Denkmalbereich „Arbeitersiedlung Dietrich-Girmes-Straße“ in Oedt

Grefrath-Oedt, Girmes-Arbeitersiedlung, Dietrich-Girmes-Siedlung

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Grefrath
Kreis(e): Viersen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 19′ 57,05″ N: 6° 22′ 31,07″ O 51,33251°N: 6,3753°O
Koordinate UTM 32.317.159,16 m: 5.690.073,70 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.526.199,66 m: 5.688.705,69 m
Am Niederrhein drei Kilometer östlich von Grefrath und einen Kilometer nördlich von Oedt an der Straße nach Mülhausen liegt die Dietrich-Girmes-Siedlung, im Ursprung eine Arbeitersiedlung der Girmes-Textilwerke in verschiedenen Abschnitten von 1886 bis 1911 angelegt. Die Siedlung erstreckt sich über drei Straßen: Dietrich-Girmes-Straße, Johannesstraße, Färberstraße und umfasst 43 Reihenhäuser und etwa 52 Wohnungen.

Die zunehmende Industrialisierung der landwirtschaftlich geprägten Orte führte zur Anlage von Fabriken außerhalb der Ortschaften. So wurde 1886 im Norden von Oedt östlich der Straße nach Mülhausen zwischen zwei Bachläufen auf dem Gelände eines Bauernhofes ein Fabrikgebäude zur Herstellung von Stoffen errichtet, unmittelbar benachbart lagen die notwendigen Unterkünfte für die in der Fabrik arbeitenden Weber. Ende des 19. Jahrhunderts war das Gelände durch rechtwinklig abzweigende parallele Straßen planmäßig erschlossen. Bis 1904 entstanden an einer Seite der Johannesstraße und beidseitig an der Dietrich-Girmes-Straße Ziegelsteinhäuserzeilen aus drei Haustypen mit rückwärtigen Nutzgärten zur Selbstversorgung. Um 1911 erfolgten an der nordwestlichen Seite der Dietrich-Girmes-Straße und am Ende der Färberstraße Eckergänzungen. Erker und eine spezifische Dachausbildung betonen die exponierte Ecklage. Der großzügige Grundrisszuschnitt lässt auf Wohnraum für führende Mitarbeiter schließen. Als Architekten zeichneten Girmes & Oediger aus Krefeld. Die Siedlung ist heute privatisiert.

Die Siedlung besteht aus drei Häuserzeilen und zwei Doppelhäusern in der Verlängerung der Dietrich-Girmes-Straße. In der Straßenflucht stehen traufständig geschlossene zweigeschossige Wohnhausreihen aus rotem Ziegelstein, die an der Dietrich-Girmes-Straße durch die beidseitige Bebauung einen geschlossenen Straßenraum bilden, am Zugang von der Hauptstraße durch den Kopfbau betont und durch die Reihung gleicher dreiachsiger Bautypen mit Treppeneingangsstufen im Trottoir als städtebaulich wirksame Baukörper rhythmisch gegliedert.

Die Wohnhäuser sind mit Lochfassaden schlicht ausgeprägt und mit einfachen Satteldächern gedeckt. In den Dachflächen sitzen, auf die Fensterachsen bezogen, kleine Schlepp- oder Flachdachgauben, die übrigen Dachflächen sind mit Tonfalzziegeln kleinstrukturiert und geschlossenen. Zu den architektonischen Details, die die Straßenfassaden zieren und die gleichmäßige Reihung auflockern, zählen Zierornamente in gelben Ziegeln, scheitrechte Stürze oder Rundbögen über den Fenstern, durchgehende Gesimse, hervorgehobene Traufkanten, Lisenen, Fensterbänke aus Werkstein oder in einer Ziegelrollsteinschicht, Ornamente und ein flach geneigter Giebel annähernd in der Mitte der nördlichen Reihe an der Dietrich-Girmes-Straße. Die Fenster sind zweiflügelig mit Oberlicht geteilt. Zum Teil sind die originalen Hauseingangstüren aus Holz erhalten.

Die den Höfen und Gärten zugewandten Fassaden sind schmucklos ausgeführt, die rückwärtigen Nebengebäude (Ställe, Toiletten, Schuppen) kleinteilig und gestalterisch und im Volumen dem Wohngebäude nachgeordnet. An die Nebengebäude schließen die Flächen der ehemaligen Nutzgärten an, ein Weg erschließt die Hofflächen. Die Dietrich-Girmes-Straße ist mit beidseitigen Baumreihen als städtische Allee ausgebildet. Trotz nutzungsbedingter baulicher Veränderungen ist der einheitliche Charakter der Siedlung erhalten.

Schutzgegenstände sind der Siedlungsgrundriss, das Erscheinungsbild der Siedlung insgesamt. Es wird durch die baulichen Anlagen einschließlich der Stallbauten und Höfe und die besondere Ausgestaltung des Straßenraumes sowie die öffentlichen Flächen bestimmt; sowohl die Bausubstanz insgesamt als auch die Freiflächen sind wichtige Träger der historischen Aussage. Der Erläuterung des Erscheinungsbildes dienen die Anlagen der Denkmalbereichssatzung. Hierzu zählen insbesondere eine gutachterliche Untersuchung zum Erhalt und zur Erneuerung der Siedlung, in der die Anforderungen an die Erneuerung der Siedlung textlich und zeichnerisch dargelegt werden (bezüglich Fassaden, Fenster, Eingangsbereiche, Dachflächen, Wohnumfeld), eine Bestandsaufnahme und eine fotografische Dokumentation.

Die Siedlung ist bedeutend für die Ortsgeschichte, für die regionale industrielle Entwicklung, sie ist typisch für die siedlungsgeschichtliche Entwicklung des Arbeiterwohnungsbaus um 1900 am Niederrhein. Sie ist aufgrund der überlieferten Substanz und kontinuierlichen Nutzung anschaulich und erhaltenswert. Ihrer Erhaltung dient die seit 1994 rechtskräftige Denkmalbereichssatzung.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Quelle
Satzung zum Denkmalbereich

Literatur

Heimatverein Oedt e.V. (Hrsg.) (1979)
Oedter Heimatblätter. 100 Jahre Girmes Oedt. (Heft 7-9.) Oedt.
Heimatverein Oedt e.V. (Hrsg.) (1979)
Oedter Heimatblätter. Girmes und Oedt. (Heft 6.) Oedt.
Lipp, Johannes / Girmes-Werke; Heimatverein Oedt e.V. (Hrsg.) (1979)
Girmes und Oedt. Wie es einmal war ... Erinnerungen an die Jahrhundertwende. Herausgegeben aus Anlaß des 100jährigen Bestehens der Girmeswerke AG. Oedt.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 164-165, Petersberg.

Denkmalbereich „Arbeitersiedlung Dietrich-Girmes-Straße“ in Oedt

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Dietrich-Girmes-Straße
Ort
47929 Grefrath - Oedt
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1886 bis 1911

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„Denkmalbereich „Arbeitersiedlung Dietrich-Girmes-Straße“ in Oedt”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-59314-13062019-293790 (Abgerufen: 24. März 2025)
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