Braunkohlenwerk Weißwasser

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Weißwasser / Oberlausitz
Kreis(e): Görlitz
Bundesland: Sachsen
Koordinate WGS84 51° 30′ 37,73″ N: 14° 38′ 34,94″ O 51,51048°N: 14,64304°O
Koordinate UTM 33.475.228,16 m: 5.706.655,01 m
Koordinate Gauss/Krüger 5.475.354,18 m: 5.708.493,61 m
  • Ehemaliges Abbaugebiet des Braunkohlenwerkes Weißwasser im heutigen Stadtgebiet und der Jahnteich, ehem. Glimmisch-Mulde, 2021 (Kartengrundlage: GeoSN, dl-de/by-2-0.: DOP Sachsen 2022; Foto: M. Neubacher, LfD Sachsen 2021)

    Ehemaliges Abbaugebiet des Braunkohlenwerkes Weißwasser im heutigen Stadtgebiet und der Jahnteich, ehem. Glimmisch-Mulde, 2021 (Kartengrundlage: GeoSN, dl-de/by-2-0.: DOP Sachsen 2022; Foto: M. Neubacher, LfD Sachsen 2021)

    Fotograf/Urheber:
    Anja Prust
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Braunkohlenbergbau (Tagebau und Tiefbau). Das „Braunkohlenwerk Weißwasser“ (auch „Kohlenwerke Weißwasser“ und „Grube Weißwasser“) wurde vermutlich 1860 von der Standesherrschaft Muskau eröffnet und erstreckte sich nördlich des Stadtgebietes auf einer Fläche von 3.000 x 800 Metern.
Der Abbau erfolgte in fünf Mulden im Tagebau- und Tiefbaubetrieb:
1) Glimmisch-Mulde (Tagebau 1868–1971, Tiefbau 1873–1900; 6 Sohlen, 22.820 m Strecke; heute Restlöcher Großer und Kleiner Jahnteich, 1905 wurde der trennende Jahndamm aus Schutt aufgeschüttet);
2) Neuteich-Mulde (Tagebau 1892–1897, Tiefbau 1895–1898; 5 Sohlen, 7.610 m Strecke);
3) Qualisch-Mulde (Tagebau 1887–1894, Tiefbau 1891–1911, 7 Sohlen, 25.060 m Strecke);
4) Nordmulde (Tagebau 1898–1899, Tiefbau 1895–1903, 6 Sohlen, 13.660 m Strecke) und
5) Adeline-Mulde (Tagebau 1903–1904, Tiefbau 1903–1905, 4 Sohlen, 3.417m Strecke).
Allein der Tiefbaubetrieb nutzte ein Stollensystem von rund 75 km; der Abbau erfolgte bis 70 m Teufe.

Die Kohleförderung begann wohl 1868 in der Glimmisch-Mulde. Bereits ein Jahr später wurde ein Gleisanschluss der Kohlebahn an die Strecke Berlin–Görlitz eingerichtet. 1872 verpachtete die Standesherrschaft Muskau die Grube an das Unternehmen „Thraenhardt & Dehnicke“ in Berlin mit der Zusicherung einer jährlichen Lieferung von 40.000 Hektoliter gutgesiebter Braunkohle an die Ziegeleien der Standesherrschaft sowie einer jährlichen Gesamtförderung von 480.000 Hektolitern. Aufgrund technischer Probleme gab der Pächter die Grube 1875 an die Standesherrschaft zurück.
Als technische Ausstattung sind für das Jahr 1880 zwei Maschinenhäuser, zwei Schachtkauen, drei Kesselhäuser, zwei Schornsteine, eine Schmiede mit Revier-/Zimmerstube, zwei Ladebühnen, ein Fördermaschinenhaus und ein dreistöckiger Förderturm verzeichnet.
1881 wurde das Werk für 30 Jahre an den Kommerzienrat Emil Meyer aus Köthen verpachtet. Sein Schwager Joseph Schweig übernahm die kaufmännische Leitung und war kurz darauf an der Gründung mehrerer Glashütten in Weißwasser beteiligt, die Hauptabnehmer der Braunkohlewerke wurden.
1903 wurde eine Seilbahnverbindung zwischen der Adelinemulde und der Verladeanlage am sogenannten „Kohlestaubplatz“ eingerichtet (Areal zwischen Muskauer Straße, Teichstraße, Straße des Friedens und dem Bahnhof der Waldeisenbahn). Namensgebend für letzteren war die Staubkohle, die bei der Verladung abfiel. Diese wurde auf dem Platz aufgehaldet und mit Erde und Gras abgedeckt, um eine Selbstentzündung zu verhindern. Um die Staubkohle zu verwerten, verfügten die „Kohlenwerke Weißwasser“ seit 1882 über eine Nasspresse, die wohl nur bis 1890 in Betrieb war. Die obertägige Lagerung der Staubkohle war somit bis zur Schließung des Werkes weiterhin unausweichlich. Erst Ende der 1930er Jahre wurde die Halde abgebaut, die Staubkohle in den Ziegeleien genutzt; der Kohlestaubplatz diente nun als Veranstaltungsort für u. a. Zirkusvorstellungen und im Winter als Rodelberg.
Nach Auflösung des Kohleausbeutevertrages mit der Standesherrschaft Muskau wurden die Kohlenwerke 1911 stillgelegt. Die Standesherrschaft übernahm die technischen Anlagen für ihre eigenen Gruben; die Gruben selbst verblieben im Besitz der ehemaligen Käufer. So schenkte Joseph Schweig dem Turn- und Rettungsverein Weißwasser die ausgekohlte Qualisch-Mulde, die sich mit Wasser füllte. 1900 wurden ein Vereinslokal eröffnet und kurz darauf eine Sportstätte angelegt, die nach Friedrich Ludwig Jahn benannt wurde – ein Denkmal flankiert die Anlage seit 1906. Die Qualischmulde trug bald den Namen „Jahnteich“ und konnte 1907 von Einwohnern und Besuchern mit dem Dampfer „Venedig“ befahren werden. Heute sind das „Jahnbad“ und der „Jahnpark“ feste Bestandteile im Freizeitleben der Bewohner Weißwassers. Die Neuteich-Mulde ging 1914 in den Besitz der Gemeinde Weißwasser über. Auf der Halbinsel wurden Kleingärten zur Selbstversorgung verpachtet. Die Adeline-Mulde, östlich der Muskauer Straße, wurde 1915 durch Kriegsgefangene zu einer Parkanlage umgestaltet; heute befinden sich auf diesem Areal Sportstätten. In 1970er/1980er Jahren wurden letzte Stollenreste von der Bergsicherung verwahrt.
Nahezu alle ehemaligen Abbauflächen der Kohlenwerke Weißwasser sind als Gebiete mit unterirdischen Hohlräumen gemäß §8 SächsHohlrVO ausgewiesen.

(Anja Prust, Landesamt für Archäologie Sachsen, 2023)

Datierung:
  • 1868–1911

Quellen/Literaturangaben:
  • GeoSN, dl-de/by-2-0.: DGM1 Sachsen. 2022.
  • —: DOP Sachsen. 2022.
  • —: Historische DOP Sachsen 1995–2004. 2022.
  • —: Historische Karten (Messtischblatt vor 1945). 2022.
  • —: Historische Karten (TK25 DDR Ausgabe Staat). 2022.
  • —: Hohlraumkarte. 2022.
  • —: WebAtlasSN. 2022.
  • Landesamt für Archäologie Sachsen: Luftbilder 1950er/60er Jahre. 2021.
  • —: Preußisches Urmesstischblatt 4453 Schleife. 2021.
  • —: Preußisches Urmesstischblatt 4454 Muskau.
  • Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek / Deutsche Fotothek: Messtischblatt 2548: Weißwasser, 1903. 2022.
  • —: Messtischblatt 4454: Muskau, 1903. 2023.
  • o. A., Vorkommen bis an die Erdoberfläche, Kohlestaubplatz und Untersuchungen. In: Lausitzer Rundschau, Ausgabe Weißwasser, 10.04.2004.
  • F. Tischer, Der Braunkohlenbergbau um Weißwasser und Muskau unter besonderer Beachtung des Eisenbahnwesens (Weißwasser 2017) 82–84.
  • W. Schossig, Der Braunkohlenbergbau auf dem Muskauer Faltenbogen. Beiträge zur Geschichte des Bergbaus in der Niederlausitz 6 (Cottbus 2006) 125.
  • Touristische Hinweistafeln der Stadt Weißwasser/O.L

Bauherr / Auftraggeber:
  • --

BKM-Nummer: 31100064

Braunkohlenwerk Weißwasser

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Ort
Weißwasser/O.L., Stadt
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
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„Braunkohlenwerk Weißwasser”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-31100064 (Abgerufen: 16. März 2025)
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