Denkmalbereich „Stahlwerk-Becker-Siedlung“

Wohnsiedlung der Stahlwerke Becker AG am Wegerhof

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Willich
Kreis(e): Viersen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 16′ 11,26″ N: 6° 31′ 54,19″ O 51,2698°N: 6,53172°O
Koordinate UTM 32.327.819,57 m: 5.682.721,80 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.537.151,84 m: 5.681.795,53 m
Um 1900 war Willich einer der typischen Orte am Niederrhein, in dem bedingt durch die Nähe zu Mönchengladbach und Krefeld ergänzend zur Landwirtschaft in geringem Maße in Heimarbeit Stoffe gewebt wurden. Die Gründung der Stahlwerke Becker AG 1908 durch Reinhold Becker veränderte die wirtschaftliche Struktur, bot neue Arbeits- und Lebensbedingungen. Die Gemeinde beteiligte sich an der Finanzierung der Anlage; zeitweilig arbeiteten über 2.000 Beschäftigte im Werk, womit der Bedarf an Wohnraum für die Arbeiter und Angestellte stieg.

Um 1910 entstand eine erste Siedlung, entworfen von den Architekten D. und K. Schulze aus Dortmund, erstellt von der „Gemeinnützigen Aktien-Baugesellschaft für den Landkreis Krefeld“. Wenige Jahre später beauftragte das Werk den Architekten Dr. Ing. Hermann Hecker, Leiter der Beratungsstelle des Rheinischen Vereins für Kleinwohnungswesen in Düsseldorf, mit der Planung einer zweiten Siedlung am Wegerhof. Hecker versuchte, unterstützt durch seine Mitarbeiter Grod und Hünnebeck, seine Ideale sozialer Ziele in die Tat umzusetzen. Nach Festlegung der Fluchtlinien 1909, begann 1916, verzögert durch den Ersten Weltkrieg, die Errichtung der ersten Bauten. Auch bremste die Rezession nach dem Krieg den Siedlungsbau ohne endgültige Fertigstellung weitere 10 Jahre lang. Nach Schließung des Stahlwerks im Jahre 1929/30 waren die Wohnungen bereits Anfang der 40er Jahre in Privatbesitz übergegangen.

Heckers Bebauungsplan ist ein Projekt von hoher Qualität. Er vermeidet mit Hilfe kleiner Abweichungen eine strenge Symmetrie und schematische Reihung und verleiht dem Gesamtkonzept städtebauliche Spannung und künstlerischen Reiz. Das annähernd trapezförmige Gelände wird von vier Straßen umfasst sowie von zwei sich etwa im Mittelpunkt kreuzenden Straßen erschlossen. Die Fläche nordwestlich des Mittelpunkts für eine Spielwiese mit Tennisplatz, Kegelbahn und für einen Kindergarten wurde später bebaut bzw. zur Verlängerung der Werkmeisterstraße bis zur Weststraße genutzt. Auch weist die Bebauung an der südwestlichen Ecke der Siedlung eine spätere Gestaltung auf.

Hecker sah in seiner Planung ausreichend dimensionierte Wohnungen für Beamten- und Arbeiterfamilien vor, ausgestattet mit Gärten und Ställen sowie einem Kindergarten und Sportanlagen. Dabei sind die einzelnen Bauten streng gegliedert und die Details stark reduziert. Mit einem Grundrisstypus, den er variiert, schafft er unterschiedlichste Lösungen für die Doppelhäuser. Die einzelnen Häuser sind jeweils in zwei Wohnungen von ca. 85 Quadratmeter Wohnfläche geteilt. Hinzu kommt ein Stall von 9 Quadratmetern, häufig eine Pergola oder ein Vorplatz. Die Ställe sind heute meist als Bad, zusätzlicher Wohnraum oder Garage genutzt. Am südlichen Rand der Siedlung, an der Anrather Straße, grenzt das Werksgelände an. Hier steht neben dem Verwaltungsgebäude die ehemalige Fabrikantenvilla Becker von 1912 und westlich davon eine weitere Direktorenvilla der Becker AG.

Trotz baulicher Veränderungen, Umbauten und Neubauten nach der Privatisierung lässt sich die städtebauliche Gesamtanlage mit ihren verschiedenartigen Gestaltungslösungen ablesen. Die Siedlung ist ein wichtiges Dokument der Ortsgeschichte, sie ist bedeutend für die Stadt Willich und ein historisch aussagekräftiges Zeugnis der Fabrik- und Siedlungsarchitektur im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts. An der Erhaltung und Nutzung besteht aus städtebaulichen, wissenschaftlichen, hier besonders orts-, stadtentwicklungs-, wirtschafts- und architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Die Satzung trat 1993 in Kraft.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Quelle
Gutachten LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 1991 Wegner

Literatur

Feuerhaken, Gerd (1963)
Stahlwerk Becker AG Willich 1908-1932. In: Heimatbuch des Grenzkreises Kempen-Krefeld 1964, S. 81-90. Mönchengladbach.
Karsten, Jürgen (1981)
Das Stahlwerk Becker in Willich 1908-1932. In: Heimatbuch des Kreises Viersen 33, 1982, S. 142-152. Mönchengladbach.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 280-281, Petersberg.
Zinn, Ernst (1964)
Wohnsiedlungen der Industrie im Kreis Kempen-Krefeld. Die Wohnsiedlung der Stahlwerke Becker AG am Wegerhof. In: Heimatbuch des Grenzkreises Kempen-Krefeld 1965, S. 52-58. Mönchengladbach.

Denkmalbereich „Stahlwerk-Becker-Siedlung“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Marienstraße
Ort
Willich - Willich
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1910 bis 1930

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„Denkmalbereich „Stahlwerk-Becker-Siedlung“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-46021-13062019-293799 (Abgerufen: 20. März 2025)
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