Denkmalbereich „Remscheid-Lüttringhausen“

Remscheid-Lüttringhausen Ortskern

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Remscheid
Kreis(e): Remscheid
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 12′ 27,99″ N: 7° 14′ 9,61″ O 51,20778°N: 7,236°O
Koordinate UTM 32.376.778,84 m: 5.674.409,33 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.586.418,17 m: 5.675.488,04 m
Lüttringhausen liegt im Bergischen Land zwischen Lennep und Ronsdorf in der Nähe der mittelalterlichen Durchgangsstraße über Zons, Hilden und Elberfeld nach Soest und südwestlich der Kreuzung mit dem Heerweg an Köln und Lennep vorbei Richtung Dortmund.

Die Entstehungsgeschichte des Ortes ist in den Anfängen nicht eindeutig belegt. Um 1150 wird ein Ort mit dem Namen „Luthelminchusen“ in den Heberegistern der Benediktinerabtei Werden erwähnt. Um 1300 wird im erzbischöflichen Abgabenverzeichnis „Lutilminchusen“ als Pfarrei genannt. In beiden Fällen ist nicht gesichert, dass tatsächlich Lüttringhausen gemeint ist, die Übereinstimmung ist jedoch wahrscheinlich, zumal nach den Überlieferungen eines spätromanischen Kirchenbaus der Kirchort im 12. Jahrhundert bestand. Seit den Anfängen bis zur französischen Zeit ab 1806 gehörte der Ort zum Territorium der Grafen von Berg, die die Grund- und Lehnsherrschaft, verbunden mit dem Patronat über die Pfarrkirche, an die Herren von Bottlenberg vergaben.

Lüttringhausen übernahm früh zentrale und bündelnde Aufgaben für die Umgebung. 1363 war der Ort Kirchspiel im Amt Bornefeld; ab 1407 zum Amt Beyenburg gehörig, erhielt er ein eigenes Landgericht, dessen Geltungsbereich gleichzeitig Lokalverwaltungs- und Steuerbezirk war und sich mit den Pfarrgrenzen der Gemeinde deckte. Bereits im 14. Jahrhundert bestand Lüttringhausen aus einem Herrenhof der Grafen von Berg, einer Kirche, einer Herberge, dem Wiedenhof zum Unterhalt des Pfarrers, der Mühle am Lennepebach und aus einzelnen verstreut gelegenen Bauerngütern. Seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts setzte sich in der Region unter dem Wirken von Adolf Clarenbach die protestantische Lehre nach und nach durch. 1555 wurde das Beyenburger Gericht mit dem Lüttringhauser vereint. Um 1720 wurde im Ort die Rentei als Sitz des Rentmeisters im Amt Beyenburg gebaut.

Verschiedentlich zerstörten verheerende Brände den Ort, insbesondere 1536 und 1733, wobei dem letzten Feuer nahezu das gesamte Dorf einschließlich Kirche und Schule zum Opfer fiel. Da der Wiederaufbau auf dem alten Ortsgrundriss erfolgte, ist vermutlich in den Kellern und Fundamenten ältere Substanz erhalten. Die neu errichtete Kirche war jetzt protestantisches Gotteshaus. Die Bewohner lebten zunächst von Landwirtschaft, seit der Nutzung der Wasserkraft vor allem im 17. und 18. Jahrhundert vom Handel und von der Weiterverarbeitung von Eisen, bis ins 20. Jahrhundert auch von Textilherstellung. Einzelne Fassadengliederungen und große Fensteröffnungen lassen auf Heimarbeit an Webstühlen schließen.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Lüttringhausen als ein für die Region typischer in sich homogen geschlossener Ort. In dem stark bewegten Gelände schmiegt sich der Ortskern in eine nach Süden geöffnete Hangmulde um den auf einem Plateau herausgestellten Kirchenbau im Ortsmittelpunkt. Hier treffen sich die drei Zugangsstraßen mittelalterlichen Ursprungs. Der alte Ort, der sich mit historischer Substanz im Schutz der Kirche verdichtet, besteht überwiegend aus verschieferten Fachwerkbauten des 18. und 19. Jahrhunderts.

Mit der Stadterhebung 1856 nach der Preußischen Städteordnung begann eine neue Entwicklungsphase. Lüttringhausen erhielt durch die Übernahme weiterer bündelnder Funktionen noch größere überregionale Bedeutung. Die neuen öffentlichen Aufgaben fanden Ausdruck in eigenen, in der architektonischen Gestaltung auf die jeweilige Funktion bezogenen Bauten, die als Solitäre am Ortsrand entstanden: Rathaus, katholische Kirche, Feuerwehr, Post, Schule, Turnhalle mit Sportplatz, Hallenbad. Auf dem Hügelkamm an der Kreuzbergstraße hatte Lüttringhausen Anschluss an das Straßenbahnnetz nach Lennep und Richtung Wupper erhalten. Die Stadt wuchs aus der Mulde heraus auf die Höhe entlang der Ausfallstraßen nun mit städtischem Anspruch in Form von Villen, und Wohn- und Geschäftshäusern in der regional unabhängigen Formensprache der Zeit um 1900. Aus dieser Zeit datieren auch zwei vom Ortskern separierte Großkomplexe, die die Ortsgeschichte maßgeblich mit bestimmt haben: die Heil- und Pflegeanstalt Stiftung Tannenhof und die Justizvollzugsanstalt.

Um 1900 wurde der Friedhof auf dem gegenüberliegenden Hügel neu angelegt. Hier zeigt sich die Stadt des frühen 20. Jahrhunderts in ihrem damaligen Selbstverständnis mit der charakteristischen Ansicht: der Dachlandschaft des historischen Ortskerns aus weitgehend geschlossenen Ziegeldachflächen und verschieferter Giebelansichten mit weiß abgesetzten Ortgangbrettern verleihen die drei Türme (die beiden Kirchtürme und der Rathausturm) die städtische Krone.

1929 setzte die gemeindliche Neugliederung der Ortsentwicklung eine Zäsur. Lüttringhausen verlor den Stadtstatus und war von nun an Stadtteil von Remscheid. Der Denkmalbereich umschließt den historischen Ortskern und die Erweiterung von der Mitte des 19. bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Ziele der Ausweisung eines Denkmalbereiches sind die Erhaltung des Ortsgrundrisses, der der aufgehenden Substanz das Grundmuster vorgibt. Er setzt sich aus der Wegeführung mittelalterlichen Ursprungs, aus Parzellengliederung, aus dem Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche und aus Freiflächen zusammen; die Erhaltung der Bausubstanz im Miteinander; die Bewahrung der Ortsansicht und der Schutz der gewachsenen Struktur aus dem verdichteten Ortskern und der Erweiterung. Der Denkmalbereich definiert den historischen Rahmen zur Wahrung von Proportionen, Höhen, Dachneigungen, Materialien, Volumina, Baukörperzuordnung und Abfolge der Baukörper entsprechend der Nutzung und durch die Erhaltung historischer Freiflächen. Von den etwa 200 Baukörpern in dem abgegrenzten Bereich sind etwa 40 Bauten denkmalwert, weitere 60 weisen aus historischen Gründen erhaltenswerte Substanz auf, so dass etwa die Hälfte der Bauten eine historische Aussage überliefert und den gewachsenen Gesamteindruck des Ortes im Miteinander der Bauten überzeugend vermittelt.

Die Denkmalbereichssatzung trat 2003 in Kraft. Während die Denkmalbereichssatzung die historischen Merkmale schützt, begleitet eine auf die Denkmalbereichssatzung abgestimmte Gestaltungssatzung bauliche Veränderungen und städtebauliche Entwicklungen.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Literatur

Heuser, Karl Wilhelm (1985)
Evangelische Kirche Lüttringhausen. 1735 - 1985 ; Zur Wiederherstellung des Gotteshauses vor 250 Seiten ; Aus der Geschichte von Kirchspiel und Gemeinde vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Lüttringhausen.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 227-231, Petersberg.
Stursberg, Ernst Erwin (1969)
Remscheid und seine Gemeinden. Geschichte, Wirtschaft, Kultur. Remscheid.
Stursberg, Ernst Erwin (1950)
Alt-Lüttringhausen. (Beiträge zur Geschichte Remscheids Heft 6.) Remscheid.

Denkmalbereich „Remscheid-Lüttringhausen“

Schlagwörter
Ort
42899 Remscheid - Lüttringhausen
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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„Denkmalbereich „Remscheid-Lüttringhausen“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-29107-13062019-293810 (Abgerufen: 23. März 2025)
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