denkmalbereich „Frankenberger Viertel“ in Aachen-Burtscheid

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Oppenhoffallee 74
Ort
Aachen - Burtscheid
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt steht unter der freien Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 (Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung). Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
Elke Janßen-Schnabel: „Denkmalbereich „Frankenberger Viertel“ in Aachen-Burtscheid”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-91366-28102020-324104 (Abgerufen: 7. Mai 2024)
Seitenanfang