Kastell Niederberg

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Archäologie
Gemeinde(n): Koblenz
Kreis(e): Koblenz
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 22′ 7,83″ N: 7° 37′ 38,81″ O 50,36884°N: 7,62745°O
Koordinate UTM 32.402.389,51 m: 5.580.541,96 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.402.425,55 m: 5.582.334,48 m
Das Kastell Niederberg ist ein ehemaliges römisches Auxiliarkastell des Obergermanischen Limes, der seit 2005 den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes besitzt. Das frühere Kohortenkastell liegt heute als Bodendenkmal in einem Wohngebiet von Niederberg, einem rechtsrheinischen Stadtteil von Koblenz.

Es befindet sich rechts des Rheins, auf einem zum Strom hin flach abfallenden Bergplateau der Mittelterrasse gegenüber der Moselmündung. In antiker Zeit war es – etwa sieben Kilometer westlich des Limes – verkehrsgeographisch und strategisch optimal positioniert. Die exponierte Lage gewährleistete eine gute Sicht auf das Tal des Rheins und die Moselmündung. Das Kastell bildete einen Brückenkopf des linksrheinischen Confluentes und beherrschte die rechtsrheinischen Verkehrswege. Insbesondere die Römerstraße, die von den nördlicheren Garnisonen kommend über Ehrenbreitstein und die römische Rheinbrücke nach Confluentes führte, ließ sich durch das Kastell kontrollieren. Ältere Trassen, die vom Rhein in östliche Richtungen, hinauf zur Montabaurer Höhe und weiter in den Westerwald oder in Richtung Lahntal mit den benachbarten Kastellen in und um Bad Ems führten, lagen ebenfalls in seiner Reichweite.

Im heutigen Ortsbild befindet sich das Kastell unterhalb der Wohnsiedlung „Im Römerkastell“. Die die Siedlung von Nordost nach Südwest erschließende Achse liegt nur wenige Meter südlich der Via Principalis (Lagerhauptstraße). Die Straße „Im Weeling“ streift die Porta Praetoria (Haupt- oder Ausfalltor), die „Alte Burgstraße“ tangiert die Porta Principalis Sinistra (linkes Seitentor).

Bei dem Kastell Niederberg handelt es sich um ein rechteckiges Steinkastell, das mit seinen Außenmaßen von 177,40 mal 157,80 Meter eine Fläche von rund 2,8 Hektar einnimmt. Die durchschnittlich 1,25 Meter starke Wehrmauer war an ihren Ecken gerundet und um etwa 40 Zentimeter verstärkt. Sie wurde unter Verwendung von Kalkmörtel aus unbehauenen Grauwackesteinen gemauert. Die Mauer war nicht mit Eck- und Zwischentürmen versehen, jedoch wurden alle vier Tore von jeweils zwei seitlichen Türmen flankiert.

Vor der Wehrmauer lagen, nach einer Berme von 1,25 Meter Breite zwei Spitzgräben als Annäherungshindernisse. Der innere Graben war neun Meter breit und 1,90 Meter tief, der äußere Graben erreichte bei einer Breite von sechs Metern eine Tiefe von 1,40 Meter. Mit seiner Prätorialfront (Vorderfront) war das Kastell nach Südosten hin ausgerichtet. Aus ungeklärten Gründen waren die Porta Praetoria (Haupt- oder Ausfalltor) und die Porta Decumana (rückwärtiges Lagertor) und mit ihnen die Via Praetoria (Haupt- oder Ausfallstraße) und die Via Decumana (rückwärtige Lagerhauptstraße) aus der Mittelachse verschoben und zwar entgegengesetzt, so dass die Porta Praetoria mehr nach rechts und die Porta Decumana mehr nach links vom Idealplan abwich.

Von den vier Kastelltoren besaßen drei (Porta Praetoria, Porta Decumana und Porta Principalis Sinistra) jeweils nur einen einfachen 3,20 bis 4,00 Meter breiten Durchgang. Demgegenüber war die Porta Principalis Dextra (rechtes Seitentor) mit einem Doppeltor von insgesamt acht Metern Breite versehen und verfügte zudem über größere Flankentürme. Das Doppeltor war durch eine Mauer in einen breiteren Durchlass für Fuhrwerke und einen schmaleren Durchlass für Fußgänger unterteilt.

Das Zentrum des Innenbereichs wurde, wie bei römischen Auxiliarlagern üblich, von der sich zur Via Principalis hin öffnenden Principia(Kommandantur) beherrscht. Die Principia von Niederberg nahm mit ihren Seitenlängen von rund 38 mal 43 Meter eine Grundfläche von 1.634 Quadratmetern ein. Sie gliederte sich unsymmetrisch in zwei Seitenfluchten und eine rückwärtige Raumflucht mit fünf Räumen. Deren mittlerer Raum, das Fahnenheiligtum (Aedes oder Sacellum) war nicht unterkellert und besaß keine Apsis. Der Raum an der Nordecke war beheizbar, in ihm dürfte sich das Tabularium (Schreibstube) befunden haben. Vor dem rückwärtigen Gebäudetrakt befand sich eine zum Innenhof hin offene Säulenhalle mit einem Fußboden aus Tuffsteinplatten. In der Principia kamen Fragmente einer Panzerstatue aus dem Boden, welche in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts datieren.

Das den Innenhof nordöstlich begrenzende Gebäude war ebenfalls zum Hof hin offen. Die Häufung der hier gefundenen Schleuderkugeln und Geschützpfeile lässt eine Interpretation des Bauwerks als Geschützschuppen zu. Die gegenüberliegende Raumflucht war geschlossen und kann möglicherweise ebenfalls als Armamentarium (Waffenkammer) angesprochen werden. Vom übrigen Innenbereich des Lagers konnten verschiedene massive Gebäude, Spuren der hölzernen Mannschaftsbaracken und Abschnitte der mit Kies verfestigten Lagerstraßen festgestellt werden, aber insgesamt gibt es große Wissenslücken über den Aufbau des Lagers.

(Tobias Bauer und Stefan Klafke, Universität Koblenz-Landau, 2014)

Literatur

Berg, Axel von (2011)
Koblenz im Wandel - Von der Frühzeit zur modernen Stadt. (Archäologie an Mittelrhein und Mosel 22.) Koblenz.
Jost, Cliff Alexander / Gesellschaft für Archäologie an Mittelrhein und Mosel e.V.; Amt Koblenz der Archäologischen Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2003)
Der römische Limes in Rheinland-Pfalz. Verlauf und Erhaltung - eine Dokumentation. (Archäologie an Mittelrhein und Mosel 14.) Koblenz.
Wegner, Hans-Helmut (2002)
Koblenz-Niederberg. Kastell. In: Cüppers, Heinz (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz, S. 501ff.. Hamburg.
Wegner, Hans-Helmut (1991)
Archäologie in Koblenz. (Archäologie an Mittelrhein und Mosel 6.) Koblenz.

Kastell Niederberg

Schlagwörter
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Archäologie
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 100, Ende 259 bis 260

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„Kastell Niederberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-100353-20140819-2 (Abgerufen: 19. April 2024)
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