Am nordwestlichen Rand der niederrheinischen Bucht erstreckt sich in flachwelligem bis ebenen Gelände die so genannte Erkelenzer Börde, eine fruchtbare Lößplatte, die naturräumlich wiederum den nördlichen Teil der größeren „Jülicher Börde“ ausbildet. Hier – nur wenige Kilometer südlich der Stadt Erkelenz, an einem ehemaligen Nebental der Rur gelegen – befindet sich der Ort Tenholt.
Geschichte
Die Geschichte des Ortes geht zurück bis ins hohe Mittelalter. Während des 12. und 13. Jahrhunderts wurden durch Rodung der ursprünglich bewaldeten Gegend die fruchtbaren Lößlehmböden der Erkelenzer Börde sukzessive für den Ackerbau urbar gemacht. In dem neu geschaffenen Siedlungsraum entstand in Abhängigkeit zur Stadtgemeinde Erkelenz das Dorf Tenholt. Die Landwirtschaft blieb in der Erkelenzer Börde bis Ende des 19. Jahrhunderts hinein die wichtigste Daseinsgrundlage. Angebaut wurde vor allem Flachs. In den 1880er Jahren etablierte sich in Tenholt das Schustergewerbe als neuer Erwerbszweig. Bs heute befindet sich hier eine Schuhfabrik zur Herstellung exklusiver Reitstiefel. 1814 wurde eine eigene Dorfschule gegründet, die – 1835 in einen Hof in der Dorfmitte verlegt – bis zu ihrer Schließung im Jahr 1965 fortbestand. Einen wichtigen Einschnitt in der Ortsgeschichte stellte der Bau der Eisenbahnlinie Aachen-Düsseldorf im Jahr 1852 dar, dessen Trasse bis heute den Ort Tenholt an seiner Ostseite tangiert. Die heutige Kirche des Ortes wurde 1863 an Stelle einer älteren, auf um 1600 datierten Kapelle erbaut und 1897 durch ein Pfarrhaus erweitert.
Charakteristik
Der Ort Tenholt ist ein typischer Vertreter der Siedlungsform des Angerdorfes. Hervorgegangen aus den historisch älteren Formen des Rundlings- und des Straßendorfes ist dieser Typus im Rheinland eher selten vertreten. In Tenholt jedoch ist seine charakteristische Form ausgesprochen gut überliefert: Die nördlich von Erkelenz kommende Straße spaltet sich am Dorfeingang trichterförmig in zwei Arme auf, die sich am Ortsausgang wieder vereinen und so eine langgestreckte, unbebaute, ovale Freifläche in der Mitte des Dorfes aussparen – den Anger. Topografisch in einer kleinen Talsenke gelegen, wurde dieser Platz traditionell als Obstwiese, Viehweide oder Festplatz genutzt, die vorhandenen Wasserflächen dienten als Viehtränke und Löschteich. Auch heute noch ist der Anger begrünt und von Obstbäumen gesäumt, im Norden hat sich ein historischer Brunnen samt Pumpe, im Süden ein kleiner Weiher erhalten, nur eine mittig die Grünfläche durchschneidende Querstraße trübt den malerischen Gesamteindruck. Die Feldseiten der den Anger säumenden Straßen sind nahezu geschlossen bebaut mit traufständigen, zweigeschossigen Wohnhäusern aus dunkelrotem Backstein, die rückwärtig – in ortsüblicher Manier – als Vierseithofanlagen mit Stallungen und Scheune ausgebildet sind. Jenseits der Bebauung schließt sich ein Ring aus Obstwiesen, Weiden und bäuerlich geprägten Nutzgärten an, die den Ortskern strukturell in die umgebende Landschaft der Erkelenzer Börde einbinden. Begrenzt wird der Denkmalbereich Tenholt durch den Baaler Weg im Westen und die Eisenbahntrasse im Osten (siehe Kartenansicht). Ziel der Ausweisung des Denkmalbereichs ist der Erhalt des Angerdorfes Tenholt in seiner Gesamtheit aus Raumbild und -struktur, Substanz und Stimmung. Dazu zählt im Kern der unbebaute und durchgrünte Dorfanger als historischer wie gegenwärtiger Lebensmittelpunkt der Gemeinde Tenholt und das ortsbildprägende Häuseroval in seinem noch relativ homogenen Erscheinungsbild. Weiterhin:
- die sich im Grundriss abbildende Dorfstruktur mit ihrer historischen Wegeführung und Parzellierung;
- der dadurch ausgebildete Straßen- und Platzraum samt seiner Sichtbezüge;
- die im Raum aufgehende Bausubstanz inklusive ihrer historisch überlieferten Nutzungsabfolge vom angerseitigen Wohnhaus, über die rückwärtigen Wirtschaftshofanlagen bis hin zu den anschließenden Wiesen und Gärten;
- sowie schließlich der Erhalt der abgeschlossenen Ortslage inmitten von Feldern sowie der damit verbundene, von der Landwirtschaft geprägte Charakter des Dorfes.
(Fabian Kröning, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2018)
Quelle
Gutachten zum Denkmalbereich Erkelenz-Tenholt, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, K. Herzfeld / E. Janßen-Schnabel, 18.06.1996