Das klare Grundrissraster des hiesigen Industriekomplexes Buna-Werke findet in der kubischen Ausprägung der erhaltenen Baukörper (43000171) aus der Entstehungszeit mit ihren überwiegend nur durch die Fenster gegliederten Fassaden aus rotem Backstein seine Fortsetzung. Die Verwaltungs- und Versorgungsbauten zur Fernverkehrsstraße hin besitzen eine aufwendigere Gestaltung und geben der Anlage ein repräsentatives Erscheinungsbild. Im sogenannten Kameradschaftshaus ist sogar die originale Innenraumgestaltung und Ausstattung weitgehend erhalten geblieben. Im Zuge der Entstehung des Werks entstanden in Schkopau und Umgebung ausgedehnte Siedlungsflächen und viele, für die Versorgung tausender Arbeitskräfte notwendige soziale Einrichtungen. Trotz seiner wirtschaftlichen Bedeutung wurde das Werk in Zweiten Weltkrieg kaum zerstört.
Zwischen 1946 und 1953 wurde das Buna-Werk von der sowjetischen Aktiengesellschaft „Kautschuk“ verwaltet. Nach Rückgabe des Werks 1954 wurde es als VEB Chemische Werke Buna Schkopau wichtiger Teil des 1958 in Leuna beschlossenen Chemieprogramms der DDR. Unter dem Motto „Chemie gibt Brot, Wohlstand und Schönheit“ sah das Programm eine starke Steigerung der Produktion von Rohstoffen für die verarbeitende Industrie bis 1965 vor. In den folgenden Jahrzehnten kam im Buna-Werk unter dem Titel „Plaste und Elaste aus Schkopau“ neben dem Hauptprodukt Karbid die großindustrielle Herstellung von bereits seit 1940 produzierten Kunstoffen wie PVC, aber auch Polystyrol, Polyamid, Phenolharzen und verwandten Produkten der Chlorchemie hinzu. Sie wurde ab 1966 von der neuerrichteten nahegelegenen petrochemischen Anlage Leuna II ergänzt. In der Zeit wurde ein größerer Teil der DDR-Chemieindustrie von Karbo- auf Petrochemie umgestellt. Dank der „Drushba“-Pipeline konnte Erdöl aus der Sowjetunion über Schwedt/Oder ins Chemiedreieck gepumpt werden. Durch seine vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten wurde vor allem PVC massenhaft produziert. In der DDR waren in den damaligen VEB Chemische Werke Buna, einem der größten Chemiekombinate der DDR, bis zu 20.000 Menschen beschäftigt. Nach dem schweren Unfall in der PVC-Produktionsanlage in Bitterfeld 1968 wurde der wesentliche Teil der PVC-Produktion der DDR in die Buna-Werke verlegt. Mithilfe einer 1974 durch die Fa. Hoechst aus der BRD erfolgten Großinvestition wurde mit dem Bau einer hochmodernen PVC-Produktionsanlage auf einer Fläche von 60.000 qm am nordwestlichen Rand des Werksgeländes begonnen. Die Anlage konnte 1980 eingeweiht werden und war mithilfe von PVC-Lieferungen bis 1988 an die BRD abgezahlt. Nach der Wiedervereinigung wurden die Industriekomplexe Buna und Leuna 1995 zusammengefasst und vom US-amerikanischen Chemiekonzern DOW (Dow Olefinverbund GmbH) übernommen. Im Zuge dieser Entwicklung wurden über 100 Gebäude abgerissen und das Gelände zum Industriepark umgestaltet. Seit den 1990er-Jahren entstanden viele neue Produktionsanlagen und heute beschäftigt der Konzern circa 1500 Mitarbeitende, davon noch ca. 100 in den Anlagen der PVC-Produktion.
Datierung:
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Quellen/Literaturangaben:
- Buna Sow Leuna Olefinverbund GmbH (Hrsg.): Die Chemie muss stimmen. 1990 – 2000. Bilanz des Wandels. Pinneberg, 1996.
- Buna Sow Leuna Olefinverbund GmbH (Hrsg.): Plaste und Elaste aus Schkopau : 60 Jahre Buna-Werke. Pinneberg, 1996.
- InfraLeuna GmbH (Hrsg.): Leuna. 100 Jahre Chemie, Leuna 2016.
- Seniorenbüro Merseburg (Hrsg.): Das Buna-Werk Schkopau: 1936 - 1989 : zum 70. Jahrestag der Grundsteinlegung des ersten deutschen Buna-Synthesekautschuk-Werkes am 25. April 1936 in Schkopau. Merseburg, 2006.
- http://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query/detail.aspx?ID=3856, abgerufen am 26.7. 2023
- https://de.dow.com/de-de/unternehmen/unternehmensgeschichte.html, abgerufen am 26.7. 2023
BKM-Nummer: 43000170