Steinkohleschacht Doberlug-Kirchhain

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Doberlug-Kirchhain
Kreis(e): Elbe-Elster
Bundesland: Brandenburg
Koordinate WGS84 51° 38′ 22,7″ N: 13° 30′ 49,72″ O 51,63964°N: 13,51381°O
Koordinate UTM 33.397.157,74 m: 5.722.005,01 m
Koordinate Gauss/Krüger 5.397.252,77 m: 5.723.849,22 m
  • Steinkohleschacht Doberlug-Kirchhain

    Steinkohleschacht Doberlug-Kirchhain

    Fotograf/Urheber:
    Kaja Boelcke
    Medientyp:
    Bild
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    Steinkohleschacht Doberlug-Kirchhain

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Bei Brunnenbohrarbeiten für die Brauerei Kühne in Doberlug-Kirchhain stieß man 1926 auf Kohle. Nach ausführlichen Untersuchungen der Preußischen Geologischen Landesanstalt wurde festgestellt, dass es sich nicht um das erhoffte Braunkohleflöz, sondern um Steinkohle handelte. Insgesamt vier Probebohrungen zwischen 1927 und 1931 rund um Kirchhain ergaben, dass die vorgefundene schieferhaltige Steinkohle nicht rentabel abgebaut werden konnte. Als Grund wurde angegeben, die Kohle sei zu Vergasung und Verkokung ungeeignet, nur eine Elektrizitätserzeugung sei in Betracht zu ziehen. Aus den Untersuchungen geht auch hervor, dass die Mächtigkeit der Flöze zwischen 8,97 m und 12,95 m schwankte.
Um Grundstücksspekulationen vorzubeugen, erließ das Preußische Staatsministerium am 10.10.1927 die Notverordnung, dass der Abbau von Steinkohle und die Gewinnung von Erdöl aufgrund des 55. Artikels der Preußischen Verfassung dem Staat vorbehalten sei und den Grundstückseigentümern entzogen wird. Diese Notverordnung wurde kurze Zeit später wieder aufgehoben. Als Begründung wurde der Zweck einer Notverordnung genannt: Eine Notverordnung soll eine akute Gefahr für den Staat verhindern und keinen anhaltenden Sachverhalt schaffen. Somit konnte das Bergrecht infolge eines ordentlichen Gesetzes für die brandenburgischen Provinzen erst am 22.07.1929 beschlossen werden.
Aufgrund der Kohleknappheit gegen Ende des Zweiten Weltkriegs verfügte die sowjetische Militäradministration das Abteufen eines Untersuchungsschachts mit dem Ziel der Steinkohlegewinnung. Nordwestlich von Kirchhain, nahe der Torgauer Straße, sollte auf Anordnung des Amtes für Berg- und Hüttenwesen ein Schacht mit der Dimension eines Förderschachtes entstehen. Nach der Anordnung am 28.01.1947 erfolgten im Mai die ersten Vorarbeiten, etwa die Rodung eines Waldstücks, der Bau von Baracken und die Verlegung einer Hochspannungsleitung aus Tröbitz.
Die Ankunft von Kriegsflüchtlingen in den umliegenden Ansiedlungen vergrößerte die Wohnungsnot, die durch 47 Bergleute aus Oberschlesien, die am 01.08.1948 die Arbeit in der neuen Steinkohlezeche aufnahmen, noch verschärft wurde. Auch aus westdeutschen Bergbauunternehmen wurden Fachkräfte abgeworben. Die Einwohnerzahl Doberlug-Kirchhains stieg in diesen Jahren auf 20.000. Dabei lebten viele Menschen auf engstem Raum zusammen.
Von 1948 bis 1949 wurde die Waldhufensiedlung in der Waldhufenstraße in ungefähr 400 m Entfernung vom Schacht errichtet. Sie besteht aus fünf Reihenhäusern mit jeweils vier Wohnungen. Geplant waren noch weitere Baumaßnahmen, die jedoch nicht realisiert wurden.
Die Beschäftigten des VEB Schachtbau Nordhausen (ursprünglich Gebbert und König) mussten zusammen mit den Bergleuten den Schacht mit veralteten Maschinen abteufen, da die neuste Technik im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Außerdem fehlte es an Materialien. So wurde beispielweise das Fördergerüst mit einer quadratischen Grundfläche von 12,7 m und einer Höhe von 27 m aus Holz statt aus Stahl errichtet. Die Arbeiten wurden am 14.08.1948 fertiggestellt. Auch an Eisenrohren für das Gefrierverfahren zur Herstellung trockener Bodenverhältnisse mangelte es. Die Bohrungen hierfür dauerten ungefähr ein Jahr, bevor am 15.08.1949 die Gefrieranlage in Betrieb gehen konnte. Der Beginn des Abteufens nach vollständiger Gefrierung des Grundwassers ist auf den 17.11.1949 zu datieren. Der Schacht selbst wurde mit einem Durchmesser von 6,2 m abgeteuft und mit einer Wand aus 0,75 m Mauerwerk und 0,3 m Beton gesichert.
Bei 169 m Teufe stieß man auf einen ersten wasserführenden Hohlraum. Dieser Hohlraum und der Druck des Grundwassers auf die gefrorene Mauer sowie die Einwirkung der Kräfte des Bodens verlangten Meter dicke Betonsohlen an schwierigen Stellen und erschwerten die Arbeiten. Am 24.05.1951 erreichte man 237 m Teufe. Hier wurden Pumpenkammern zur Gewährleistung der Wasserhaltung eingesetzt, da tauendes Wasser aus dem Gefrierkreis nicht in den Griff zu bekommen war. Bei 284 m war das Wasserproblem trotz immer neuer Pumpen nicht zu bewerkstelligen, sodass sich im Juni 1952 der Schacht bis zu einer Teufe von 210 m mit Wasser füllte und nur durch zusätzliche Pumpen wieder trockengelegt werden konnte. Im August war die Schachtsohle trockengelegt und am 18.11.1952 die Endteufe von 428,8 m erreicht. Damit ist er der tiefste Schacht der brandenburgischen Lausitz. Eine zusätzliche Abdichtung mit Zement und Chemikalien machte einen ungefähr 500 m entfernten Brunnen im Forst unbrauchbar.
Die Abräumförderung erfolgte mittels Förderkübel, bevor am 24.02.1954 die Förderanlage fertiggestellt war. Die Füllorte waren auf 407 m und 337 m eingerichtet und mit einem gemauerten Tonnengewölbe versehen. Eine Tür zum Füllort sollte vor eindringendem Wasser schützen.
Wetterführung und Fluchtwege waren bei 389 m Teufe angesetzt. Zu dieser Teufe gelangten die Bergleute über Leitern. Im Anschluss der Abteufung fand die Untersuchung der Kohle durch die Bergakademie Freiberg und das Zentralgeologische Institut statt. Das Ergebnis stand am Ende der Vorarbeiten und Voruntersuchungen im Juni 1956 fest: Die vorgefundene Steinkohle war nicht verkokungsfähig und konnte in gängigen Öfen nicht verbrannt werden. Außerdem würde die starke Durchsetzung von Schiefer einen hohen Kostenaufwand verursachen, wenn die beiden Materialien voneinander getrennt werden.
Bevor der Abbau in der Grube eingestellt wurde, baute man eine größere Menge ab und transportierte sie in die Tschechoslowakei, wo einige Anlagen mit entsprechenden Voraussetzungen für die Verarbeitung zu dem Zeitpunkt errichtet wurden. Die Grube wurde gesichert und flutete sich nach der Abstellung der Pumpen selbst mit Grundwasser. Nach der Abdeckung des Schachts fand am 31.10.1959 die Übergabe des Geländes inklusive aller Gebäude und Baracken an die Nationale Volksarmee statt. Das Eisenbahn-Pionier-Ausbildungsregiment wurde auf dem ehemaligen Schachtgelände stationiert und die Baracken als Soldatenunterkünfte genutzt. Die übrigen Gebäude dienten als technisches Lager, nachdem der Neubau einer Kaserne an der Torgauer Straße 1973 fertiggestellt war.
2008 führte man im Auftrag des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoff eine umfassende Untersuchung hinsichtlich der Standsicherheit durch. Die Befahrung mittels Unterwasserkameras ergab, dass im gesamten Schacht keine Schäden auszumachen waren und lediglich die Schachtabdeckung Korrosionsschäden aufwies. 2010 wurde daraufhin die Abdeckung durch eine massive, ebenerdige Betonplatte ausgetauscht und der heute sichtbare Einstieg errichtet.
Der nördliche Teil des ehemaligen Schachtgeländes ist mit einem Betonboden aus Platten versehen. Hier befindet sich ein barackenähnliches Gebäude, das noch aus der Errichtungszeit stammen könnte.
Als einziger Steinkohleschacht in der brandenburgischen Lausitz stellte der Schacht Doberlug-Kirchhain eine Besonderheit da. Außerdem ist er mit 428,8 m Teufe der tiefste Schacht der Region. An seinem Beispiel lässt sich das regionale Problem der Wasserhaltung eindrucksvoll nachvollziehen.

Datierung:
  • Erbauung: 1927-1959

Quellen/Literaturangaben:
  • Procopius, H.-G., Der historische Bergbau im Raum Doberlug-Kirchhain, Cottbus, 2012

BKM-Nummer: 32001021

(Erfassungsprojekt Lausitz, BLDAM 2023)

Steinkohleschacht Doberlug-Kirchhain

Schlagwörter
Ort
Werenzhain
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank

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„Steinkohleschacht Doberlug-Kirchhain”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-32001021 (Abgerufen: 19. März 2025)
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