Viele tausend Menschen kommen Tag für Tag in den Kölner Dom. Sie kommen aus nahezu allen Teilen der Welt, um das berühmte Bauwerk kennen zu lernen, sie kommen aus Köln, um einfach mal wieder in ihrem Dom zu sein, und sie kommen, wie es Menschen seit vielen hundert Jahren tun, um zu beten oder an einem Gottesdienst teilzunehmen. Noch immer ist der dem heiligen Petrus geweihte Dom die Mittelpunktskirche der Erzdiözese und die Amtskirche des Kölner Erzbischofs und damit ein wichtiges liturgisches Zentrum. Dieses Zentrum ist lebendig: Jeden Tag werden fünf Messen gefeiert, und zu den Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen versammeln sich viele tausend Menschen. Der Dom ist ein Gebäude, das zur Ehre Gottes gebaut wurde, und er ist ein Abbild des Himmels jenes himmlischen Jerusalem, das die Bibel als herrlichsten aller Orte beschreibt. […]
Trotz der lang währenden und komplizierten Baugeschichte erscheint der Kölner Dom als einheitliches Kunstwerk, tatsächlich haben sich die Steinmetzen durch all die Jahrhunderte an den ursprünglichen Plan des 13. Jahrhunderts gehalten. Nur Spezialisten gelingt es heute, den Unterschied der in verschiedenen Jahrhunderten errichteten Teile zu erkennen. Der gewaltige Bau ist voller Harmonie, alle seine Teile sind in Dimensionierung und Profilierung aufeinander abgestimmt. Trotz der himmelgreifenden Höhe halten horizontale Betonung und vertikale Dynamik sich die Waage. Die selben gotischen Maßwerkformen, die mit kräftigen Profilen in die Fenster gezeichnet sind, finden sich auch als kleine Zierformen auf den Baldachinen und Fialen des Baues wieder. Hunderte von Figuren stehen im Inneren und am Außenbau als Bilder der großen Zahl von Heiligen und Bekennern der christlichen Kirche. Die großen Fenster sind mit kostbaren Glasmalereien gefüllt, die diesen Kosmos der Heiligkeit ergänzen. Das älteste Fenster wurde schon um 1260 - noch fast auf der Baustelle - in der Achskapelle eingesetzt. Der Chorobergaden trägt Fenster der Zeit um 1300, die Chorkapellen von etwa 1340, das nördliche Seitenschiff von 1507/09. Das 19. Jahrhundert ergänzte mit großartigen Beispielen diese nach dem Mittelalter ausgestorbene und dann wieder entdeckte Kunst. Die Fenster dieser Zeit finden sich vor allem im südlichen Seitenschiff des Langhauses und im Obergaden der Querhäuser. Noch heute ist der Goldschrein mit den Reliquien der Heiligen Drei Könige der Mittelpunkt des Gotteshauses. Zwischen 1190 und 1220 entstanden, ist er nicht nur der größte der einst zahlreichen Reliquienschreine dieser Zeit, sondern sicher auch der schönste. Er ist mit unzähligen geschnittenen Steinen und Edelsteinen geschmückt, und seine Goldemails sind fein und kostbar ausgeführt. Die an seinen Seiten angebrachten Darstellungen zeigen, dass der Bildhauer, der die Modelle dafür gefertigt hat, antike Skulpturen studiert haben muss. Die große Marienstatue der um 1290 entstandenen Mailänder Madonna und die im nördlichen Querhaus stehende barocke Schmuckmadonna sind, wie die vielen davor angezündeten Kerzen zeigen, Darstellungen, mit deren Hilfe die Gläubigen der Gottesmutter ihre Wünsche und ihre Dankbarkeit vermitteln. Das Gerokruzifix in der Kreuzkapelle ist um 970 geschaffen worden und steht damit seit mehr als tausend Jahren im Dom. Die Darstellung zeigt, für die Entstehungszeit erstaunlich realistisch, den toten Christus am Kreuz. Der umgebende Strahlenkranz ist in der Barockzeit hinzugefügt worden. Das berühmteste Altarwerk des Kölner Domes ist der um 1442 von Stephan Lochner geschaffene Altar der Stadtpatrone, der in geöffnetem Zustand die Anbetung der Heiligen Drei Könige auf der Mitteltafel sowie die heilige Ursula und die Schar der 11.000 Jungfrauen auf dem linken Flügel und den heiligen Gereon mit den Märtyrern der Thebäischen Legion auf dem rechten zeigt. Bei geschlossenen Flügeln ist die Verkündigung an Maria zu sehen. Im Chorumgang stehen Grabmäler der hier bestatteten Erzbischöfe und Heiligen. Besonders auffällig ist das des Erzbischofs Philipp von Heinsberg († 1191), der, weil er zusammen mit den Kölner Bürgern die mittelalterliche Stadtmauer hat bauen lassen, in einem Modell dieser Stadtmauer auf seinem Hochgrab liegt. Das Grabmal des Konrad von Hochstaden († 1261) , der als Erzbischof 1248 den Grundstein zum heutigen Dom gelegt hat, gilt als bedeutendstes Bronzegrabmal seiner Zeit. Das Grab der polnischen Königin Richeza († 1063), in derselben Kapelle, wird von vielen polnischen Besuchern aufgesucht. Die Grabmäler der heiligen Irmgard und des Erzbischofs Gero († 976) tragen keine Figur. Auf ihren Platten hat man früher Kerzen und Geschenke abgelegt. Zum Grab des Grafen Gottfried von Arnsberg († 1372), der, als er ohne Erben starb, seinen Besitz der Kölner Kirche vermacht hat, kommt noch heute jährlich eine Abordnung aus der Stadt Arnsberg, um am Grab einen Kranz niederzulegen. Er ist Zeichen der bis heute währenden Dankbarkeit der Bevölkerung für diese kluge Entscheidung des Verstorbenen.
Fünf Orgeln erfüllen den Dom mit geistlicher Musik. Die größte ist 1948 in den Dom gekommen und steht auf den eigens dazu eingezogenen Betonpilzen im nördlichen Querhaus. Die hoch über den Köpfen der Menschen hängende Schwalbennestorgel im Mittelschiff kam 1998 hinzu. Beide Orgeln können von einem Spieltisch aus gespielt werden. Das großartige Geläut der elf Glocken, von denen vier noch aus dem Mittelalter stammen, klingt weit über die Dächer der Stadt und erfreut die Herzen vieler Kölner und vieler Besucher. Das gilt insbesondere für die 1923 entstandene Petersglocke, bis heute die größte frei schwingende Glocke der Wert, die nur an Vorabenden hoher kirchlicher Feiertage zu hören ist Der Dachstuhl des Doms ist nicht aus Holz gebaut, sondern aus Eisen und stellt damit eine der ganz frühen großen Eisenkonstruktionen Europas dar. Er wird ergänzt durch den mächtigen Unterbau des Vierungsturms aus Gusseisen. Beide sind bedeutende Zeugen der Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie im 19. Jahrhundert.
Die ständig am Dom arbeitenden Bildhauer, Steinmetzen, Dachdecker, Glasmaler und Restauratoren sorgen zusammen mit anderen Handwerkern dafür, dass der Dom für künftige Generationen erhalten bleibt. Sie überliefern auch alte Handwerkstechniken und eine besondere Qualität des Arbeitens in eine kommende Zeit. Der Kölner Dom heißt alle Besucher aus der ganzen Welt willkommen. Er ist als Haus Gottes für alle offen, und für einen Besuch muss nicht bezahlt werden. Wenn man ihn mit Ruhe und Respekt betritt und sich für seinen Raum und seine Kunstschätze etwas Zeit nimmt, wird man sicher auch etwas von dem Geist begreifen, der zu seiner Errichtung geführt hat.
(Barbara Schock-Werner, Dombaumeisterin zu Köln, 2010)
Der Kölner Dom war KuLaDig-Objekt des Monats im Oktober 2010.
Literatur
Schock-Werner, Barbara (2005)
Kölner Dom. Bilder, Pictures, Images, Illustraties, Immagini (mit Bildern von Reinhard Matz und Axel Schenk). S. 3-4, Köln.
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