Margarethenhütte

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Großdubrau, Radibor
Kreis(e): Bautzen
Bundesland: Sachsen
Koordinate WGS84 51° 15′ 4,86″ N: 14° 27′ 10,4″ O 51,25135°N: 14,45289°O
Koordinate UTM 33.461.817,37 m: 5.677.918,59 m
Koordinate Gauss/Krüger 5.461.939,17 m: 5.679.745,39 m
  • Die Margarethenhütte 1906 und 1978 (Kartengrundlage: Sächsische Landesbibliothek -Staats- und Universitätsbibliothek / Deutsche Fotothek: TK (Messtischblätter) Sachsen, Section Radibor, 1906; US Geological Survey: Declassified Satellite Imagery 3 [1978]. 2013; Kartierung A. Prust, 2022)

    Die Margarethenhütte 1906 und 1978 (Kartengrundlage: Sächsische Landesbibliothek -Staats- und Universitätsbibliothek / Deutsche Fotothek: TK (Messtischblätter) Sachsen, Section Radibor, 1906; US Geological Survey: Declassified Satellite Imagery 3 [1978]. 2013; Kartierung A. Prust, 2022)

    Fotograf/Urheber:
    Anja Prust
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
Um 1839 wurde in den Gemarkungen Luttowitz/Merka, Quatitz und Großdubrau bereits oberflächennah Braunkohle im „wilden Bergbau“ in kleinen Bauerngruben abgebaut. Kurze Zeit später gründeten Unternehmer und Gutsbesitzer die ersten Braunkohlewerke und schlossen Tagebaue und Tiefbaugruben auf. Ab 1842 ist die Förderung im Abbaufeld Luttowitz/Merka dokumentiert; 1849 wurden im Abbaufeld Quatitz/Großdubrau die ersten Schächte gebaut. Das Grubenfeld Kleinsaubernitz/Guttau wurde seit 1848 von mehreren Unternehmern erschlossen. Die reichen Kaolin- und Tonvorkommen in der Region wurden bei der Braunkohleförderung ebenfalls mitabgebaut.

1856 gründete Fedor Geyer eine Tonwarenfabrik für Schamottesteine, Gasretorten und Drainageröhren. Sein Kohlenwerk und die Tonwarenfabrik wurden unter dem Namen „Margarethenhütte“ bekannt – vermutlich benannt nach der Tochter Königs Johann von Sachsen. 1858 wurden die Tonwarenfabrik und die dazugehörigen Gruben an die neu gegründete Aktiengesellschaft „Tonwaren- und Braunkohlenaktienverein Margarethenhütte“ verkauft; Fedor Geyer wurde Vorsitzender des Verwaltungsrates. Es folgten intensive Um- und Ausbauten in den 1860er Jahren; u. a. wurden ein Brennofengebäude, ein Maschinenhaus, eine Ziegelei und das Huthhaus errichtet. Ein Jahr später trat der Hauptaktionär Geyer zurück. Nach Eröffnung eines Konkursverfahrens wurde der Aktienverein 1865 aufgelöst und die „Margarethenhütte“ 1866 an „Fuchs & Co. Dresden“ versteigert. Gefertigt wurden nun Schamotte-, Mauer- und Dachsteine sowie Drainagerohre. Im Juli 1872 kaufte der Industrielle Hermann Schomburg die Hütte und richtete sie als Zweigniederlassung seiner „Actien-Gesellschaft für Telegraphen-Bedarf“ Berlin ein. Zur Produktpalette zählten Schweinetröge, Rohre und Entlüftungshauben. Die Braunkohlen- und Tongruben wurden für den Eigenbedarf bis 1904 betrieben. 1876/77 begann die Fertigung von Porzellanisolatoren für Niederspannung. Mit der ersten gelungenen Drehstromfernübertragung 1891 stiegen Aufträge und Absatz der „Margarethenhütte“ sprunghaft an. Durch die stetige Weiterentwicklung der Isolatoren und ein 1902 in Betrieb genommenes Versuchsprüffeld für 118.000 V blieb das Unternehmen nahezu konkurrenzlos. Ein eigener Gleisanschluss des Werkes an die Strecke Weißenberg–Radibor folgte 1906. 1913 verlegte Schomburg den Firmensitz der nun „H. Schomburg & Söhne AG“ von Berlin Moabit nach Großdubrau. Das Werk wurde nochmals erweitert, war ab 1922 ein Betriebsteil der „Hermsdorf-Schomburg-Isolatoren Gmbh“ (Hescho) und lieferte seine Produkte in den 1920er Jahren in zahlreiche Länder Europas, in die Türkei und nach Ägypten. 1937 waren bereits über 900 Menschen im Werk beschäftigt. Während des Zweiten Weltkrieges wurden zwischen 1942 und 1945 nachweislich auch Ostarbeiter und Kriegsgefangene in der Produktion beschäftigt, die vermutlich in den so genannten „Koreabaracken“ auf dem Werksgelände untergebracht waren (Abriss 1999). Zeitzeugen berichteten von über 400 ausländischen Arbeitskräften. Am 18.04.1945 wurde der Betrieb zunächst bis Juni eingestellt. Es folgten die Demontage eines Großteils der Anlagen bis 1946, der provisorische Neubeginn der Produktion, die Umwandlung in Volkseigentum und Jahre des Wiederaufbaus. Auf dem westlich der Hütte gelegenen Grubenfeld wurde zwischen 1947 und 1950 im Notkohlenbetrieb die beim Kaolinabbau freigelegte Braunkohle im Tagebau abgebaut.
Forschung und Entwicklung standen in den 1950er/60er Jahren im Mittelpunkt. Die „Margarethenhütte“ wurde erneut ein Weltspitze-Unternehmen in der Herstellung von Elektroporzellan. Nach Eingliederung in das „Kombinat Keramische Werke Hermsdorf“ 1969 folgten weitere Modernisierungen, Mechanisierungen und Automatisierungen. Im Zuge des Arbeitskräftemangels wurden auch DDR-Strafgefangene beschäftigt. Nach der politischen Wende war das Werk nicht mehr konkurrenzfähig und wurde im Juli 1991 endgültig stillgelegt. Der „Förderverein Margarethenhütte Großdubrau e.V.“ gründete sich noch im selben Monat und betreut heute das „Elektroporzellanmuseum Margarethenhütte Großdubrau“. Nach dem Abbruch zahlreicher Werksanlagen siedelten sich neue Firmen auf dem Gelände an.

(Anja Prust, Landesamt für Archäologie Sachsen, 2023)

Datierung:
  • 1856–1991

Quellen/Literaturangaben:
  • O. Bastian, H. Joseph, H. T. Porada, Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Lohsa, Klitten, Großdubrau und Baruth (Köln 2005).
  • K. Fleischer, Die Bahnlinie Weißenberg–Großdubrau–Radibor. Ihre Bedeutung für die Wirtschaft und die Margarethenhütte. Informationsblätter zur Margarethenhütte Großdubrau 7 (Großdubrau 2019).
  • K. Fleischer, Margarethenhütte Großdubrau. Werden - Wachsen - Neubeginn - Schrumpfen - Erinnern. Informationsblätter zur Margarethenhütte Großdubrau 19 (Großdubrau 2021).
  • Förderverein Margarethenhütte Großdubrau [Hrsg.], Von Kohle, Ton und Kaolin zum Elektroporzellan. 150 Jahre „Margarethenhütte“ Großdubrau. Festschrift 1857 – 2007 (Großdubrau 2007).
  • L. Jünger, Geologie-Bergbau-Lehrpfad der Region Großdubrau. Braunkohle-, Kaolin-, Ton- und Sandabbau in den Revieren Großdubrau, Quatitz, Merka und Crosta. Informationsblätter zur Margarethenhütte Großdubrau 11 (Großdubrau 2014).
  • D. Sperling, Kleinstbetriebe des Braun- und Steinkohlenbergbaus in der SBZ/DDR 1945-1960. Vom Notkohlenbergbau zur örtlichen Industrie, Bd. 2. Beiträge zur Geschichte des Braunkohlenbergbaus in der SBZ/DDR (Cottbus 2015).
  • Elektroporzellanmuseum Margarethenhütte: http://www.museum-mhuette.de/ (abgerufen 19.09.2022)

Bauherr / Auftraggeber:
  • --

BKM-Nummer: 31100161

Margarethenhütte

Schlagwörter
Ort
Großdubrau
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt steht unter der freien Lizenz CC BY-NC 4.0 (Namensnennung, nicht kommerziell). Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
„Margarethenhütte”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-31100161 (Abgerufen: 26. März 2025)
Seitenanfang