Weiler Merklinder Straße mit überkommenen Hofstellen im Stadtteil Merklinde

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Castrop-Rauxel
Kreis(e): Recklinghausen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 31′ 34,09″ N: 7° 20′ 1,31″ O 51,52614°N: 7,3337°O
Koordinate UTM 32.384.407,17 m: 5.709.652,05 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.592.600,59 m: 5.711.024,51 m
Die bäuerliche Siedlung Merklinde eine typische Weiler-artige Dorfanlage mit zahlreichen erhaltenen Hofstellen, die heute noch die ehemalige, landwirtschaftlich geprägte Struktur bezeugen und ihre Bedeutung für die Kulturlandschaft darstellen. Der Weiler Merklinde liegt an der heutigen von West nach Ost verlaufenden Merklinder Straße zwischen dem Hellweg im Norden, der Dortmunder Straße im Osten, der Stadtgrenze zu Dortmund im Süden sowie der Wittener Straße im Westen. Der von Nord-Süd gerichtete Straßenzug Kirchfeldstraße - Straße „In den Kämpen“ geht auf eine historische Wegeverbindung zurück [HISTORIKA, 2005; Blatt 4409. Uraufnahme 1842]. „Merklinde wird zum ersten Mal in dem Heberegister des Klosters Werden um 1150 als “Mediclinne„ erwähnt. Was der zweite Bestandteil dieses Ortsnamens “linne„ bedeutet, wurde schon bei Frohlinde festgestellt (siehe dort: “linne„ gleich Berglehne). Was “medic„ heißt, ist noch nicht sicher geklärt. Jellinghaus (in seinem Buche “Die Westfälischen Ortsnamen„) sieht in “medic„ das Eigenschaftswort “klein„; danach ist Mediclinne das kleine von den drei Linnendörfern, was in Wirklichkeit auch zutrifft“ [HARTUNG, 1974; Seite 43].

„Mit den beiden Höhendörfern Frohlinde und Bövinghausen gehörte auch Merklinde von altersher zum Amt und Kirchspiel Castrop. Erst in der neueren Zeit vollzog sich die kirchliche Trennung von den Castroper Mutterkirchen; zuerst erstand die katholische Marienkirche 1904 in Merklinde, die auch für die Bewohner von Bövinghausen zuständig ist. Die Kirche für die evangelischen Bewohner der beiden Bauerschaften liegt seit 1915 in Dortmund-Bövinghausen, die in jenem Jahre eingeweiht wurde.

Die erste Schule, die katholische Marienschule, öffnete 1872 ihre Pforten, die Evangelische Harkortschule 1893; beide Schulen, die erstere in Merklinde, die zweite in Bövinghausen, waren für beide Gemeinden bestimmt. Während des letzten Krieges diente die Harkortschule an der Gerther Straße 31 den Flüchtlingen und Obdachlosen als Unterkunft. Inzwischen besuchen die Kinder die Marienschule, bis sie 1962 in die neu erbaute Harkortschule einziehen konnten“ [ebenda].

„Abseits des Dorfes entwickelte sich an der Provinzstraße (Wittener Straße) eine Nebensiedlung “Am Schilling„. Wo der Castroper Hellweg von der Hauptstraße abzweigt, stand das “Barrierehaus„, das den Durchgang kontrollierte und das Wegegeld erhob. Hier waltete z.B. 1812 der “Barriere-Empfänger und Branntweineinschenker„ Johann H. Schilling seines Amtes. Kein Wunder, wenn sich an diesem verkehrswichtigen Punkt einige “Fuhrmanns„-Wirtschaften niederließen (Schilling,Hovemann= Hoffmann, Kleffmann, Leßmöllmann) und später sich Wohn- und Geschäftshäuser aneinander reihten“ [ebenda; Seite 44].

„Das Dorf Merklinde, gelegen auf der Castroper Anhöhe, bildet eine geschlossene Siedlung von ursprünglich 9 Bauernhöfen, die nur durch ihre Gärten voneinander getrennt und von einer löß- und fruchtreichen Feldflur ... umgeben werden. An der westlichen Flurgrenze ging die Bövinghauser Landwehr (bei der Einmündung der Gerther Straße in die Wittener Straße) in die Merklinder Landwehr über, sie zog sich zwischen der Wittener Straße und dem sogenannte Merklinder Feld in Richtung Lütgendortmund hin. Auf königlichem Geheiß wurde 1788 dieses unkultivierte Flurstück in Größe ... zur Urbarmachung an die Eingesessenen in Erbpacht getan. Spuren der ehemaligen Landwehr sind nicht mehr erkennbar“ [ebenda].

„Von den neun alten Merklinder Höfen können drei Höfe in dem ältesten Steuerregister, dem Märkischen Schatzbuch von 1486 eindeutig erfasst werden; Wenemer, dessen Nachfolger sich 1542 Wessels und seit 1605 Linneweber = Leineweber nennen. Jan Schwarthoff, zuletzt Hovemann, Bernt in den Erlen, Erdellhoff, zuletzt Edelhoff, heute Josef Teves. Drei Hofbesitzer von 1486 mit Namen Evert, Wessel und Gabel lassen sich nicht lokalisieren. Die Türkensteuerliste von 1542 enthält sieben Merklinder Höfe; außer den 3 bekannten Hofesnamen von 1486 kommen 3 hinzu: Bornemann, Hinrich Steffen, seit 1605 Echterhof, Hermann in den Erlen, 1598 heißt er German, danach Gerlemann. Die zweite Türkensteuerliste von 1598 nennt erstmalig Willem Tirigh (= Türich), Kuhlmann und Sibbe. Von den neun Höfen, die bis in die Neuzeit bestanden haben, betreiben noch (1974; der Verfasser) zwei eine selbständige Landwirtschaft (Türich und Kuhlmann).

Jeder Hof hatte seinen Grundherrn. Die drei Höfe Bornemann, Schwarthoff und Erdellhoff (Edelhoff) unterstanden dem Katharinenkloster in Dortmund bis zur Aufhebung des Klosters 1806, danach der staatlichen Rentei. Vom Kloster Marienborn in Lütgendortmund war der Hof Leineweber abhängig. Es übten die adligen Häuser die Grundherrschaft aus: Haus Leithen in Marten über Echterhoff, Haus Wischlingen bei Huckarde über den Sibbenhof, Haus Dellwig bei Lütgendortmund über Hof Kuhmann, Haus Bladenhorst über Hof Gerlemann. Hof Türich, der größte Merklinder Hof, war halb Erbhof (ohne grundherrliche Abhängigkeit), halb ein Vikariengut (mit Abgaben an eine Vikarie).

Die gutsherrlichen Verpflichtungen aus der naturalwirtschaftlichen Zeit stammend, lösten die Bauern in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mit Geldbeträgen ab“ [ebenda; Seite 45]. Alte Höfe und Kotten in Merklinde (siehe hierzu auch dieAbbildung der Übersichtskarte)

Das folgende Verzeichnis geht vom Urkataster 1826 aus, nennt die damaligen Hof- und Hausbesitzer nach der Größe ihrer Ländereien und gibt über den gegenwärtigen Zustand Auskunft [HARTUNG, 1974; Seiten 46 und 47].
  1. Hof Türich, Heinrich, Größe: 117 Morgen, 154 Ruten (1934: 121 Morgen). Eigentümer heute (1974): Landwirt Wilhelm Vierhaus, Merklinder Straße Hausnummer 39.
  2. Hof Kuhlmann, Eberhard, Größe: 24 Morgen, 38 Ruten (1934: 22 Morgen). Eigentümer (1974): Landwirt Theodor Kuhlmann, Merklinder Straße Hausnummer 50.
  3. Hof Gerlemann, Wilhelm, Größe: 64 Morgen, 35 Ruten. Der Hof besteht seit 1885 nicht mehr, von Hofgebäuden die Scheune noch erhalten, Merklinder Straße Hausnummer 52. Eigentümer: Hubert Richterich. Der Hof war im Mittelalter das adlige Thedings-Gut (In Merklinde befand sich im Mittelalter ein adliges Gut, das mit Haus Bladenhorst in Verbindung stand. Der Ritter von Düngelen, der neben seiner Burg Bladenhorst eine Kapelle im Jahre 1332 errichtet hatte, stattete sie mit dem Thedingsgut in Merklinde aus; er hatte dieses Gut nach dem Aussterben des Rittergeschlechtes von Castrop erworben. Im 16. Jahrhundert verlor das Gut Thedink den Adelscharakter und wurde der Bauernhof Gerlemann [ebenda; Seite 45]).
  4. Hof Lechtenberg, Wilhelm. Größe: 151 Ruten, Zimmermann. Eigentümer (1974): Erbengemeinschaft Kröger, In den Kämpen Hausnummer 4.
  5. Hof Echterhoff, Friedrich, Größe: 52 Morgen, 110 Ruten (1934: 50 Morgen). Eigentümer (1974): Landwirt Heinrich Risse, In den Kämpen Hausnummer 17.
  6. Hof Tappe, Gisbert, Größe: 173 Ruten. Kotten besteht nicht mehr.
  7. Hof Schwarthoff, Eberhard, Größe: 97 Morgen, 5 Ruten (1934: 60 Morgen). Eigentümer: zuletzt Heinrich Hovemann, der Hof und Ländereien 1962 an die Stadt Castrop-Rauxel verkaufte, In den Kämpen Hausnummer 9. Gärtnereibetrieb.
  8. Hof Edelhoff, Friedrich, Größe: 84 Morgen, 8 Ruten (1934: 70 Morgen). Eigentümer (1974): Landwirt Josef Teves, Merklinder Straße Hausnummer 80.
  9. Hof Sibbe, Dietrich Wilhelm, Größe: 46 Morgen, 99 Ruten (1934: 60 Morgen). Eigentümer: zuletzt Friedrich Sibbe, Merklinder Straße Hausnummer 65, der Hof und Ländereien an die Stadt Castrop-Rauxel verkaufte, das Gebäude ist seit 1960 im Besitz der Feinkostfirma Kürpick.
  10. Hof Küper, Heinrich, Größe: 10 Ruten, Tagelöhner. Der Kotten besteht nicht mehr.
  11. Hof Bornemann, Wilhelm, Größe: 21 Morgen, 69 Ruten. Der Hof ist um 1875 eingegangen.
  12. Hof Leineweber, Wilhelm, Größe: 29 Morgen, 162 Ruten (1934: 46 Morgen). Eigentümerin (1974): Elisabeth Türich, genannt Leineweber, Merklinder Straße Hausnummer 58.
  13. Hof Echterhoff, Wilhelm, Größe: 3 Morgen, 31 Ruten, Weber. Eigentümer (1974): Georg Lakenberg, Hellweg Hausnummer 215.
  14. Hof Krumm, Leonhard, Größe: 1 Morgen, 115 Ruten. Eigentümer (1974): Heinrich Rütershoff, Hellweg Hausnummer 228.
  15. Hof Behrensmann, Wilhelm, Größe: 2 Morgen, 121 Ruten. Schneider. Eigentümer (1974): Alois Lechtenberg, Wittener Straße Hausnummer 397.
  16. Hof Schilling, Heinrich, Barriere-Empfänger, Größe: 2 Morgen, 23 Ruten. Eigentümer (1974): W. Stein, Wittener Straße Hausnummer 342.
  17. Hof Schwartzhoff, Witwe, Größe: 132 Ruten. Daneben entstand Gasthaus Hovemann. Eigentümer (1974): Heinrich, Hoffmann, Wittener Straße Hausnummer 349.
  18. Hof Lessmöllmann, Georg, Heinrich, Größe: 3 Morgen, 86 Ruten. Eigentümer (1974): Gastwirt Felix Lessmöllmann, Wittener Straße Hausnummer 353.
  19. Hof Wunder, Friedrich und
  20. Hof Büscher, Heinrich, ohne Angaben.
  21. Hof Lechtenberg, Caspar, Größe: 146 Ruten, Schneider. Eigentümer (1974): Franz Orgelmacher, Wittener Straße Hausnummer 365.
  22. Hof Velleuer, Friedrich, Fuhrmann, Größe: 138 Ruten. Eigentümer (1974): Wilhelm Bleckmann, Wittener Straße Hausnummer 344.
  23. Hof Flasche, Dietrich, Tagelöhner. Eigentümer (1974): Franz Stoffer, Hellweg Hausnummer 124.
  24. Hof Ohmann, Wilhelm, Größe: 2 Morgen, 131 Ruten. Eigentümerin (1974): Anna Ohmann, In der Recke
  25. Hof Kranefeld, Heinrich Wilhelm, Barriere-Empfänger, Größe: 65 Ruten, (1849: Heinrich Kleffmann, Gastwirt und Holzfäller). Eigentümer (1974): Ernst Walther, Wittener Straße Hausnummer 347 [ebenda; Seite 46].
  26. Hof Lechtenberg, Heinrich Wilhelm, Größe: 70 Ruten, Schneider. Eigentümer (1974): Heinz Lintner, Hellweg Hausnummer 212.
  27. Spritzenhaus aus Sibbes Hof (siehe Nummer 9). [ebenda; Seite 47]

„1963 trat ein entscheidendes Ereignis ein: Der unaufhaltsame Industrialisierungsprozess griff auf das bisher industriefreie Merklinde über. Die Stadt stellte in der Gemarkung Merklinde ein Gelände zur Aufnahme von gewerblichen Betrieben her, ein bisheriges Bauernland, das östlich des Bahnkörpers bis an den Westrand des Dorfkernes reicht. Dank der günstigen Verkehrslage zu den benachbarten Großstädten ließen sich bis jetzt 17 Betriebe nieder; es handelt sich nicht um Riesenunternehmen, sondern um Mittelbetriebe, die das bisherige Landschaftsbild zwar beeinträchtigen, aber nicht vernichten und die nicht durch Luftverschmutzung und Lärm auf die Menschen unangenehm einwirken. Zwischen Merklinde und Frohlinde siedelte sich die Gärtnerei Gregg an (November 1962)“ [ebenda; Seite 44].

In der Zwischenzeit sind zahlreiche Hofstellen aufgegeben, die überkommene Bausubstanz abgebrochen und durch Einfamilienhäuser ohne besonderen Gestaltwert ersetzt worden. Heute sind noch die folgenden Höfe erhalten und bezeugen die ehemalige Bedeutung für die Kulturlandschaft:
  • Hof Türich (heute: Vierhaus), Merklinder Straße Hausnummer 39 (Reiterhof),
  • Hof Kuhlmann, Merklinder Straße Hausnummer 50,
  • Hof Gerlemann, Merklinder Straße Hausnummer 52,
  • Hof Risse(ehemals Echterhof), Straße „In den Kämpen“ Hausnummer 17, sowie
  • Hof Teves(Hof Grümer genannt Edelhoff), ehemaliges Wohnhaus: Merklinder Straße Hausnummer 80, (heute Senioren-Wohnanlage) [HARTUNG, 1974; Übersichtskarte 1826, Seite 47].

Die Mehrzahl der erhaltenen, älteren Wohn- und Wirtschaftsgebäude sind als „Längsdeelenhaus“ (mit dem Tor im Giebel) in Vierständerkonstruktion (mit 3 Längsschiffen) errichtet worden. Demgegenüber sind die - jüngeren - Gebäude mit Quereinfahrt oder Querdeele (mit dem Tor auf der Traufenseite) meist als Binderkonstruktion entstanden (Binder = mehrfach quer zur Längsrichtung eingestelltes Fachwerkgerüst). Diese Bauform ist verschiedentlich bereits bei Scheunengebäuden mit Quereinfahrt verwendet worden. Die Trennung von Wohnen und Wirtschaften seit 1900 ließ Gebäude mit ihren jeweils eigenen konstruktiven Bedingungen entstehen.

Literatur

Hartung, Karl / Ortsverband Castrop-Rauxel des Westfälischen Heimatbundes (Hrsg.) (1973)
Die zwölf Bauerschaften in Castrop-Rauxel. (Castrop-Rauxel, Kultur und Heimat; Heimatblätter für Castrop-Rauxel und Umgebung, Jahrgang 25, 1973, Heft 3/4 und Jahrgang 26, 1974, Heft 1/2.) Castrop-Rauxel.
Jellinghaus, Hermann (1923)
Die westfälischen Ortsnamen nach ihren Grundwörtern. Osnabrück.
Landesvermessungsamt NRW (Hrsg.) (2005)
HistoriKa 25. Historische topographische Karten des heutigen Nordrhein-Westfalen im Wandel der Zeit. Bonn.

Weiler Merklinder Straße mit überkommenen Hofstellen im Stadtteil Merklinde

Schlagwörter
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:25.000 (kleiner als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1800

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
„Weiler Merklinder Straße mit überkommenen Hofstellen im Stadtteil Merklinde”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/A-P363N504-20091119-0009 (Abgerufen: 5. Dezember 2024)
Seitenanfang