Denkmalbereich „Liedberg“

Korschenbroich-Liedberg, Orstkern Liedberg

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Korschenbroich
Kreis(e): Rhein-Kreis Neuss
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 09′ 49,77″ N: 6° 32′ 31,8″ O 51,16383°N: 6,54217°O
Koordinate UTM 32.328.154,14 m: 5.670.915,11 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.537.968,11 m: 5.670.011,82 m
  • Liedberg mit Schloss (2020)

    Liedberg mit Schloss (2020)

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Lage
Der Ort Liedberg liegt vier Kilometer südöstlich von Korschenbroich auf der Spitze des Liedbergs. Der Berg zählt als lang gestreckter, bewaldeter Höhenrücken mit zwei Kuppen neben dem Klever Schwanenberg und dem Eltenberg bei Emmerich zu den wenigen Erhebungen am Niederrhein. Geologisch ist der Liedberg eine Quarzitkuppe mit verdichtetem Sandstein, der als „Liedberger Sandstein“ seit der Steinzeit und kontinuierlich seit römischer Zeit als für den sandigen Niederrhein kostbares Baumaterial gebrochen wurde. Mit 25 Meter Höhe und durch seine besondere Bodenbeschaffenheit bot sich der weit sichtbare Liedberg als exponierter und sicherer Siedlungsort an.

Geschichte
Bereits im frühen Mittelalter war der Berg mit Wall und Graben befestigt. Hier errichteten die Herren von Liedberg im 12. Jahrhundert ihre Burg. Die erste urkundliche Erwähnung Liedbergs und damit auch der Herren von Liedberg sind datiert aus dem Jahr 1166. Die Burg ging nach mehrfachem Wechsel 1367 in den Besitz des kölnischen Erzstiftes über, wurde im 17. Jahrhundert zu einer schlossähnlichen Landesburg ausgebaut und blieb bis zur französischen Zeit 1798 Sitz eines kurkölnischen Amtes. Nach Erhebung Liedbergs zu einem Flecken („oppidum“) 1608, standen 1673 im Ort etwa 40 Häuser. Im selben Jahr verwüsteten holländische Truppen den Ort, in den aufeinander folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen bis 1715 erlitt der Ort weitere Zerstörungen.

Existenzgrundlage der Bevölkerung war neben der Landwirtschaft der Sandsteinabbau und die Sandgewinnung. Während die Steine an der Erdoberfläche gebrochen wurden, erfolgte die Gewinnung der Quarzitsande zur Herstellung von Glas unter Tage; ein verzweigtes Stollen- und Schächtesystem im Berg und auch unter dem Ort dokumentiert die Blütezeit zwischen 1400 und 1600 und noch einmal nach 1700 durch die Gewinnung von Streusand als Bodenbelag. Der Steinabbau wurde im 19. Jahrhundert, die Sandgewinnung um 1900 aufgegeben.
Bereits im 18. Jahrhundert hatte der Ort den Festungscharakter weigehend eingebüßt, Wälle waren zu Gärten umgewandelt, auf freiem Gelände Landwirtschaft und Obstanbau intensiviert. 1794/1798 endete mit der Besetzung durch Frankreich das „Amt Liedberg“. In preußischer Zeit ab 1815 Landgemeinde im Kreis Mönchengladbach gehörte Liedberg ab 1929 zum Kreis Grevenbroich und ist seit der kommunalen Neugliederung 1975 Teil von Korschenbroich im Landkreis Neuss.

Charakteristik
Auf dem Liedberg sind drei, möglicherweise sogar vier Befestigungsanlagen mit Wall und Graben überliefert, deren Anfänge ins frühe Mittelalter reichen. Mühlenturm und Schlosskapelle der kurkölnischen Landesburg sind erhalten. Die zugehörige Burgsiedlung aus Fachwerkbauten des 17. und 18. Jahrhundert umschließt den Berg und zieht sich am nördlichen Hang vom Fuß des Berges bis in Schlossnähe.

Das Schloss Liedberg ist eine zweiteilige Anlage in großen Teilen aus dem 14. Jahrhundert aus Vor- und Hauptburg, umfasst von einer Mauer. Die Bausubstanz des Schlosses wird im Kern ins späte 17. Jahrhundert datiert, der erhaltene Turm ins 14. Jahrhundert, der mit seiner Haube aus dem 17. Jahrhundert weithin die umgebende Landschaft prägt. Am Südhang und auf der Kuppe sind Stein- und Sandgruben erhalten. Seitlich unterhalb der Burg, am Nordhang des Berges schließt die zugehörige Siedlung an. Mühlenturm und ehemaliger Schlosskapelle zeugen von einem weiteren Befestigungsschwerpunkt, weisen vermutlich sogar auf einen Vorgängerbau der Landesburg.

Struktur und Bausubstanz des Ortes lassen auf seine Entstehung im 18. Jahrhundert schließen. Die hoch zum Schloss führende gewundenen Schlossstraße wird in der Flucht begleitet von ehemaligen Hofanlagen aus in Abschnitten geschlossenen, meist über Bruchsteinsockeln zweigeschossigen traufständigen Baukörpern. Es sind Bauten in Fachwerkkonstruktion mit weiß geputzter Lehm- oder Backsteinausfachung oder in Massivbauweise aus Backstein.
Auf halber Höhe verleiht der Marktplatz mit dem ehemaligen Bürgermeisteramt der Ansiedlung einen städtebaulichen Mittelpunkt. In den Seitengassen stehen auch giebelständige ein- bis zweigeschossige Bauten. Die Dachflächen sind durchweg geschlossen. Rückwärtig liegen Ställe, Scheunen und weitere landwirtschaftliche Nebengebäude, ihrer ursprünglichen Funktion entsprechend in Gestaltung und Kleinteiligkeit dem Wohnhaus nachgeordnet. Toranlagen, Mauern, Stufen Treppen prägen den Straßenraum. An die rückwärtigen Wirtschaftsflächen schließen Nutzgärten, Wiesen und Ackerland. Oberhalb des Friedhofes liegen die „Hoppegärten“, von Wegen und Hecken gegliederte Kleingärten.

Ein Rundweg mit Fußfällen (1713) umfasst Siedlung und Schloss und konturiert den Berg im umgebenden flachen offenen Land. In einzelnen Abschnitten verunklären Neubaugebiete die Einbindung in den Landschaftsraum.

Der Denkmalbereich
Ziel des Denkmalbereiches ist es, den Charakter und die Struktur des Ortes im Inneren und die Gesamtwirkung von Ort und Schloss auf dem Berg durch den Schutz von Ortsgrundriss, Erscheinungsbild/gebauter Substanz insgesamt, historisch bedeutsamer Blickbezüge und die Ortssilhouette zu erhalten.
Der Ortsgrundriss setzt sich zusammen aus Wegeführung, Platzbildung und Parzellenteilung. Das Wegenetz aus Straßen, Fußwegen, Parzellenteilung, Verteilung von bebauten und unbebauten Flächen, einschließlich der Garten- und Ackerflächen und der „Hoppegärten“ ist vom 19. Jahrhundert bis heute weitgehend unverändert überliefert.
Das Erscheinungsbild Liedbergs wird nach außen bestimmt durch den weit in die Ebene wirkenden Berg und im Ortsinneren durch die Abfolge der Baukörper im Hang und auf der Kuppe, durch die Befestigungsanlagen, Bergbaurelikte im Süden und Südwesten, die Burg und die zugeordneten und einbindenden Freiflächen. Aus dem weitgehend geschlossenen Ortsbild des 18. und 19. Jahrhunderts ragen durch Lage, Gestaltung und Baumaterial (Liedberger Sandstein) Burg, Mühlenturm und Schlosskapelle als die landesherrliche Zeugnisse heraus.
Die gebaute Substanz soll in der Gruppierung und im Maßverhältnis zueinander, in den historischen Materialien und Baukörperproportionen, in den Traufhöhen, Dachneigungen und Dachausbildungen, in den Fenster- und Türformaten und in den architektonischen Details erhalten werden.

Innerhalb des Ortes sind vor allem die Blickbeziehungen vom Markt zur Schlosskirche, durch die Mühlengasse auf den Mühlenturm von städtebaulicher Bedeutung. Die Silhouette wird bestimmt durch den bewaldeten Höhenrücken, bekrönt von der Turmspitze des Schlosses. Nach Norden hin zeigt sich zur Landstraße die Ortssilhouette mit Mühlenturm und Schlosskapelle hinter Baumwiesen und Gärten. Weitere Standpunkte zur Wahrnehmung der Silhouette liegen am Steinhauser Weg und am Friedhof und an den „Hoppegärten“.

Der Denkmalbereich umschließt den historisch geprägten Berg. Ein zweiter, weiter gefasster Bereich definiert den unmittelbaren Ausstrahlungsbereich in der Landschaft, der aufgrund der historischen und kulturlandschaftlichen Bedeutung des Liedberges von Bebauung freigehalten werden sollte.
Die Satzung trat 1998 in Kraft.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Quelle
Gutachten zum Denkmalbereich, LVR- Amt für Denkmalpflege, Marco Kieser, 1997

Historische Karten
- 1806/07 Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und von Müffling (Blatt 50: Glehn)
- 1845 Preußische Uraufnahme (Blatt 4805: Korschenbroich)
- 1893 Preußische Landesaufnahme (Blatt 4805: Wevelinghoven)

Literatur

Ahrweiler, Matthias; Bongartz, Josef (1987)
Liedberg. Historisches in Wort und Bild. o. O.
Bremer, Jakob (1930)
Das kurkölnische Amt Liedberg. Mönchengladbach.
Clemen, Paul (Hrsg.) (1896)
Die Kunstdenkmäler der Städte und Kreise Gladbach und Krefeld. (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 3.4.) S. 53-58, Düsseldorf.
Grewe, Klaus (1977)
Auf Sand gebaut. Die Geschichte des Liedberger Stein- und Sandabbaues. In: Archäologie im Rheinland 76, S. 154-160. Köln u. Bonn.
Janssen, Brigitte; Janssen, Walter (1997)
Burgen, Schlösser und Hofesfesten im Kreis Neuss. (Schriftenreihe des Kreises Neuss 10.) S. 118-119; S. 243-254, Neuss (3. Auflage).
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) Petersberg.
(1991)
Historischer Ortskern Liedberg. Städtebaulicher Rahmenplan. Aachen.

Denkmalbereich „Liedberg“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Liedberg
Ort
41352 Korschenbroich - Liedberg
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung

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„Denkmalbereich „Liedberg“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-49242-13062019-293801 (Abgerufen: 26. März 2025)
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