Südöstlich des Ortes Hottenbach an der Straße nach Sulzbach befindet sich der jüdische Friedhof der Ortsgemeinde. Dieser umfasst 39 erhaltene Grabsteine in unterschiedlicher Form. Der Friedhof wurde um das Jahr 1880 angelegt. Die letzten Beerdigungen fanden in den 1920er Jahren statt. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden manche Grabsteine durch Vandalismus beschädigt und umgeworfen. Im Jahr 1946 wurden die Schäden beseitigt. Seitdem wird der Friedhof durch die jüdische Kultusgemeinde in Bad Kreuznach gepflegt.
Objektbeschreibung Der jüdische Friedhof von Hottenbach liegt an der Sulzbacher Straße. Das Grundstück hat eine Größe von 3352 Quadratmetern. Die Friedhofsfläche alleine beträgt 650 Quadratmeter. Der Friedhof zählt - anders als in der Denkmalliste geführt - 39 Grabsteine: Es sind 17 Grabsteine in der äußersten (westlichen) Reihe vorm Zaun, dann nochmal 18 Grabsteine in der Reihe davor. Dann ist noch eine dritte Reihe von unten her begonnen mit drei Grabsteinen und etwas abseits am östlichen Rand des Areals in der Ecke befindet sich noch ein einzelner Grabstein. Bei diesem handelt es sich um den Grabstein für die Kinder Klara (1877-1882) und Isidor Burg (1881-1882).
Die Grabsteine haben unterschiedliche Formen: Einige besitzen einen dreibogigen Abschluss, andere klassizistische Doppelvoluten und Palmettenspitzen. Wieder andere sind in neugotischen Formen oder in maurisierendem Stil gehalten. Viele Grabsteine zeigen deutliche Spuren der Verwüstung. Einige Namensplatten wurden nach dem Zweiten Weltkrieg sogar kopfüber einbetoniert.
Neun Grabsteine enthalten keinen Namen, drei sind unleserlich. Fünf Grabsteine haben noch hebräische Inschriften. Der älteste lesbare Grabstein trägt das Todesdatum vom Juli des Jahres 1881, der jüngste das Todesdatum 5. Dezember 1924. Auffallend groß ist der Grabstein des Ehepaares Daniel (1841-1916) und Bertha Blatt geb. Neumark (1854-1916). Vase und Blumenstrauß sind vielleicht eine Anspielung auf den Familiennamen Blatt. Besonders gut erhalten sind die Marmorplatten des Ehepaares Nathan (1849-1919) und Babette Allmeyer geb. Goldschmied (1859-1923). Familiengräber gibt es nicht. Auf jüdischen Friedhöfen sind die Grabstätten in chronologischer Reihenfolge angeordnet. Der Friedhof ist durch einen Jägerzaun umgeben. Früher besaß er eine lebende Hecke und ein hölzernes Tor.
Symbolische Bedeutung Die Gräber sind allesamt mit Gras überwachsen und fügen sich harmonisch in die Natur ein. Dies symbolisiert die Vergänglichkeit des Menschen. Zum anderen lässt die strenge Einhaltung der Grab- und Totenruhe in der jüdischen Tradition keine Grabpflege zu.
Anders als im christlichen Kult ist das Grab Eigentum des Toten und besteht bis zu seiner Auferstehung am Ende der Zeiten. Der Friedhof wird darum als „Beth Olam“ (ewiges Haus) bezeichnet. Darum darf die jüdische Gemeinde einen Friedhof niemals veräußern oder einebnen. Auch dürfen die Parzellen nicht wiederbelegt werden und Grabsteine dürfen nicht entfernt werden. Wer ein Grab besucht, legt einen Stein ab. Dieser Stein erinnert an die Zeit der Wüstenwanderung des Volkes Israel. Damals wurden die Toten mit Steinen bedeckt, um die Leichname vor wilden Tieren zu schützen. Bezogen auf diese jüdische Tradition lässt sich auch in Hottenbach Antisemitismus nachweisen. So wurde den christlichen Kindern der Ortsgemeinde erzählt, die Juden würden ihren Toten Steine in den Sarg legen, um in der Ewigkeit den Messias mit diesen Steinen zu bewerfen.
Geschichte Der heutige Friedhof in der Sulzbacher Straße ist der jüngste von insgesamt drei jüdischen Friedhöfen in Hottenbach. Auch hat er als einziger die Zeiten überdauert. Die Vorgänger - etwas unterhalb des heutigen Friedhofs und ebenfalls an der Straße gelegen - wurden eingeebnet. Der erste Judenfriedhof in Hottenbach wurde nach der Niederlassung jüdischer Familien im Jahre 1754 auf Gemeindeland angelegt. Er befand sich am Berghang in unmittelbarer Nähe zur Viehtrift und grenzte an den Schindanger an. In diesem entsorgte die Gemeinde ihr Vieh. Jüdische Friedhöfe lagen häufig auf solch minderwertigem Land oder weit außerhalb der Dörfer. Der starke Anstieg der jüdischen Bevölkerung in Hottenbach machte schon nach wenigen Jahren eine Erweiterung des Friedhofs erforderlich. Im Jahre 1782 kaufte die „Judenschaft“ daher unterhalb des alten Begräbnisplatzes ein Stück Land von einem badischen Untertanen. Sie umzäunte es und richtete es als Friedhof ein. Die jüdischen Bewohner beantragten im Jahr 1794 auch die Einzäunung ihres alten Friedhofs. Der Zaun sollte die Hottenbacher davon abhalten ihr Vieh über den Friedhof zu treiben. Einer Legende nach sollen die Kühe zum wiederholten Male Leichen ausgewühlt haben. Die christliche Bevölkerung lehnte den Antrag jedoch ab. Um das Jahr 1880 wurde der dritte Friedhof weiter oberhalb an der Straße nach Sulzbach eingerichtet. In Hottenbach ging der Trauerzug nur bis zur Brücke über den Ebesbach mit, dem letzten Wasser des Dorfes. Das Wasser gilt im Judentum als rein und ist ein wesentlicher Bestandteil für die rituellen Waschungen. Der Tote gilt als unrein. Wer Tote berührt, verunreinigt sich. In der Reichspogromnacht des Jahres 1938 sollen die Torarollen und Gebetbücher aus der örtlichen Synagoge auf dem Friedhof beerdigt worden sein. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden auch in Hottenbach Grabsteine umgeworfen und teilweise zerschlagen. Aufgrund einer Verfügung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 29. Juli 1946 mussten alle verwüsteten Friedhöfe wiederherstellt werden. Am 11. November 1946, acht Jahre nach der Pogromnacht, teilte der Hottenbacher Ortsbürgermeister mit, „dass der jüdische Friedhof in der Gemeinde Hottenbach in einen sauberen und einwandfreien Zustand versetzt worden ist.“ Heute wird der Friedhof von der jüdischen Gemeinde in Bad Kreuznach gepflegt.
Der jüdische Friedhof in Hottenbach wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Birkenfeld (Stand 2022) geführt. Der Eintrag lautet: Jüdischer Friedhof südöstlich des Ortes (Denkmalzone) 38 Grabsteine unterschiedlicher Formensprache„
(Erik Zimmermann, Ortsgemeinde Hottenbach; Alina Frank, Universität Koblenz-Landau / freundliche Hinweise von Hans-Joachim Brusius, 2021)
Quellen Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 33, Nr. 3364, Briefe Amtmann Ruppenthal, v. 1.4. u. 24.6.1794, Briefe Oberamt Kirchberg v. 4.7. u. 9.7.1794 , Antwortschreiben Gemeinde Hottenbach v. 7.7.1794
Literatur
Weirich, Hilde (1998)
Juden in Hottenbach und Stipshausen. Eine Spurensuche. Laufersweiler.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.