Denkmalbereich „Rathausviertel Benrath“

Denkmalbereich Benrath, Stadterweiterung ab 1900

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Düsseldorf
Kreis(e): Düsseldorf
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 09′ 48,76″ N: 6° 51′ 53,83″ O 51,16354°N: 6,86495°O
Koordinate UTM 32.350.719,29 m: 5.670.178,85 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.560.546,92 m: 5.670.196,58 m
Düsseldorf-Benrath - Stadterweiterung ab 1900 um das Benrather Rathaus, Rathausviertel, Villen-Colonie-Rhein-Flora

Im Westen von Benrath, dem kurfürstlichen Lustschloss gegenüber, an der heutigen Benrodestraße, entwickelte sich, bedingt durch den zweiten Aufschwung der Industrie, im frühen 20. Jahrhundert ein Wohnviertel mit dem neuen Rathaus im Mittelpunkt.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert war, angebunden an das Eisenbahnnetz, mit Entstehung und Expansion des Industriegebietes in der Gemarkung Reisholz der Bedarf an Arbeitskräften auch im unmittelbar angrenzenden Ort Benrath enorm gestiegen. An den nördlichen Rändern des Benrather Dorfkerns entstanden Erweiterungsgebiete für unterschiedliche soziale Gruppen, gleichzeitig schürte das Anwachsen des Ortes die Hoffnung auf Verleihung der Stadtrechte und rief die Idee eines Rathausneubaus ins Leben.
Im September 1903 hatten der Unternehmer Carl Pritschau, die Eheleute Goergens und die Industrieterrain Düsseldorf-Reisholz AG der Bürgermeisterei Benrath an der Gartenstraße ein etwa 5.000 qm großes Grundstück mit der Auflage geschenkt, hier ein neues Rathaus zu bauen und mit dem Bau innerhalb von zwei Jahren zu beginnen. Der Fluchtlinienplan von 1899/1900 hatte hier bereits die systematische Ortserweiterung nach Westen für ein reines Wohngebiet ohne Fabriken begründet. In kurzer Zeit füllten sich in dem rechtwinkligen Straßenraster fünf Karrees mit Blockrandbebauung und Gärten in den Innenbereichen. In geschlossenen Reihen entstanden drei- bis viergeschossige qualitätvolle Wohnbauten mit Etagenmietwohnungen.

In dieser Zeit prägt neben der Industrie auch der aufkommende Tourismus den Ort. Einerseits war Benrath-Reisholz durch die Nähe zum Rhein und durch den Bahnanschluss als Industriestandort attraktiv und der Bedarf an Wohnraum wuchs, andererseits entwickelte sich das Schloss mit dem für die Öffentlichkeit zugänglichen großen Waldpark, der sich bis zum Rhein erstreckt, zum attraktiven Anziehungspunkt von Sonntagsausflügen. Beide Strömungen – Aufschwung von Industrie und zunehmender Fremdenverkehr – trieben als Wirtschaftsfaktoren die Entwicklung des Rathausviertels, der „Villen-Colonie Rhein-Flora“, voran.

Jedoch sehr bald, bereits 1908/09, verschoben sich die politischen und gesellschaftlichen Interessen, mit dem Ausscheiden von Wersten und Himmelgeist aus dem Benrather Verbund zerschlug sich der Plan zur Stadterhebung, andere Themen und Aufgaben erforderten Entscheidungen und schnelles Handeln des Gemeinderates: Erwerb und Finanzierung der Schlossbesitzungen rückten in den Fokus, so dass das Viertel als gebauter Ausdruck des politischen Willens einer recht engen Zeitspanne, zwischen 1900 und 1907, gewertet werden kann und als eine „Momentaufnahme“ der Geschichte, die Wohnraumbedarf und gesellschaftliche Zerstreuung städtebaulich miteinander verbindet. Ein angelegter Schmuckplatz am Ende der Sophienstraße stellte räumlich die direkte Verbindung zum Schlosspark her. Das Hotel und Restaurant „Rhein-Flora“ war ein gebautes Gelenk zwischen Stadtquartier und Schlosspark, zwischen Wohnen in Industrienähe und touristischer Orientierung, zwischen der Verwaltungsfunktion und den Ausflugsmöglichkeiten über den Schlosspark hin zum Rhein. Weitere Restaurants, Pensionen und Hotels lagen im unmittelbaren Umkreis um den Schlosspark und in Rheinnähe; drei Restaurants waren innerhalb des Viertels in Eckbauten an der Benrodestraße und an der Schlossallee eingerichtet. Die breite, mit Bäumen bestandene Schlossallee verband den Ortsteil mit dem Dorf und mit dem Schloss und galt noch im frühen 20. Jahrhundert mit Wohnhäusern wohlhabender Bürger als die eigentliche Prachtstraße von Benrath.

Die Besonderheiten des Viertels als städtebaulich homogener Stadtteil schlagen sich in einzelnen Merkmalen nieder: im örtlichen Grundriss, in der aufgehenden Bausubstanz, in den Freiflächen, im Baumbestand und in Blickverbindungen. Der Ortsgrundriss setzt sich zusammen aus der Straßenführung, der Parzellenteilung, der Platzbildung, der Verteilung von bebauten und dem Verhältnis von bebauten zu unbebauten Flächen und aus Freiflächen in den Blockinnenbereichen. Die Substanz besteht aus dem Rathaus als dem bedeutenden Solitärbau, der das Viertel als städtischer und geometrischer Schwerpunkt beherrscht, und aus untereinander gleichwertigen Wohn- und Geschäftshäusern in Blockrandbebauung mit rückwärtigen Nebenbauten. In geschlossenen Zeilen stehen Wohnhäuser an den rechtwinklig um das Rathaus angelegten Straßen: die Geschosszahl setzt sich vom Rathaus leicht wellenförmig fort, ist an der Mittelachse und an den begrenzenden Straßen höher als in den übrigen Straßen. Die Bauten sind stilistisch untereinander ähnlich. Es sind in der Straßenflucht errichtete traufenständige Putzbauten in geschlossener Bauweise mit stukkierten Schmuckfassaden in für die Zeit kurz nach 1900 überregional üblicher Formensprache mit straßenseitig zahlreichen architektonischen Details und reicher Bauzier. Rückwärtig sind die Gebäude um schmale Anbauten in die Blockinnenbereiche verlängert, die Höfe über Tordurchfahrten erschlossen. Innerhalb des Viertels bilden einzelne Eckbauten durch ihre markante Ausprägung städtebauliche Festpunkte. Auch können verschiedene Arten von Freiflächen historischen Ursprungs unterschieden werden, die bis heute den Gesamteindruck wesentlich prägen. Einzelne Bäume und Sträucher sind Teil des architektonischen Konzeptes und prägen als Einzelobjekte und als markante Orientierungspunkte den städtischen Raum. In einzelnen Blickbezügen innerhalb des Viertels werden die besonderen baulichen und städtebaulichen Merkmale deutlich.

Das Gebiet wurde im Laufe der Jahrzehnte durch Einzelbauten ergänzt, bewahrte jedoch den Charakter eines städtischen Wohngebietes des frühen 20. Jahrhunderts. Es ist bis heute ein städtebaulich in sich stimmiger Teil von Benrath, der sich durch hohe Dichte historischer Bausubstanz auszeichnet. Im Zusammenwirken von Substanz und Struktur wird dem Viertel eine besondere städtebauliche Qualität und Aussage zugesprochen, zumal in unmittelbarer Nachbarschaft in der Nachfolgezeit weitere Ortserweiterungen geplant, jedoch nicht umgesetzt wurden, so dass das Viertel in Größe, Dichte der historischen Einzelobjekte, in der Homogenität der Straßenzeilen, in der Geschlossenheit von Straßenräumen und im Zusammenwirken von Rathausgebäude, Umgebung und Blickachse zum Schlosspark als ein Gebiet hervorsticht, das eine für Benrath bedeutende historische und anschaulich erhaltenswerte Gesamtaussage zu einer wichtigen Phase der Ortsgeschichte übermittelt.

Das geeignete Instrument zum Schutz des Stadtteiles als gewachsene Einheit ist die Ausweisung eines Denkmalbereiches gemäß Denkmalschutzgesetz. Die Offenlage der Satzung erfolgte im Dezember 2016.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Quelle
Wolfgang D. Sauer, Boomtown Benrath (die Industrialisierung), Vortragsmanuskript 2006

Literatur

Dobrileit, Margitta (2002)
Baronin Elisabeth von Ardenne. Fontanes Romanfigur Effi Briest. Düsseldorf.
Kubbutat, Peter (1975)
Düsseldorf-Benrath, Hilden und Solingen-Ohligs. die strukturelle Entwicklung unter Berücksichtigung des Problems der Eingemeindung oder Selbständigkeit in den Diskussionen der kommunalen Neugliederung der zwanziger und siebziger Jahre. Freiburg i.Br..
Müller, Peter (2004)
Von der Dingbank zur Bürgermeisterei Benrath. In: Benrath historisch, Band 18. Das Benrather Modell, S. 1-26. Benrath.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 102-106, Petersberg.
Sauer, Wolfgang D. (1999)
Vor 70 Jahren. Die Eingemeindung Benraths. In: Benrath Historisch, Band15, S. 53-76. Benrath.
(2003)
Die Preußen und ihr rheinisches Lustschloß Benrath 1815-1911. Katalog zur Ausstellung des Stadtmuseums Landeshauptstadt Düsseldorf. o. O.
(1984)
Benrath historisch. Schriftenreihe des Archivs der Heimatgemeinschaft Groß-Benrath e.V. Hefte: 8, 10, 13, 14, 15, 16, 18, o. O.

Denkmalbereich „Rathausviertel Benrath“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Benrodestraße
Ort
40597 Düsseldorf - Benrath
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank
Historischer Zeitraum
Beginn 1903

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„Denkmalbereich „Rathausviertel Benrath“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-46127-28102016-257287 (Abgerufen: 17. Mai 2024)
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