Mit der Wahl von Espenhain für den Standort eines modernen Großbetriebes auf Braunkohlenbasis erwarb die Aktiengesellschaft Sächsische Werke 1936 das ehemalige Vorwerk mit dem Gasthof, um in den Folgejahren kurzfristig Wohnraum für die Betriebsangehörigen schaffen zu können. Ab 1937 war die Bauleitung des Werkes Espenhain im Gasthof »Aspe« untergebracht. In den Nebengebäuden entstanden Schlaf- und Aufenthaltsräume, der ehemalige Kuhstall (Leipziger Str. 13) wurde zum Ledigenheim ausgebaut, Kantine und Wascheinrichtungen zentral im Innenhof eingerichtet. 1938 errichtete die ASW nördlich der Scheune (Leipziger Str. 6a, 14) das Wohnlager I mit insgesamt vier typengleichen Baracken, in dem zunächst Arbeitskräfte und im Krieg englische Kriegsgefangene untergebracht waren. 1940 entstanden auf der Südseite des Gasthofes weitere Unterkunftsbaracken für Ingenieure. Der im Zweiten Weltkrieg von Zerstörungen weitgehend verschont gebliebene Komplex wurde weiterhin zu Wohnzwecken genutzt oder zur gewerblichen Nutzung umgebaut und erweitert. In den Gebäudeflügel des Gasthofes zog 1952 die Betriebsparteischule »Hugo Joachim« des VEB Kombinats Espenhain ein. 1956 wurde der frühere Pferdestall des Vorwerks an der Leipziger Straße 7 zu einem dreigeschossigen Mehrfamilienhaus umgewandelt und aufgestockt. An dessen Nordwestseite anschließend errichtete die Gemeinde Espenhain ein dreigeschossiges Wohn- und Geschäftshaus (Leipziger Str. 7a), in dem Gemeindeamt und Poststelle untergebracht waren.
Die noch heute existierende Gaststätte »Aspe« wurde zu DDR-Zeiten als HO-Gaststätte »Glück Auf« geführt. Im Innern bezeugen Wandmalereien des früheren Ortschronisten Helmut Zimmermann und Devotionalien die Geschichte der Braunkohlenindustrie. Bis auf eine Wohnbaracke und die Überformungen an den Gebäuden sind keine baulichen Zeugnisse aus der NS-Zeit mehr erhalten.
(Nils Schinker, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2022)
Datierung:
- Erbauung 1676 (Vorwerk)
Quellen/Literaturangaben:
- Sperling, Wolfgang: 700 Jahre Espenhain 1322-2022; Espenhain 2022, S. 47ff., S. 238-244, S. 314-317.
- Kreisarchiv des Landkreises Leipzig in Grimma, B22102_Espenhain_Whg_Rittergut.
- Kreisarchiv des Landkreises Leipzig in Grimma, B22557_Espenhain_Rittergut_Läden.
- Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 20640, Nr. 006_Espenhain_Rittergut.
Bauherr / Auftraggeber:
- Bauherr: Friesen, Freiherr von
- Bauherr: Pülz, Johann Christian
- Bauherr: Aktiengesellschaft Sächsische Werke (GND: 355314-0)
- Bauherr: Rat der Gemeinde Espenhain
- Entwurf: Gutzschebauch, Walter (Architekt, Rötha)
BKM-Nummer: 30100074