Der mehrflügelig angelegte Bau in dreigeschossiger Höhe wurde von dem Architekten Hans Bach entworfen und enstand seit 1954 auf verkipptem Gelände des ehemaligen Tagebaus Witznitz I, wobei das durch die Rudolf-Virchow-Straße erschlossene Gelände nach Süden durch den Verlauf der Witznitzer Werkbahn halbkreisförmig abgeschlossen wurde. Die Nähe zum Braunkohlenwerk Witznitz bedingte auch dessen Versorgung mit Notstrom sowie Wärmeenergie durch einen speziell für den Krankenhauskomplex aufgestellten Dampfkessel. Am Rand der Stadt sowie des neu erschlossenen Stadtteils Borna Nord ist das Krankenhaus verkehrsgünstig gelegen. Der für eine Bettenzahl von 700 konzipierte Bau sollte 30 Millionen Mark kosten und wurde bis zur Gesamtübergabe 1963 in zahlreichen Bauabschnitten fertiggestellt und einzelne Bereiche schrittweise in Betrieb genommen. Ein Mangel an Arbeitskräften der mit der Ausführung beauftragten Bau Union konnte nur teilweise durch freiwillige Arbeitseinsätze ausgeglichen werden. Zuerst wurde die längs der Rudolf-Virchow-Straße orientierte Poliklinik 1955 in einem ersten Bauabschnitt errichtet. Es folgte der Südflügel (Pädiatrie), der die Poliklinik mit den anderen Krankenhausteilen verbindende Behandlungstrakt (Inbetriebnahme 1958), die Aufnahmestation (Eröffnung 1960), die Belegung der Bettenhäuser I und II 1961, Kreißsaal und Neugeborenenstation sowie der chirurgischen Abteilung (1962). Schließlich erfolgte 1963 mit dem in der Flucht der Poliklinik anschließenden Infektionshaus und der Pathologie die vorläufige Fertigstellung. Der Wirtschaftstrakt mit Wäscherei, Küche und Werkstatt schloss sich in der nördlichen Geländespitze an.
Seit der Wende und der Übernahme des Krankenhauses durch die Sana-Kliniken erfolgten zahlreiche Anbauten und Umgestaltungen des Gebäudes, wobei der Grundriss des ursprünglichen Baus noch deutlich erkennbar ist. Zahlreiche Gebäude und Gebäudeteile des Baus aus den 1950er Jahren sind noch in ihrer originalen Anlage und Gestaltung erhalten und insofern für die monumental anmutende Bauweise des auslaufenden sozialistischen Klassizismus in seiner Ausdehnung auf den Funktionsbau ein architekturgeschichtliches Zeugnis. Vor allem der zwischen 1958 und 1960 errichtete Bau der Infektiologie mit seinem halbkreisförmig vorgelagerten und verglasten Treppenhaus, gefertigt aus Stahlbetonfertigbauteilen, war für analoge Bauten in Glauchau und Rüdersdorf Vorbild.
Neben seiner architekturgeschichtlichen Bedeutung ist das Krankenhaus Borna Zeugnis der Zentrumsfunktion der Stadt Borna in einem staatswichtigen Bergbaurevier und Industriegebiet. Darüber hinaus belegt das Ringen um seine Errichtung vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Einwohnerzahl in der Stadt und der Umgegend infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs die sozialgeschichtlichen Implikation des regionalen, bergbaubedingten Strukturwandels.
(Isabell Schmock-Wieczorek, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2022)
Datierung:
- Erbauung 1954-1963 (Jahr der Gesamtübergabe)
Quellen/Literaturangaben:
- Förderverein des Museums der Stadt Borna e. V. (Hg.): Von Abtei bis Zwiebelhaus. Ein Lexikon zur Geschichte der Stadt Borna; Borna 2001, S. 84 f.
- Schreckenbach, Gerhard: Aus der Geschichte der Funktionseinheit Kreiskrankenhaus/Kreispoliklinik Borna; In: Heimatblätter. Beiträge aus dem Altenburger und Bornaer Land 17 (2016), S. 62-71.
- Bauaktenarchiv Borna, Rudolf-Virchow-Str. 2 – Kreiskrankenhaus – Erschließung, darin u.a. Abschrift des Volkswirtschaftlichen Gutachtens für den Neubau des Krankenhauses und der Poliklinik Borna.
- Bauaktenarchiv Borna, Kreiskrankenhaus, Rudolf-Vircow-Str. 2 Infektionsgebäude 1958/1959.
- Christliches Umweltseminar Rötha e.V./Kulturbüro im Werk Espenhain (Hgg.): Glück auf, Witznitz!; Südraum Journal 10. Leipzig 1999, S. 31.
Bauherr / Auftraggeber:
- Ausführung: Bau-Union Leipzig (GND: 5057335-4)
- Entwurf: Hans Bach (Architekt)
BKM-Nummer: 30500007