Lage Waldfeucht, ein Ort mit kleinstädtischem Charakter, liegt im Selfkant nördlich von Gangelt und östlich von Heinsberg; das Gemeindegebiet grenzt unmittelbar an die Niederlande. Naturräumlich liegt Waldfeucht am nord-südlich verlaufenden Waldfeuchter Bach zwischen Wurm und Maas am westlichen Rand der Aldenhovener Lößplatte, die die Jülicher Börde im Westen umfasst. Das Land, durchsetzt mit Heideflächen und kleinen Waldstücken, ist mit günstiger Bodenbeschaffenheit ertragreiches Ackerland und eignet sich insbesondere zum Anbau von Weizen und Zuckerrüben.
In unmittelbarer Nähe verläuft die Römerstraße von Heerlen nach Xanten, mittelalterliche Fernstraßen aus Heinsberg und Geilenkirchen nach Roermond und Echt führen durch den Ort.
Geschichte Die Grenzlage zwischen den Herzogtümern Jülich und Brabant, Geldern und Burgund hat die mittelalterliche Ortsgeschichte bestimmt. Zunächst brabantisches Lehen gehörte Waldfeucht seit 1484 zum Jülicher Amt Millen. Bereits im Mittelalter bestand ein Kirchenbau, dessen Patronat 1240 als Schenkung an das Kloster St. Elisabeththal in der Grafschaft Horn ging; seit 1289 ist ein Pfarrer belegt. Der Kirchort, seit dem 13. Jahrhundert mit Marktrechten ausgestattete Stadt, übernahm und bündelte zunehmend für die Region zentrale Funktionen, die sich in baulichen Anlagen ausdrückten. So diente die zwischen 1516 und 1550 die als Bockwindmühle auf dem Wall errichtete Windmühle den umgebenden Orten zum Mahlen von Korn. Mehrfach suchten verheerende Brände Waldfeucht im 15. und im 16. Jahrhundert heim. In französischer Zeit Mairie im Kanton Heinsberg, löste die Lage als Grenzort der Rheinprovinz in der nachfolgenden preußischen Zeit einen wirtschaftlichen Stillstand aus. Im Zweiten Weltkrieg in Teilen zerstört, ging aus dem Amt Waldfeucht im Zuge der kommunalen Neugliederung 1972 die heutige Gemeinde hervor.
Die wirtschaftliche Prägung Während die Bewohner von den Anfängen bis ins 19. und frühe 20. Jahrhundert ihre Existenz vorwiegend auf die Landwirtschaft stützten, bildeten sich nach und nach einzelne und dem Ort eigene Gewerbezweige aus. So siedelten sich im Ort seit der frühen Neuzeit zunehmend Handwerks- und Handelsbetriebe an, vor allem Gerbereien und Brauereien, im 16. Jahrhundert auch Schlossereien und Schmieden. Im 19. Jahrhundert etablierte sich sowohl die Bildhauerei als auch die Samt- und Leinenweberei an Heimwebstühlen, die jedoch mit dem Bau der Glanzstofffabrik Oberbruch um 1900 zum Erliegen kam. Die Intensivierung der Viehwirtschaft zur stetig anwachsenden Versorgung der Stadtbevölkerung in der näheren und weiteren Umgebung führte 1894 zum Bau einer Molkerei.
Charakteristik Der historische Ortskern von Waldfeucht ist siedlungstypologisch ein ehemals befestigter Rundling, der mit ringsum leicht ansteigenden Hängen in den Landschaftsraum der flachen, nach Nordosten geöffneten Talmulde harmonisch eingebunden ist. Bis heute ist seine Umwehrung aus Wall und Graben erhalten. Der Wall ist in Abschnitten als Gartenland genutzt. Auch wenn die beiden Stadttore im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden, ist die Stadtanlage zusammen mit der umlaufenden Befestigung ein einzigartiges Zeugnis der mittelalterlichen Fortifikation im Rheinland. An die Befestigung grenzen als ortsspezifisches Merkmal Dreikanthöfe mit der Scheune als Rückfront des Hofes an den Wall und schützen in der Reihung mit ihren Außenwänden wie eine Stadtmauer den Ort. Dichte Bausubstanz in schlichter Baukörperausformung aus Backstein, zum Teil verputzt oder geschlämmt, in geschlossenen Zeilen prägt das Ortsinnere. Charakteristisch sind zahlreiche ehemalige landwirtschaftliche Hofstellen. Die Mehrzahl der Objekte weist historische Substanz auf, vereinzelt aus dem 14. und 15. Jahrhundert, größtenteils aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Die Substanz gibt den gebauten Rahmen und dem Stadtgefüge den kleinteiligen Maßstab vor. Sie setzt sich aus Wohnhäusern und Nebengebäuden zusammen. Das typische Wohnhaus steht als giebelständiger zweigeschossiger Backsteinbau an der Straßenflucht, es ist backsteinsichtig oder geschlämmt. Die Fenster sind hochrechteckig oder im hochstehenden Format mit Stichbogen und Schlussstein, zum Teil fassen Blausteingewände die Tür- und Fensteröffnungen ein. In dem zweigeschossigen Anbau entlang der Straßenflucht führt eine Tordurchfahrt zum Innenhof. Die nachgeordneten Nebengebäude um den Innenhof sind häufig aus Fachwerk. Die Dächer sind als Satteldächer ausgebildet, wenige Bauten sind mit Walm- oder Krüppelwalmdächern gedeckt. Die Dacheindeckungen bestehen aus kleinformatigen blaugrauen oder roten Hohlpfannen oder Hohlpfalzpfannen, lediglich der Kirchenbau St. Lambertus ist mit Schiefer gedeckt. Die Dachflächen im Ortskern sind historisch geschlossen, historische Dachaufbauten bilden die Ausnahme. Der Kirchenbau verleiht dem Ort durch die Baukörperausbildung zusammen mit dem aufragenden fünfgeschossigen Kirchturm mit dem achtseitigen Helm in Volumen und Höhe den städtebaulichen Akzent im Mittelpunkt. Einzelne Bauten mit öffentlicher Nutzung stellen in ihrer architektonischen Ausprägung weitere Festpunkte im städtebaulichen Miteinander dar: hierzu zählt das ehemalige Stift in der Stiftsgasse, und am Ortsrand steht auf einem rechteckig aufgeschütteten, ehemals von einem Wassergraben umgebenen Erdhügel das Schloss, der heutige Sitz der Gemeindeverwaltung.
Von 152 erfassten Objekten im Ort ist nahezu die Hälfte schutz- und erhaltungswürdig.
Der Denkmalbereich Ziel des Denkmalbereiches ist, die geschichtliche Aussagefähigkeit des historischen Ortskerns zu erhalten, die historisch bestimmte Gestalt, die Struktur und das historische Erscheinungsbild als ein Ganzes zu bewahren. Schutzgegenstände sind: der Ortsgrundriss, die aufgehende Bausubstanz, die historisch begründeten Freiflächen, spezifischer Bewuchs, charakteristische Blickbezüge innerhalb des Ortes, die Ortssilhouette und die Fernwirkung des Kirchturmes. Der Ortsgrundriss gliedert sich in die Umwehrung einschließlich der Umwallung mit der Bepflanzung aus Hecken auf der Wallkrone, in die Wegeführung, Platzbildung und Parzellenteilung mit der Verteilung der Baukörper und dem Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche. Die erhaltenswerten Merkmale der aufgehenden historischen Bausubstanz sind ihre typische architektonische Gestalt, die Baukörperstellungen, die geringe gleiche Geschosszahl, die Höhen, Proportionen, Baukörperformen, Volumina entsprechend der Nutzung, die architektonischen Gestaltelemente, die Kleingliedrigkeit der Fassaden und die geschlossenen Dachflächen. Die erhaltenswerten Freiflächen setzen sich zusammen aus historischen Funktionsflächen als Teil des historischen Gesamtgefüges und aus unbebauten Flächen am Ortsrand, die als Sichtschneisen die ortstypischen Ansichten und Blickbezüge erleben lassen. Erhaltenswert ist auch der Bewuchs, der Bauten oder dem Stadtraum zugeordnet ist. Die Ortssilhouette, die Dachkontur des Ortes mit dem Kirchturm im Mittelpunkt ist historisch belegt und schutzwürdig. In einzelnen ortsinneren Blickbezügen und die Fernwirkung des Kirchturms als Landmarke und Orientierungspunkt sind Identifikationszeichen des Ortes.
Die Satzung ist seit 1996 rechtskräftig.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)
Internet wikipedia.org: Waldfeucht (abgerufen am 27.11.2019)
Literatur
Cleef, Karl (Hrsg.) (1980)
Waldfeucht. Ortsteil der Gemeinde Waldfeucht ; Bildband ; Bilddokumentation über den Grenzort Waldfeucht in 365 Fotos mit Orts-Chronik. Düren.
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