Im Kernbereich der RWTH-Aachen steht an der Kreuzung Wüllnerstraße/Turmstraße das Große Hörsaalgebäude. Nachdem die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges repariert waren, stiegen im „Wirtschaftswunder“ die Studentenzahlen deutlich an. Im Zuge der großen Erweiterungsphase nach Norden und Westen, wurde das Gebäude 1954 auf dem ehemaligen Eisenbahngelände errichtet. An das Audimax schließen sich entlang der Straßen weitere Institutsgebäude. Die Planung leitete Oberregierungs- und Baurat Karl Schlüter von der Staatlichen Bauleitung.
Das Große Hörsaalgebäude mit den Seitenflügeln an Turmstraße und Wüllnerstraße ist mit dem Haupteingang zur Kreuzung der beiden Straßen ausgerichtet. Auf der viergeschossigen Haupteingangsseite zur Kreuzung weist der Grundriss eine konkave Wölbung auf, die den Vorplatz markant einfasst. Die Rückseite ist dementsprechend konvex geschwungen. Der Grundriss zeichnet sich durch eine symmetrische Konzeption und die Anordnung der Räume mit großzügigen Verkehrsflächen aus, die den reibungslosen Austausch der Hörsaalbesucher zwischen zwei Veranstaltungen gewährleisten sollen. Die beiden Seitenflügel zu den Straßen mit Verkehrsflächen und Aufenthaltsbereichen sowie Garderoben und Lehrräumen flankieren den Mitteltrakt, in dem rückwärtig die Hörsäle untergebracht und somit vor dem Straßenlärm geschützt sind. Zwei kleinere Hörsäle im Erdgeschoss bieten je 560 Zuhörern Platz, der darüber liegende große Hörsaal (Auditorium Maximum) nimmt 1200 Studenten auf. Auf allen Seiten weisen die Fassaden, durch über alle Geschosse durchgehende Pfeiler, eine Kolossalgliederung auf. Am Hörsaalgebäude treten die vertikalen Gliederungselemente allerdings nicht so stark in den Vordergrund wie beim Institut für elektrische Nachrichtentechnik und Hochfrequenztechnik, das unter der Leitung Schlüters im Winter 1955/56 fertig gestellt wurde. Die Pfeiler, Großflächen und kleineren Deckenverblendungen der Fassade des Stahlbetonskelettbauwerks sind mit unterschiedlichen Natursteinplatten verkleidet, welche die Fassadenelemente zusätzlich akzentuieren. Vor der zweigeschossigen Foyerhalle und an den Längsseiten mit Zwischengeschoss sind die Fenster zwei Geschosse hoch. Im zweiten und dritten Obergeschoss sind sie dagegen raumhoch. Im Vergleich zur Fassadengliederung, die noch an neuklassizistische Gestaltungselemente der ersten Jahrhunderthälfte erinnert, sind die Pfosten und Riegel der Fenster sehr zierlich gestaltet. Im Audimax werden damit zwei wesentliche Strömungen in der Architektur der 1950er Jahre zusammengeführt: traditionalistische Schwere begegnet einer großen Transparenz, die in der noch jungen Bundesrepublik als befreiend empfunden wurde.
Die Gebäudesubstanz, das Raumprogramm und die gestalterische Konzeption der Räume mit Fußbodenbelägen, hölzernen Wandvertäfelungen in den Hörsälen oder auch die Garderobentische auf der Empore sind weitgehend aus der Erbauungszeit auf uns gekommen. Erneuerungen des Gestühls in den Hörsälen und bauliche Rauchschutzmaßnahmen wie die gläsernen Trennwände in den großen Verkehrsräumen der Seitenflügel waren unumgänglich. Die Geländer der Galerien und Treppen bestehen aus einem Kunststoffhandlauf, der von geraden und schräg gestellten Rundstäben getragen wird. An der Rückwand der Eingangshalle befindet sich über der Galerie ein Wandbild von Ludwig Schaffrath. Der Künstler war zur Bauzeit des Hörsaalgebäudes Universitätsassistent und erwarb durch seine Werke internationales Ansehen. Er verstarb 2011 im Alter von 86 Jahren.
(Moritz Wild, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2011)
Quelle LVR-ADR Denkmälerarchiv, Bauakte.
Literatur
Dauber, Reinhard; Schild, Ingeborg (1994)
Bauten der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule. (Rheinische Kunststätten, Heft 400.) S. 19, Köln.
Döring, Herbert (1961)
Institut für Hochfrequenztechnik. In: Kurze, Anton (Hrsg.): Aachen - Die Rheinisch Westfälisch Technische Hochschule, S. 243-244. S. 244, Stuttgart.
Fütterer, Ludwig (1961)
Wiederaufbau und Ausbau der Hochschule nach 1945. In: Kurze, Anton (Hrsg.): Aachen - Die Rheinisch Westfälisch Technische Hochschule, S. 43-44, Stuttgart.
Hoog, Eckhard (2011)
Überall auf der Welt hinterlässt er Spuren. In: Aachener Nachrichten, Nr. 32 vom 08.02.2011, o. O.
Ritz, Sophie (2006)
Die Institute für Elektrische Nachrichtentechnik und Hochfrequenztechnik. In: Denkmalpflege im Rheinland, 3/2006, hrsg. vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege, S. 126-131. S. 130, o. O.
Schlüter, Karl (1961)
Das große Hörsaalgebäude. In: Kurze, Anton (Hrsg.): Aachen - Die Rheinisch Westfälisch Technische Hochschule, S. 47, Stuttgart.
Schlüter, Karl (u.a.) (1957)
TH Aachen - Großer Hörsaal. (Monographien des Bauwesens, Folge 13.) Stuttgart.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.