VAW Lautawerk

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Lauta
Kreis(e): Bautzen
Bundesland: Sachsen
Koordinate WGS84 51° 27′ 16,41″ N: 14° 06′ 28,95″ O 51,45456°N: 14,10804°O
Koordinate UTM 33.438.025,80 m: 5.700.752,79 m
Koordinate Gauss/Krüger 5.438.136,98 m: 5.702.588,71 m
  • Das VAW Lautawerk 1924 und 2022 (Kartengrundlage: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek / Deutsche Fotothek: Messtischblatt 2618: Hohenbocka, 1924; GeoSN, dl-de/by-2-0.: DOP Sachsen, 2022; Kartierung: A. Prust 2022)

    Das VAW Lautawerk 1924 und 2022 (Kartengrundlage: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek / Deutsche Fotothek: Messtischblatt 2618: Hohenbocka, 1924; GeoSN, dl-de/by-2-0.: DOP Sachsen, 2022; Kartierung: A. Prust 2022)

    Fotograf/Urheber:
    Anja Prust
    Medientyp:
    Bild
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Das Lautawerk der Vereinigten Aluminium-Werke (VAW) wurde als Kriegsanlage zur rohstofflichen Autarkie geplant und war einst größtes Tonerde- und Aluminiumwerk Europas – bestehend aus einer Aluminiumhütte mit Kraftwerk, Elektrolyse, Tonerde-, Aluminiumoxid- und Elektrodenfabrik sowie einer Kalksandsteinfabrik. Mit Baubeginn 1917 wurde eigens für das Lautawerk auch ein Kraftwerk errichtet und der Tagebau Erika/Laubusch aufgeschlossen. Während sich die „Ilse-Bergbau AG“ zu einer 50jährigen Belieferung mit Braunkohle verpflichtete, wurde die benötigte Tonerde in der Tongrube Guttau/Sachsen gewonnen. Nahe dem Lautawerk entstanden auch Wohnsiedlungen samt Sozialbauten und Kirchen, die wie die Industrieanlagen vom Architekten Clemens Simon entworfen wurden. Für den Bau wurden nach Schätzungen 700–3.000 Kriegs- und Zivilgefangene (Briten, Franzosen, Russen, Italiener, Belgier) herangezogen. Nur 18 Monate nach Baubeginn ging die Aluminiumhütte im Oktober 1918 in Produktion und das Kraftwerk ans Netz. Bereits 1919 war eine Demontage aus Kosten- und Rentabilitätsgründen geplant, konnte jedoch mit staatlicher Förderung abgewendet werden. Im gleichen Jahr wurde die Kalksandsteinfabrik für den Siedlungsbau in Betrieb genommen. Das Kraftwerk wurde im Oktober 1921 an die „Elektrowerke AG“ Berlin (EWAG) verkauft – war somit ein Reichsbetrieb – und ans sächsische Landesnetz angeschlossen. 1926 wurden die Anlagen im Zuge des Stromnetz-Ausbaus erweitert. Nach einem Produktionsrückgang im Lautawerk aufgrund von Rohstoffknappheit und Lieferschwierigkeiten während der Weltwirtschaftskrise folgte in den 1930er Jahren eine erste massive Erweiterung und die Errichtung neuer Anlagen wie z. B. Großversuchsanlagen zur Herstellung kalzinierter Tone. Das Kraftwerk wurde 1937 ebenfalls modernisiert und weiter ausgebaut. Auch während des Zweiten Weltkrieges galt das Lautawerk als kriegswichtiges Unternehmen. Forschungen zu Aluminiumlegierungen für den Flugzeugbau wurden angeordnet und zwischen 1941 und 1943 eine Elektrodenfabrik mit 16 Einzelbauwerken im Südosten des Werksgeländes errichtet. Die zu steigernde Produktion und der erhebliche Mangel an Arbeitskräften führten zwischen 1940 und 1945 zum erneuten Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die in zwei Gefangenenlagern innerhalb des Werksgeländes untergebracht waren. Zu dieser Zeit verzeichnete das Lautawerk insgesamt Beschäftigungszahlen von mehr als 17.000 Menschen. Zwischen September 1944 und März 1945 gab es sechs Luftangriffe alliierter Verbände, die im März 1945 zur Einstellung des Betriebes infolge massiver Zerstörungen führten. Nach Kriegsende wurde ein Großteil der Anlagen im Rahmen von Reparationsleistungen demontiert und in die damalige Sowjetunion verbracht; darunter auch Teile des Kraftwerkes, das ab Sommer 1945 wiederaufgebaut wurde. 1946 folgte die Teil-Enteignung des Lautawerks, 1948 die Überführung in Volkseigentum. Im gleichen Jahr konnte eine kleine Produktion in der Aluminium- und Eisengießerei wiederaufgenommen werden. Das Leunawerk nutzte auf dem Gelände eine Anlage zur Rotschlammtrocknung und eine zentrale Reparaturabteilung für Großreparaturen an Kraftwerksanlagen wurde eingerichtet. Auch die technischen Anlagen des Kraftwerkes wurden ab Beginn der 1950er Jahre bis 1965 modernisiert und erweitert. Im Dezember 1951 erfolgte die Inbetriebnahme einer neuen Tonerdefabrik unter dem Firmennamen „Chemiewerk Lauta“; am 1. März 1964 wurde die Aluminium-Produktion wiederaufgenommen. Nachdem das Werk ab 1960 der „VVB Elektrochemie und Plaste“ (Halle/Saale) angeschlossen wurde, war es ab 1970 als „Aluminiumwerk Lauta“ der Betriebsdirektion „Hütten des Chemiekombinats Bitterfeld“ (CKB) unterstellt und ab 01.01.1972 als „VEB Aluminiumwerk Albert Zimmermann“ ein eigenständiger Betrieb innerhalb des „VEB Mansfeld Kombinat Wilhelm Pieck“ Eisleben. 1978 folgten erneut Versuche zur Aluminium-Gewinnung aus einheimischem Ton, die 1986 eingestellt wurden. Nach der politischen Wende 1989/1990 musste der nun eigenständige Betrieb „Lautawerk GmbH“ die Aluminium-Produktion aus Kostengründen und aufgrund fehlendem Investor einstellen; die Tonerdefabrik wurde 1990 stillgelegt. Das Kraftwerk, vormals betrieben durch den „VEB Kraftwerke 'Artur Becker' Trattendorf“ musste seine Leistung zurückfahren und ging am 30.04.1992 endgültig vom Netz. Der Abriss eines Großteils der Bauten und Anlagen auf dem Werksgelände erfolgte bis Juli 1999. Heute sind nur noch vereinzelte Bestandsgebäude erhalten; seit 2004 befinden sich eine thermische Abfallbehandlungsanlage und ein Solarpark auf dem Areal. Durch die Einleitung bauxithaltiger Schlämme und Schwermetalle im Zuge der Aluminiumproduktion wurde im Umkreis des Lautawerkes das Boden-, Grund- und Oberflächenwasser erheblich kontaminiert. Seit 1994 erfolgt die Erkundung und Sanierung der Schäden im Rahmen des Ökologischen Altlastenprojektes Lautawerk.

(Anja Prust, Landesamt für Archäologie Sachsen, 2023)

Datierung:
  • 1917–1992

Quellen/Literaturangaben:
  • GeoSN, dl-de/by-2-0.: DGM1 Sachsen. 2022.
  • —: DOP Sachsen. 2022.
  • —: Historische DOP Sachsen 1995–2004. 2022.
  • —: Historische DOP Sachsen 2005. 2022.
  • —: Historische Karten (TK25 ab 1990). 2022.
  • —: Historische Karten (TK25 DDR Ausgabe Staat). 2022.
  • —: WebAtlasSN. 2022.
  • Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek / Deutsche Fotothek: Messtischblatt 2618: Hohenbocka, 1918. 2022.
  • —: Messtischblatt 2618: Hohenbocka, 1924. 2022.
  • —: Messtischblatt 2618, neue Nr. 4550: Hohenbocka, 1937. 2022.
  • US Geological Survey: Declassified Satellite Imagery 3 (1978). 2013.
  • P. J. Belli, Das Lautawerk der Vereinigte Aluminium-Werke AG (VAW) von 1917 bis 1948. Ein Rüstungsbetrieb in regionalen, nationalen, internationalen und politischen Kontexten (zugleich ein Beitrag zur Industriegeschichte der Niederlausitz) (Münster 2012).
  • D. Kahl et al., Braunkohlenverstromung im Lausitzer Revier. Die Geschichte der ehemaligen Braunkohlenkraftwerke, Beiträge zur Geschichte des Bergbaus in der Niederlausitz, Band 10 (Cottbus 2009).
  • M. Knauer, Hundert Jahre Aluminiumindustrie in Deutschland (1886–1986). Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 17 (München 2014).
  • Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH [Hrsg.], Braunkohlenveredlung in der Lausitz, Teil II (Ostsachsen). Wandlungen und Perspektiven 19 (Senftenberg 2011).
  • G. Meusel, 50 Jahre Kraftwerk Lauta 1918 - 1968 (Lauta 1968).
  • M. Pohl, VIAG Aktiengesellschaft 1923-1998. Vom Staatsunternehmen zum internationalen Konzern (München/Zürich 1998).

Bauherr / Auftraggeber:
  • --

BKM-Nummer: 31100089

VAW Lautawerk

Schlagwörter
Ort
Lauta, Stadt
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
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„VAW Lautawerk”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-31100089 (Abgerufen: 26. März 2025)
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