Die aus zwei winkelförmig angeordneten Wohnblöcken bestehende Mehrfamilienhausbebauung entlang der Joseph-Haydn-Straße ist Teil der ab 1940 ausgeführten Erweiterung „Siedlung Böhlen Südstraße“. Für das Wohnungsbauprogramm mit insgesamt 200 Wohneinheiten für Angehörige der kriegswichtigen Aktiengesellschaft Sächsische Werke (ASW) und in Folge des Braunkohleabbaus durch Devastierung betroffene Wohnungssuchende erteilte das Reichsamt für Wirtschaftsausbau 1941 eine Ausnahmeregelung. Die ASW übertrug die Bauherrschaft an die Bergmanns-Wohnstättengesellschaft Borna mbH, den Entwurf und die Bauoberleitung übernahm die Planungsabteilung der ASW in Dresden. Der bis 1943 fertiggestellte Siedlungsteil setzt sich aus einem Vierfamilienhaus am nördlichen Abzweig der Joseph-Haydn-Straße und einem über einen eingeschossigen Garagenbau verbundenen Zwölffamilienhaus mit markantem Eingangsrisalit zur Richard-Wagner-Straße zusammen. Die zweigeschossige, traufständige Bebauung mit Satteldach schließt stadträumlich wirksam die Einfamilienhausbebauung der Beethovenstraße mit einem langgezogenen Wohnhof ab und bildet durch den Eingangsrisalit mit Satteldach und Dachreiter, der an die devastierte Kirche und Ortschaft Zeschwitz erinnert, einen klaren städtebaulichen Bezugspunkt nach Osten aus. Der langgestreckte Bau erfährt durch den Eingangsrisalit und die haustypenbedingte Varianz der straßenseitigen und rückseitigen Erschließung eine abwechslungsreiche Gestaltung und ein unterschiedliches Wohnungsangebot. Verwendung finden an den Köpfen der Haustyp S2 als Einspänner mit vier Zimmern, Küche und Bad bei 70,48 qm Wohnfläche und rückseitigem Eingang, dazwischen der Haustyp S1 als Zweispänner mit vier Zimmern, Küche, Bad und WC bei 86,23 qm Wohnfläche und straßenseitigem Zugang über den Eingangsrisalit sowie der Haustyp A3 als Zweispänner mit vier Zimmern, Küche und Bad bei 65,48 qm Wohnfläche mit straßenseitiger Erschließung. Der Haustyp A3 bildet auch den baulichen Abschluss nach Norden. Die massiv gemauerten Gebäude sind verputzt und traditionell gestaltet mit Bruchsteinsockel, schlicht profiliertem Traufgesims und regelmäßig gegliederten Fassaden. Die Eingänge sind durch Türleibungen und vorgesetzte Treppen betont.
Die im Auftrag der ASW in Böhlen errichtete Wohnbebauung ist im Kontext der Entwicklung von Böhlen zum Industrieort sozial- und ortsgeschichtlich sowie städtebaulich relevant.

(Nils Schinker, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2024)

Datierung:

• Erbauung 1941–1943 (Zwölffamilienwohnhaus)
  

Quellen/Literaturangaben:

• Geschichtsverein Böhlen und Umgebung (Hg.): Böhlener Geschichten. Ein Spaziergang durch Böhlen zwischen 1960 bis 1990; Böhlener Geschichten 8. Böhlen 2007, S. 8.
  
• Archiv des Landkreises Leipzig in Grimma, B21706, B12935
  

Bauherr / Auftraggeber:

• Bauherr: Bergmanns-Wohnstättengesellschaft Borna m.b.H.
  
• Entwurf: Aktiengesellschaft Sächsische Werke
  

BKM-Nummer: 30100298