Die Bauarbeiten (u. a. Brunnenbauten) wurden von lokalen Unternehmen durchgeführt. Schon im Herbst 1938 waren 350 Kriegsgefangene aus der Tschechoslowakei in ca. 12–15 Zelten auf dem Gelände untergebracht, die beim Aufbau der Baracken eingesetzt wurden. Die Barackenteile lieferte die Firma Schneider aus Bernsdorf. Anfänglich wurden in einer Baracke zwischen 800 und 1.000 Gefangene untergebracht.
Von September 1939 bis Oktober 1940 waren im Stammlager Stalag IV tschechische und polnische – zeitweise auch russische – Kriegsgefangene interniert. Schätzungen geben für den 20.09.1939 bereits 7.000 Gefangene an, von denen ein Großteil bei der Ernte in den umliegenden Gemeinden eingesetzt wurden. Überdies nutzten u. a. auch der Steinbruch Schwarzkollm, die Dachziegelfabrik Weist, das Forstamt und die Stadtverwaltung Hoyerswerda Zwangsarbeiter. Für den Braunkohletagebau „Erika/Laubusch“ wurden 1939 200 Gefangene zur Verfügung gestellt, für den Tagebau „Werminghoff“ 100 Gefangene, im Tagebau „Heye III“ arbeiteten 20 Gefangene. Für den Arbeitseinsatz der Gefangenen war das Arbeitsamt Kamenz zuständig.
Das Offiziersgefangenenlager Oflag IV D wurde am 05.06.1940 eingerichtet. Bis Februar 1945 waren hauptsächlich französische Offiziere interniert sowie auch Briten, Belgier und Kanadier. Die Belegungszahlen schwankten meist um 4.000; am 01.12.1944 befanden sich laut Schriftquellen sogar 5.223 Gefangene im Lager. Stalag und Oflag nahmen anfangs eigene, durch Zäune voneinander getrennte Bereiche ein. Im Februar 1941 wurde das Stalag IV A nach Hohnstein verlegt.
Das Lazarett, ausgelegt für 300 Kranke, verfügte über fünf Krankenbaracken, zwei Isolierbaracken, eine Behandlungsbaracke mit Apotheke, eine Desinfektionsbaracke, eine Küchenbaracke, eine Kapelle und eine Wohnbaracke für Personal. Ab 1942 wurde es als Reserve-Lazarett für Tuberkuloseerkrankte genutzt und zwischen 1944 und 1945 auch zur Versorgung deutscher Verwundeter.
Im Oflag entwickelte sich – nicht zuletzt durch den von der Lagerleitung gestatteten Empfang von Paketsendungen – ein außergewöhnliches Alltagsleben. Neben Messen und Gottesdiensten an Sonntagen, organisierten die Gefangenen selbst Konzerte und Theaterveranstaltungen. Eine Lagerbibliothek wurde eingerichtet und inhaftierte Lehrer und Hochschullehrer gründeten die „Universität Hoyerswerda“ mit einer rechts- und einer geisteswissenschaftlichen Fakultät, an der sich nahezu 3.000 inhaftierte Offiziere einschrieben. Die Abschlüsse wurden nach Entlassung aus dem Lager oftmals anerkannt.
Aufgrund der nahenden Roten Armee begann am 17. Februar 1945 die Evakuierung zum Oflag IV B (Festung Königstein) und ins Lager IV C (Großenhain); circa 500 marschunfähige Gefangene verblieben im Lager.
Nach einer schnellen Räumung bei Kriegsende entstanden auf dem Gelände zwei russische Speziallager: die Kriegsgefangenen-Sammelstelle SPW Nr. 3 und das Front-Aufnahme- und Durchgangslager FPPL Nr. 30. Zwischen dem 24. April und dem 20. Oktober 1945 waren nach Schätzungen bis zu 60.000 deutsche Soldaten interniert, die größtenteils bei der Schlacht um die Seelower Höhen und um Berlin, im Raum Pirna und Dresden gefangengenommen wurden. In einem gesonderten Bereich waren wohl auch 28 Generäle inhaftiert. Ab Mitte Juli 1945 erfolgte die Verlegung bzw. Entlassung der Gefangenen. Im September und Oktober 1945 wurden die beiden Lager dem Bürgermeister der Stadt Hoyerswerda übergeben. Das Areal wurde nun als Entlassungs- und Quarantänelager für heimkehrende deutsche Soldaten genutzt. Laut Berichten durchliefen im ersten Halbjahr 1946 mehr als 46.000 Soldaten das Lager.
Von August 1946 bis Januar 1948 hatte es die Funktion eines Umsiedlerlagers für die Vertriebenen aus den ehemals deutschen Ostgebieten. Es bestand aus dem Lager I (ehemaliges Stalag/Oflag) mit 39 Holzbaracken und 20 steinernen Baracken und dem Lager II (Lazarettlager) mit acht Holz- und vier Steinbaracken. Auch das ehemalige Wachmannschaftslager wurde als Lager III (Umsiedlerlager Neuwiese) genutzt und verfügte über 15 Holz- und vier Steinbaracken. Mit einer Kapazität von 15.000–30.000 Menschen war es das größte Umsiedlerlager in Sachsen. In den Jahren 1947 und 1948 wurden fast 160.000 Menschen aufgenommen. Im Juni 1947 musste das Lager aufgrund einer Typhusepidemie geschlossen werden. Erst im August 1947 erreichten neue Transporte das Lager, das ab Mai 1947 auch über einen Bahnanschluss an die Strecke Hoyerswerda–Neu-Petershain verfügte. Am 31.03.1948 wurden das Umsiedlerlager aufgelöst. Einen Großteil der Gebäude übergab man dem Landkreis Hoyerswerda; Teile des Inventars wurden an andere Umsiedlerlager geschickt, Baracken wurde transloziert und fanden neue Verwendung. Im Lazarett richtete die Polizei bis zum 25. Juli 1949 ein Haftlager ein, das der Unterbringung von „nicht fluchtverdächtigen Gefangenen“ für den Abbau des Lagers diente.
Mit Errichtung des Kriegsgefangenenlagers wurde auf dem Friedhof in Nardt in einem Teilbereich ein eigener Lagerfriedhof eingerichtet. Hier wurden die im Stalag, Oflag und im Lazarett Verstorbenen bestattet. Anfang der 1950er Jahre wurde der Friedhof aufgelöst. Die Toten wurden exhumiert und ihre Heimatländer überführt; eine Ausnahme davon bildeten die russischen Kriegsgefangenen, die auf in einem eigenen Bereich des Friedhofs Nardt bestattet waren. Sie wurden 1973 in die Gedenkstätte „Am Ehrenhain“ in Hoyerswerda umgebettet. Nach Kriegsende wurde nördlich der B96 ein neuer Friedhof angelegt, der bald unter der Verwaltung des russischen Speziallagers stand. Hier sind die Verstorbenen des Speziallagers und des Umsiedlerlagers bestattet. Anfang der 1990er Jahre wurde die Grabanlage neugestaltet und 1993 zur Kriegsgräberstätte erklärt.
1957 wurde auf dem ehemaligen Gelände des Stalags/Oflags der Flugplatz Nardt eingerichtet, der auch heute noch durch einen Verein in Nutzung ist. Hinweistafeln erinnern an die Geschichte des Ortes. Das Stadtmuseum Hoyerswerda richtete 2011 in der letzten verbliebenen Lazarettbaracke auf dem Gelände der „Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule Sachsen“ ein Dokumentationszentrum zur Geschichte des Lagers ein, das frei besucht werden kann. Infolge der Erweiterung der Landesfeuerwehrschule ist derzeit ein Abriss geplant.
Der ehemalige Bereich der Kommandantur und der Mannschaftsunterkünfte wird heute landwirtschaftlich genutzt.
Das Lager Elsterhorst war das größte Offiziersgefangenenlager Deutschlands und das größte Lager für Kriegsgefangene im Osten Deutschlands. Das Kernlager (Stalag/Oflag) ist als Bodendenkmal (D-51610-08) ausgewiesen.
(Anja Prust, Landesamt für Archäologie Sachsen, 2023)
Datierung:
- 1939–1948
Quellen/Literaturangaben:
- GeoSN, dl-de/by-2-0.: DGM1 Sachsen. 2022.
- —: DOP Sachsen. 2022.
- —: Historische DOP Sachsen 1995–2004. 2022.
- —: Historische Karten (Messtischblatt vor 1945). 2022.
- —: Historische Karten (TK25 ab 1990). 2022.
- —: Historische Karten (TK25 DDR Ausgabe Staat). 2022.
- —: WebAtlasSN. 2022.
- US Geological Survey: Declassified Satellite Imagery 3 (1978). 2013.
- H. Brenner, W. Heidrich, K.-D. Müller und D. Wendler [Hrsg.], NS-Terror und Verfolgung in Sachsen. Von den frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen (Dresden 2018).
- K.-H. Hempel, Das Lager Elsterhorst. Erinnern – Gedenken – Mahnen. Neue Hoyerswerdaer Geschichtshefte Nr. 10 (2007).
- K.-D. Müller und D. Wendler, NS-Zwangsarbeit und Kriegswirtschaft 1939–1945. Ausländereinsatz im Deutschen Reich und in Sachsen. Repatriierung – Nachkriegsprozesse – Entschädigung (Dresden 2021).
- M. Richter, Die Oberlausitz im zweiten Weltkrieg. Studie zu den wendisch-deutschen Kreisen in Sachsen und Niedersachsen 1936-1946 (Bautzen 2021) S. 445–449.
- I. Wirth, Zwangsarbeiter im ehemaligen Kreis Hoyerswerda. In: Neue Hoyerswerdaer Geschichtshefte 9 (2006) 20–33.
- Stadtmuseum Hoyerswerda, Dokumentationszentrum Lager Elsterhorst: https://museum-hy.de/stadtmuseum/elsterhorst/ (abgerufen 12.07.2023)
Bauherr / Auftraggeber:
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BKM-Nummer: 31100086